Dawonia-Leerstand III: Nimmerfallstraße 60 - 76
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 14.9.2022
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 14.9.2022 führen Sie Folgendes aus:
„Die Wohnanlage der Dawonia (früher GBW) in der Nimmerfallstraße 60 - 76 in Pasing war in den letzten Jahren schon öfter in der Presse. Die Mietergemeinschaft der insgesamt 75 Wohnungen hat jahrelang gegen einen drohenden Abriss der Häuser und für den Kauf durch die Stadt gekämpft. Die Stadt hätte 2017 die Möglichkeit gehabt, die Wohnanlage für 22 Millionen Euro zu kaufen, jedoch nicht zugeschlagen. Laut Aussagen von Bewohner*innen besteht seit diesem Zeitpunkt erster Leerstand, der seit fünf Jahren stetig anwächst. Ein Zustand, der angesichts der Wohnungsnot nicht hinzunehmen ist. Der Plan der Dawonia scheint zu sein, den Wohnraum abzureißen und durch Eigentumswohnungen im Luxussegment zu ersetzen. Eine soziale und auch eine ökologische Katastrophe angesichts der grauen Energie, die eine solche Maßnahme verschwendet. Jedoch gilt für Mieter*innen, die zum Zeitpunkt der Privatisierung mindestens 60 Jahre waren, ein lebenslanger Kündigungsschutz durch die Sozialcharta. Die Dawonia ist für ihre gnadenlose Profitmaximierung auf dem Rücken der Mieter*innen bekannt. Seit der Privatisierung der ehemals landeseigenen Wohnungen für einen Spottpreis im Jahr 2013 durch den heutigen Ministerpräsidenten Markus Söder wurde eine Vielzahl an Mieter*innen verdrängt. Die ärgsten Befürchtungen der Gegner*innen der Privatisierung wurden noch übertroffen. Durch Modernisierungen, permanente Mieter- höhungen oder Aufteilung in Eigentumswohnungen nutzt die Dawonia alle Möglichkeiten, um die maximale Wertschöpfung aus ihrem Wohnungsbe- stand herauszuholen. Gleichzeitig ist die Dawonia dafür bekannt, nur wenig Geld für die Instandhaltung in die Hand zu nehmen, da dies den Profit schmälert. Die Privatisierung von 32.000 Wohnungen bleibt eine Ursünde der damaligen Landesregierung. Es gilt nun alles dafür zu tun, die verblie- benen Bewohner*innen zu schützen und der Wohnungsspekulation in der Landeshauptstadt München ein Ende zu bereiten.“
Auf Grund der Komplexität der Anfrage waren Stellungnahmen anderer Referate erforderlich. Eine fristgemäße Bearbeitung war daher nicht möglich. Dies wurde mit Schreiben vom 20.9.2022 mitgeteilt. Für die Fristverlängerung bedanke ich mich.Zu Ihrer Anfrage vom 14.9.2022 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wurde der beschriebene Leerstand über den städtischen Leerstandsmel- der angezeigt? Welche Kenntnisse hat die Stadt München über den bestehenden Leerstand? Wie hat sich dieser entwickelt?
Antwort:
Der Leerstand wurde nicht über den städtischen Leerstandsmelder angezeigt. Die Dawonia (damals noch GBW) beantragte 2017 die Zweckentfremdung des Anwesens durch Abbruch. Seitdem standen im Haus schrittweise immer mehr Wohnungen leer. Dies war aber wegen des geplanten Abbruchs nicht vermeidbar und damit zweckentfremdungsrechtlich gerechtfertigt.
Frage 2:
Ist die Stadt dem Leerstand nachgegangen? Welche Maßnahmen hat die Stadt bisher ergriffen, um den Leerstand zu beenden? Falls keine Maßnahmen ergriffen wurden: weshalb nicht?
Antwort:
Da der Abbruch des Anwesens im Jahr 2017 beantragt und auch genehmigt wurde, konnte gegen den Leerstand nichts unternommen werden (siehe auch Antwort zu Frage 1). Eine Wiederbelegung zu fordern, wäre rechtlich nicht möglich gewesen.
Frage 3:
Liegt für den Wohnblock ein gültiger Bauantrag vor und wann wurde dieser genehmigt? Welche Maßnahmen beinhaltet ein solcher Bauantrag? Wurde für das Objekt eine Abrissgenehmigung beantragt und genehmigt?
Antwort:
Für das Anwesen wurde ein Bauantrag gestellt und bereits 2017 genehmigt. Beantragt wurde der Neubau einer Wohnanlage.
Der Abriss wurde zweckentfremdungsrechtlich genehmigt (siehe Antwort zu Frage 2).
Frage 4:
Ist der Stadt bekannt, ob anstelle von günstigem Wohnraum teure Eigentumswohnungen entstehen werden, die für den übergroßen Teil der Gesellschaft nicht bezahlbar sind?
Antwort:
Ob Eigentumswohnungen entstehen sollen, ist nicht bekannt. Das Anwesen liegt nicht im Umgriff einer Erhaltungssatzung, so dass die Begründung von Wohnungseigentum nicht dem Genehmigungsvorbehalt nach § 172 Abs. 1 Satz 4 Baugesetzbuch (BauGB) unterliegt.
Es sollte jedoch wesentlich mehr neuer Wohnraum entstehen, als verlorengeht.
Frage 5:
Ist der Stadt bekannt, ob in der Wohnanlage Menschen wohnen, die zum Zeitpunkt der Privatisierung (Mai 2013) mindestens 60 Jahre waren und deswegen nach der Sozialcharta ein lebenslanges Wohnrecht besitzen?
Antwort:
Ob und wie viele Menschen in der Wohnanlage zum Zeitpunkt der Privatisierung 60 Jahre waren, ist nicht bekannt und auch nicht mehr ermittelbar. Die Sozialcharta der Dawonia ist zudem im Zweckentfremdungsrecht nicht maßgeblich, da diese nur das privatrechtliche Verhältnis zwischen der Dawonia und den Mieter*innen betrifft. Eine Einflussnahme auf miet-/ privatrechtliche Belange ist mit Hilfe des Zweckentfremdungsrechts nicht möglich.
Frage 6:
Wie hoch beziffert die Stadt München den Bodenwertzuwachs des gesamten Grundstückes vom Zeitpunkt der Privatisierung der GBW 2013 bis heute?
Antwort:
Hierzu teilt das Bewertungsamt mit, dass der konkrete Bodenwertzuwachs nur im Rahmen von ausführlichen Verkehrswertgutachten ermittelt werden kann. Dazu wird auf die Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V07562 der Vollversammlung des Stadtrates vom 5.10.2022 verwiesen, in der die Liegenschaft Nimmerfallstraße 60 - 76 behandelt wurde.
Zudem teilt das Bewertungsamt die Höhe des Bodenrichtwertes zum Zeitpunkt 31.12.2012 bzw. 1.1.2022 mit. Dieser lag 2012 bei 1.250 Euro pro m², bei der Nutzungsart M (Geschossbaugebiet) und der wertrelevanten Geschossflächenzahl 1,0 und 2022 bei 3.600 Euro pro m². Nutzungsart und Geschossflächenzahl blieben unverändert.
Frage 7:
Wie bewertet die Stadt heute den Zustand, dass man die Wohnanlage mit 75 Wohnungen 2017 nicht für 22 Millionen Euro gekauft hat? Ist der Bestand angesichts der gestiegenen Bodenpreise heute nicht ein Vielfaches wert?
Antwort:
Zur Frage konnte das Bewertungsamt keinen Beitrag leisten.
2017 lehnte die Landeshauptstadt München ein Kaufangebot der GBW/Dawonia ab. Es konnte keine Einigung erzielt werden.
Ergänzend weise ich darauf hin, dass das Anwesen nicht in einem Erhaltungssatzungsgebiet liegt. Somit bestand für die Landeshauptstadt München kein Vorkaufsrecht.
Im Oktober 2022 hat jedoch der Stadtrat der Landeshauptstadt München den Ankauf des Anwesens beschlossen.