Der Stadtrat hat in seiner heutigen Vollversammlung ein umfangreiches Ressourcenpaket für geflüchtete junge Menschen aus der Ukraine geschnürt. Es beinhaltet Maßnahmen in der Kindertagesbetreuung und für Schulen sowie Bildungsberatungs- und Sportangebote und setzt damit den Vorgängerbeschluss des Stadtrats aus dem März um. Damals wurde das Referat für Bildung und Sport (RBS) beauftragt, die nötigen Strukturen aufzubauen, um flexibel auf sich verändernde Bedarfe der Geflüchteten reagieren zu können. Außerdem sollte ein Umsetzungsvorschlag für ein so genanntes Bildungsclearing für Unter-16-Jährige ausgearbeitet werden, durch das zugewanderte Familien von Anfang an bei der schulischen Integration ihrer Kinder begleitet werden sollen.
Insgesamt werden allein im Jahr 2022 Personalkosten von bis zu 1,73 Millionen Euro und Sachkosten von bis zu 1,61 Millionen Euro finanziert. 2023 wird dann mit Personalkosten von bis zu 5,02 Millionen Euro und Sachkosten von bis zu 1,42 Millionen Euro kalkuliert. Ein Teil der Mehrausgaben soll durch das Ausschöpfen vorhandener Möglichkeiten zur Kostenerstattung durch die Regierung von Oberbayern refinanziert werden. Die Ausgaben sind dringend notwendig zur Ausweitung vorhandener Kapazitäten. Dies wird schon angesichts der Tatsache deutlich, dass allein aus der Ukraine mindestens dreimal so viele Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit Fluchterfahrung nach München gekommen sind als insgesamt im Jahr 2015 und den darauffolgenden Jahren. Alle Kinder und Jugendlichen haben dabei ein Recht auf Bildung und auf eine entsprechende Versorgung im Kita- und Schulbereich.
Beratungsstellen bei der Kindertagesbetreuung werden ausgebaut
Der Schwerpunkt im Bereich der Kindertagesbetreuung liegt im Ausbau der Erziehungsberatungsstellen und des Psychologischen Fachdiensts. Familien und Kinder, die durch Krieg und Flucht traumatisiert sind, brauchen besondere Begleitung durch professionelle Trauma-Therapeut*innen. Des Weiteren ist eine intensive Begleitung der pädagogischen Mitarbeiter*innen in den Kitas nötig, da die Betreuung traumatisierter Kinder, Geschwister und Eltern eine besondere Herausforderung darstellt. Zur Unterstützung der medienpädagogischen Arbeit werden zudem an den Kindertageseinrichtungen verschiedene Apps im Rahmen der Medienerziehung eingesetzt, beispielsweise ein mehrsprachiger Bilderbuchservice von namhaften Kinderbuchverlagen.
Schulen helfen bei der Bewältigung der Herausforderungen
Das staatliche Rahmenkonzept sieht vor, dass im kommenden Schuljahr 2022/2023 an den staatlichen Grundschulen die Kinder aus der Ukraine in die Regelklassen integriert werden und an den weiterführenden Schulen schulartunabhängig so genannte Brückenklassen eingerichtet werden, die jahrgangsübergreifend je zirka zehn bis 20 Schüler*innen umfassen. Trotz des für die kommunalen Schulen grundsätzlich freiwilligen Charakters zur Einrichtung dieser Brückenklassen sieht sich das RBS in der Pflicht, einen wesentlichen eigenen Anteil zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderung beizutragen. Dazu werden neben zusätzlichem Personal für die städtischen Schulen auch Mittel für die Einrichtung und Ausstattung der öffentlichen Schulen insgesamt benötigt.
Insgesamt sind mit Stand 21. Juni an den weiterführenden allgemeinbildenden Schulen 1.237 ukrainische Schüler*innen angemeldet. Durch diese zusätzlich zu beschulenden Kinder und Jugendlichen wird zum einen von einer Erhöhung der Klassenanzahl in Form der Brückenklassen ausgegangen und zum anderen von einer Steigerung der Unterstützungsbedarfe und Fördermaßnahmen in den Regelklassen. Insgesamt entsteht bei den allgemeinbildenden städtischen Schulen dadurch ein Bedarf von etwa 41 Stellen für Lehrkräfte und Schulsozialpädagog*innen. Auch bei den beruflichen Schulen sind vier weitere Lehrkräfte im Rahmen von Berufsintegrationsklassen erforderlich.
Hinzu kommen umfangreiche IT-Bedarfe für die öffentlichen Schulen in München. Sie umfassen vor allem zusätzlich benötigte Softwarelizenzen etwa für Lernsoftware und Übersetzungstools, IT-Ausstattung für Schüler*innen in Form von Leihgeräten, Tablet-Koffer für die sichere Aufbewahrung sowie zusätzliche IT-Ausstattung. Diese ist beispielswiese für Räume oder Klassenzimmer nötig, die für die Betreuung in den Willkommensgruppen und die Beschulung in Brückenklassen umfunktioniert wurden.
Bildungsclearing für Unter-16-Jährige
Um die Kinder und Jugendlichen bestmöglich nach ihren Potenzialen zu fördern, ist eine zentrale Anlaufstelle zur Erfassung ihrer bisherigen schulischen Laufbahn und auf dieser Basis zur Ermittlung der passenden Schulart notwendig. Diese Bildungsclearingstelle hilft dabei, den Prozess des Einstiegs in das bayerische Schulsystem durch eine fachlich abgestimmte Steuerung zu vereinfachen. Zudem wird neuzugewanderten oder geflüchteten Schüler*innen der Zugang zu jener Schulform erleichtert, die ihren mitgebrachten Vorerfahrungen und Potenzialen entspricht. Geflüchtete Schüler*innen sollen unter anderem die Möglichkeit erhalten, an einem Aufnahmeverfahren in Form einer Lernstandserhebung in Deutsch, Englisch und Mathematik teilzunehmen.
Sport als wichtige Form der Teilhabe
Im Zuge des Kriegsgeschehens in der Ukraine kommen vorwiegend
Frauen mit Kindern nach Deutschland. Deren Teilhabe an Bewegungsangeboten erfolgt nur sehr begrenzt und mit erheblicher Verzögerung. Die Gründe hierfür liegen sowohl in ihrer Herkunftsgeschichte, in der Sportangebote keine große Rolle gespielt haben als auch in den sprachlichen Barrieren. Gerade in großen Unterkünften wie den Leichtbauhallen besteht zudem ein verstärktes Bedürfnis, dass Kinder ihrem Bewegungsdrang nachkommen können und es auch sportliche Angebote für deren Eltern gibt. Dies kann durch Spielaktionen umgesetzt werden, die den Spielfesten des städtischen Freizeitsportprogramms ähneln und zusammen mit freiberuflichen Spielleiter*innen organisiert werden. Dabei wird auf den Spiel- und Sportgerätepool des RBS zurückgegriffen. Hinzu kommen Sportaktionen von Partnern, beispielsweise in den Bereichen Trampolin, Akrobatik, Parkour oder Air Track, die durch turnerische Elemente für alle Altersgruppen sehr geeignet sind. Sportkurse für Frauen nach dem Vorbild des Freizeitsportprogramms runden das Angebot ab.
Bürgermeisterin Verena Dietl: „Nachdem durch das große Engagement der ganzen Stadtgesellschaft in den ersten Wochen schnell zahlreiche Hilfsmaßnahmen entstanden sind, können die jungen Menschen, die in München Zuflucht gefunden haben, nun auch langfristig unterstützt werden. Mit den Maßnahmen decken wir das ganze Spektrum von der frühkindlichen Förderung bis zur beruflichen Bildung ab und wir schaffen auch gezielte Sportangebote, insbesondere für geflüchtete Frauen und Kinder.“ Stadtschulrat Florian Kraus: „Wir haben die letzten Wochen genutzt, um die mit großem Engagement der Mitarbeiter*innen des RBS in der Anfangsphase entstandenen Maßnahmen zu verstetigen. Hierfür gilt mein herzlicher Dank allen Mitarbeiter*innen im RBS, den anderen städtischen und staatlichen Stellen sowie den Münchner Freiwilligen. Auch alle geflüchteten Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf Bildung und auf eine entsprechende Versorgung im Kita- und Schulbereich. Mit dem heute beschlossenen Programm stellen wir sicher, dass die Voraussetzungen für Integration und Teilhabe bestmöglich geschaffen werden.“