Ersatzwohnraum bei Zweckentfremdung – Popularklage abgewiesen
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Rathaus Umschau 174 / 2023, veröffentlicht am 12.09.2023
(12.9.2023 – teilweise voraus) Mit Entscheidung vom 24. August hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Popularklage der Landeshauptstadt München abgewiesen. Inhaltlich wollte die Landeshauptstadt München mit der Popularklage erreichen, dass sie die neuen und vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) für unwirksam erklärten Vorgaben für Ersatzwohnraum bei der Zweckentfremdung durch Abriss wieder anwenden darf. Die Regelungen der Münchner Zweckentfremdungssatzung hatten vorgesehen, dass Ersatzwohnraum in der Regel im gleichen Stadtbezirk geschaffen werden muss, Mietwohnraum nur durch Mietwohnraum er-
setzt wird und die Miethöhe sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientiert.
Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Ersatzwohnraum ist in einer Großstadt wie München nur dann ein echter Ersatz, wenn er auch zu den gleichen Preisen und im gleichen Stadtviertel wie vorher vermietet wird. Ich bedauere sehr, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof dem nicht folgen konnte. Diese Entscheidung geht leider zu Lasten der Münchner Mieter*innen.“
Die Landeshauptstadt München fordert deshalb nun dringend eine entsprechende Gesetzesreform des Freistaats.
Sozialreferentin Dorothee Schiwy: „Das Zweckentfremdungsgesetz muss so geändert werden, dass Ersatzwohnraum auch ein echter Ersatz ist. Erst dann ist es der Landeshauptstadt München möglich, eine Änderung der städtischen Zweckentfremdungssatzung zu veranlassen, die einen noch wirksameren Schutz des Wohnraums für die Münchner Bürger*innen möglich macht.“
Nachdem Teile der zum 1. Januar 2020 geänderten Münchner Zweckentfremdungssatzung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) im Rahmen eines Normenkontrollantrags für unwirksam erklärt wurden, hatte die Landeshauptstadt München eine Popularklage zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingelegt. Ziel war die Feststellung, dass die Zweck entfremdungssatzung entsprechend der vom BayVGH aufgehobenen Änderungen auszulegen sei, da sie andernfalls verfassungswidrig wäre. Weiterhin sollte durch diese Auslegung dem in der Bayerischen Verfassung verankerten Anspruch der Bevölkerung auf Versorgung mit angemessenem Wohnraum und der Sozialbindung des Eigentums Rechnung getragen werden. Daher wurde für den Fall einer anderweitigen Auslegung gegenüber dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eine Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts der Landeshauptstadt München nach Art. 11 Abs. 2 Bayerische Verfassung geltend gemacht.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Popularklage der Landeshauptstadt München jedoch abgelehnt, mit der Begründung, dass das Zweckentfremdungsgesetz – auch im Rahmen einer für Eigentümer*innen aus Sicht der Landeshauptstadt München äußerst großzügigen Auslegung – der Gemeinde erst die Möglichkeit zur Erhaltung von Wohnraum gebe. Daher könne eine bestimmte Auslegung dieser Normen beziehungsweise die Ablehnung der aus Sicht der Landeshauptstadt München zwingend angezeigten Auslegung dieser Norm aber auch keine Beschränkung dieses – durch das Zweckentfremdungsgesetz erst gewährten – Rechtes darstellen.