Versorgungsauszahlungen für Pensionen langfristig darstellen
Antrag Stadträte Leo Agerer, Hans Hammer und Jens Luther (CSU-Fraktion) vom 18.12.2020
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Alexander Dietrich:
In Ihrem Antrag fordern Sie:
„Die Landeshauptstadt München wird aufgefordert, die Versorgungsaus- zahlungen für städtische Beamtinnen und Beamten langfristig (mindestens für die nächsten 10 Jahre) darzustellen, um die künftigen Belastungen für den städtischen Finanzhaushalt abschätzen zu können. Begründung
Von 2018 (Ergebnis) bis 2023 (Plan) steigen die Versorgungsauszahlungen von rund 362 Mio. Euro auf rund 423 Mio. Euro/Jahr. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerung von 3,2% im Jahr. Bei Fortschreibung dieser Steigerungsrate käme man im Jahr 2028 auf rund eine halbe Milliarde Versorgungszahlungen im Jahr. Eine solche Vorgehensweise zur Prognose künftiger Belastungen ist jedoch sehr ungenau, da sie Altersstruktur, Pensionierungswellen etc. nicht berücksichtigen kann. Unter Einbeziehung von Sterbetafeln, derzeitiger Anzahl an städtischen Beamten mit jeweiligen zeitlichem Abstand zum Pensionseintritt, derzeitiger Anzahl an Pensionären und durchschnittlichen Pensionssteigerungen dürfte eine Abschätzung künftiger Auszahlungen auch auf viele Jahre relativ genau möglich sein.“
Die Frist zur Beantwortung des Antrags wurde bis Januar 2022 verlängert.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag können wir Ihnen Folgendes mitteilen:
Der Antrag bezieht sich auf die Pensionierungen und Versorgungsauszahlungen der städtischen Beamt*innen. Das im Antrag zitierte Jahresergebnis 2018 der Zeile 10 des Finanzhaushaltes enthält neben den tatsächlichen Versorgungsbezügen auch die Beihilfeauszahlungen an Versorgungsempfänger*innen und die Entwicklung bei der Eigenversorgung ehemaliger Arbeiter*innen (Betriebsrente). Dies gilt ebenso für den zitierten Planwert 2023. Die genannten Werte teilen sich wie folgt auf:
Um die Entwicklung der künftigen Versorgungsauszahlungen für Pensionen realistisch einschätzen zu können, müssen unsere weiteren Aussagen mit einem Jahresergebnis 2018 im Umfang von 285 Millionen Euro und einem Planwert 2023 im Umfang von 330 Millionen Euro verglichen werden.
Zur konkreten Beantwortung des Antrags wurde eine Prognose für die Jahre 2023 -2035 erstellt. Untersucht und dargestellt wurden darin -die jährlich zu erwartenden Pensionierungen von aktuell aktiv beschäftigten Beamt*innen,
-die zahlenmäßige Entwicklung des Bestands der bereits pensionierten Personen
-und die daraus resultierende Höhe der Versorgungsauszahlungen im Gemeindehaushalt.
1. Vorgehensweise
1.1. Künftige Pensionierungen in den Jahren 2023 - 2035
Die Grundlagen für die Berechnung der Pensionierungszahlen in den Jahren 2023 - 2035 wurden aus der Analyse der tatsächlichen Pensionierungen der Jahre 2016 - 2020 gewonnen. Dabei wurde die Häufigkeit der einzelnen Pensionierungsgründe – insbesondere gesetzliche Altersgrenze, Ruhestand auf Antrag und Dienstunfähigkeit – untersucht.
Die entsprechende Häufigkeit von Ruhestand auf Antrag und Ruhestand nach der gesetzlichen Altersgrenze wurden auf die betroffenen Geburtsjahrgänge für den Zeitraum 2023 -2035 angewendet und die Pensionierungen entsprechend berechnet. Da die statistische Lebenserwartung für diesen Personenkreis erst nach 2035 endet, wurden keine Sterbefälle berücksichtigt.
Da die Pensionierungen aufgrund von Dienstunfähigkeit und Schwerbehinderung nicht am Geburtsjahrgang festgemacht werden können, wurde deren Häufigkeit im Verhältnis zur Anzahl der sonstigen Pensionierungen berechnet.
Alle Berechnungen wurden nach den Beschäftigtengruppen Lehrdienst, Feuerwehrdienst und den übrigen Beamt*innen sowie nach Geschlecht differenziert.1.2. Bereits pensionierte Personen
Die Lebenserwartung der 2021 vorhandenen Versorgungsempfänger*innen und ggf. zu erwartenden Hinterbliebenen wurde je Geschlecht und Geburtsjahr auf Basis der Daten in SAP paul@ ausgewertet. In dieser Auswertung wurden die aktuellen Sterbetafeln Heubeck 2018 G hinterlegt. Entsprechend der ermittelten Lebenserwartung wurde die Anzahl der in den Jahren 2023 -2035 zu erwartenden Versorgungsempfänger*innen berechnet sowie mögliche Hinterbliebene miteinbezogen.
2. Haushaltsbelastung
Die für die Jahre 2023 - 2035 berechneten Zahlen zu Pensionierungen und verbleibenden Versorgungsempfänger*innen aus dem Bestand 2021 wurden zunächst zusammengeführt.
Aus den Versorgungsauszahlungen 2020 wurde die durchschnittliche Belastung des Gemeindehaushalts je Person ermittelt. Dieser Durchschnittswert wurde unter Berücksichtigung der zu erwartenden Besoldungserhöhungen auf die prognostizierten Zahlen der Versorgungsempfänger*innen der Jahre 2023 - 2035 angewendet.
3. Ergebnis der Prognose
In der nachfolgenden Tabelle ist die Anzahl der Versorgungsempfänger*innen aus dem Bestand 2021 (unter Berücksichtigung der Lebenserwartung) sowie der Pensionierungen ab 2023 dargestellt. Für die daraus resultierende Gesamtzahl ist die Haushaltsbelastung mit einer durchschnittlichen Teuerung durch Besoldungserhöhungen von 1% und alternativ 2,54% (Durchschnitt der letzten 5 Jahre) dargestellt.Die Anzahl der Neufälle (Spalte 3) basiert auf allen Beamt*innen der Geburtenjahrgänge 1958 bis 1971.
Von den Jahrgängen 1969 bis 1971 sind dabei nur Pensionierungen auf Antrag betroffen, die gesetzliche Altersgrenze liegt hier erst nach 2035. Die Berechnung zeigt, dass die Versorgungsauszahlungen in den Jahren 2023 - 2035 nicht ständig ansteigen, sondern ab 2027 rückläufig sind. Grund hierfür ist der starke Rückgang der Versorgungsempfänger*innen aus dem Bestand 2021. Dieser Rückgang wird durch den Zuwachs aus neuen Pensionierungen nicht ausgeglichen.
Die Höhe der Haushaltsbelastung ist insbesondere von der angenommenen Besoldungserhöhung abhängig. Die Berechnung wird deshalb alternativ mit einer durchschnittlichen Besoldungserhöhung von 1% bzw. 2,54% (Durchschnitt der letzten 5 Jahre) dargestellt.
Entsprechend den Ergebnissen der Untersuchung umfassen die Versorgungsauszahlungen des Jahres 2023 rd. 360 Millionen Euro.
Dieser Trend wurde auch bereits aus der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung 2021 bis 2025 deutlich (Planwert = ca. 350 Millionen Euro). Dennoch weicht der Wert von den Ergebnissen der Untersuchung ab, was sich damit erklärt, dass die mittelfristige Finanzplanung auf dem Jahresergebnis 2020 basiert und lediglich pauschal mit der durchschnittlichen Steigerung der letzten drei Jahre hochgerechnet wurde.
4. Validität der Prognose
Basis der Zahlen zu den Pensionierungen sind die Verhältnisse 2016 - 2020. Die Prognose der Versorgungsauszahlungen bis 2035 unterliegt daher folgenden Unsicherheitsfaktoren:
- Die schrittweise Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr (Geburtsjahrgang 1964 mit gesetzlicher Altersgrenze 2031) wirkt sich auch auf die Konstellationen für den Ruhestand auf Antrag (möglich ab dem 64. Lebensjahr), der in den letzten Jahren verstärkt in Anspruch genommen wird, aus. Die Auswirkungen auf die jährlichen Pensionierungszahlen sind nicht abschätzbar. Die Verlängerung der Lebensarbeitszeit bis zum 67. Lebensjahr kann auch den angesetzten Anteil der Pensionierungen wegen Dienstunfähigkeit in den Jahren bis 2035 beeinflussen.
- Die Lebenserwartung der bereits vorhandenen Versorgungsempfänger*innen kann sich im Lauf des Prognosezeitraums verschieben.
- Die Zusammensetzung der Versorgungsempfänger*innen nach den Besoldungsgruppen, die ihrer Versorgung zugrunde liegen, kann zueiner Verschiebung bei der Belastung des Gemeindehaushalts je Person führen (höher oder niedriger).
- Die eingerechneten Besoldungserhöhungen können sich anders gestalten als angenommen.
Die Berechnung stellt daher einen möglichen Trend dar, ersetzt aber nicht die übliche Haushaltsplanung.
Diese stützt sich auf die langjährige Entwicklung des Jahresergebnisses und der Veränderungen gegenüber den jeweiligen Vorjahren. Die Versorgungsauszahlungen unterliegen zusätzlich einem unterjährigen Controlling, auf dessen Basis im Nachtrag nachgesteuert wird. Eine Trendwende – sinkende statt steigende Versorgungsauszahlungen – würde damit bemerkt werden. Die IST- und Planwerte liegen dadurch seit einigen Jahren nahe beieinander.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.