Erinnerungszeichen für Frauenrechtlerin und weitere Münchner*innen
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Rathaus Umschau 107 / 2023, veröffentlicht am 07.06.2023
Am 13. Juni werden Erinnerungszeichen für vier Münchner*innen gesetzt: für Clementine und Max Krämer in der Trautenwolfstraße 4 um 14.30 Uhr sowie für Hedwig und Sigwart Cahnmann in der Sophie-Stehle-Straße 12 um 16.30 Uhr. Neben zahlreichen Familienangehörigen aus den USA und Israel werden unter anderem Stadtrat Lars Mentrup (SPD/Volt-Fraktion) in Vertretung des Oberbürgermeisters, Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Thomas Hampel, Münchner Polizeipräsident, sowie Professor Alan Steinweis, University of Vermont, teilnehmen.
Clementine Krämer, 1873 als Clementine Cahnmann geboren, war ihrer Zeit in vielem voraus. Als Frauenrechtlerin und Vorstandsmitglied des Jüdischen Frauenbunds um Bertha Pappenheim und Paula Ollendorff kämpfte sie für das Frauenwahlrecht und gegen Diskriminierung. Außerdem engagierte sie sich stark in der jüdischen Sozial- und Bildungsarbeit. 1891 hei- ratete sie den zehn Jahre älteren Max Krämer, der aus einer vermögenden Bankiers-Familie stammte. 1937 musste das Paar seine Wohnung in der Trautenwolfstraße auf Veranlassung des Reichstreuhänders der Arbeit für das Wirtschaftsgebiet Bayern verlassen, der dort einzog. Max Krämer starb im August 1939 im Alter von 75 Jahren in München. Clementine unternahm mehrere vergebliche Versuche zu emigrieren. Im Juli 1942 wurde sie von der „Judensiedlung Milbertshofen“ nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie, völlig entkräftet, am 4. November 1942. Ihr Bruder Sigwart Cahnmann wurde 1872 geboren, machte eine Ausbildung als Textilkaufmann. 1901 heiratete er Hedwig Schülein. Sigwart Cahnmann war Teilhaber der Chemischen Fabrik Isaria. Das Unternehmen war so erfolgreich, dass die Familie 1913 eine repräsentative Villa in der Sophie-Stehle-Straße 12 kaufen konnte. Im Ersten Weltkrieg diente Cahnmann als Infanterist, in der Weimarer Republik engagierte er sich bei der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei. Die drei Töchter und drei Söhne der Cahnmanns konnten alle emigrieren. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde die Isaria „arisiert“ und die Cahnmanns wurden 1938 gezwungen, ihre Villa billig an die Wehrmacht zu verkaufen. Sigwart Cahnmann starb am 13. Januar 1942 an Magenkrebs. Hedwig Cahnmann wurde drei Monate später nach Piaski im besetzten Polen deportiert und dort ermordet.
Über die Erinnerungszeichen
Erinnerungszeichen werden seit 2018 an Orten angebracht, an denen Menschen lebten, die von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden. Die Erinnerungszeichen bestehen aus gebürstetem Edelstahl und sind vergoldet. Es gibt sie in zwei Ausführungen – als Wandtafeln an der Fassade und als Stelen auf öffentlichem Grund. Sie enthalten die wichtigsten Lebensdaten, Angaben zum Schicksal und – falls vorhanden – ein Bild. Durch die gelochte Oberfläche können die Informationen auch ertastet werden. Weitere Informationen unter map.erinnerungszeichen.de. (Siehe auch unter Terminhinweise)