Versorgungssicherheit und Klimaschutz: Mit gutem Beispiel voran VI Bioabfall besser energetisch nutzen! Klimabilanz Münchens verbessern!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 13.5.2022
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
In Ihrem Antrag vom 13.5.2022 fordern Sie die Landeshauptstadt München, Kommunalreferat, Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) auf, ein Konzept vorzulegen, wie der Münchner Bioabfall alsbald einen höheren Beitrag zur Verbesserung der Klimabilanz leisten kann. Sie schlagen vor, dies z.B. über eine bessere energetische Ausnutzung in einer Trockenfermentationsanlage oder über hydrothermale Karbonisierung zu erreichen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag nach Thematisierung im Kommunalausschuss am 9.2.2023 per Schreiben zur beantworten. Nach Beschluss des Kommunalausschusses vom 21.9.2023 über die Technologie der neuen Bioabfallverwertungsanlage (BAVA) sehe ich mich nun in der Lage, auf Ihren Antrag wie folgt einzugehen:
Verwertungssituation 2022 bis 2027
Die Verwertung der in der LHM jährlich anfallenden, durchschnittlich rund 47.000 Mg Bioabfälle erfolgt derzeit aus Gründen der Entsorgungssicherheit dezentral in verschiedenen Anlagen, darunter die Trockenfermentationsanlage (TFA) des AWM sowie andere kommunale und privatwirt-
schaftliche Anlagen. In der TFA des AWM werden bis zu 22.500 Mg/Jahr über eine Vergärung und anschließende Kompostierung verwertet. Somit werden sowohl Biogas für die Erzeugung von Strom für den Jahresbedarf von durchschnittlich 1.300 Münchner Haushalten als auch ca. 5.000 Mg/ Jahr wertvoller Kompost erzeugt, der in der Land- und Erdenwirtschaft zur Anwendung kommt. Die bei der Verstromung des Biogases in drei Blockheizkraftwerken (BHKW) erzeugte Abwärme wird größtenteils zur autarken Beheizung der Fermenter, der Vorerwärmung des Bioabfalls in der Anlieferhalle und des Sozialgebäudes genutzt.
Die übrigen ca. 25.000 Mg werden über öffentliche Vergabeverfahren zumeist an privat betriebene Anlagen zur weiteren Behandlung abgegeben. Nur noch zwei Anbieter betreiben ihre Anlagen in der Region München. Im Stadtgebiet München ist eine Erweiterung der derzeit bestehenden letzten privaten Anlage nicht mehr möglich. Durch die neuen strengen Auflagen der kürzlich in Kraft getretenen Technischen Anleitung-Luft (TA-Luft) istauch ein langfristiger Weiterbetrieb der privaten Anlage von einer Sanierung abhängig, die erhebliche Kosten mit sich bringt.
Die über eine Zweckvereinbarung mit dem Landkreis München bestehende regionale Verwertungsmöglichkeit für bis zu 5.000 Mg/Jahr Münchner Bioabfälle entfällt. Die Vergärungsanlage in Kirchstockach wurde Anfang 2022 geschlossen und dient derzeit nur noch als Umladestation für die vereinbarte Menge.
Somit müssen die Münchner Bioabfälle derzeit zum Teil bis nach Thüringen zur Verwertung transportiert werden (2021: rund 3.600 Mg). Der Umschlag von jährlich bis zu 20.000 Mg findet am Entsorgungspark Freimann (ESP) statt.
Verwertungssituation ab 2028
Aufgrund der neuen TA-Luft mit fünf Jahren Übergangsfrist kann die TFA des AWM bis maximal 30.11.2026 betrieben werden. Da die EEG-Förderung bis max. 31.12.2027 möglich wäre, wird der AWM versuchen, eine Verlängerung der Übergangsfrist von den Genehmigungsbehörden zu erhalten. Zielsetzung ist, die Anlage möglichst bis Ende 2027 weiterzubetreiben. Planung und Bau einer Nachfolge-Anlage inklusive Genehmigungsverfahren werden mindestens fünf Jahre in Anspruch nehmen.
Nach Schließung der TFA könnte die Entsorgungssicherheit für die LHM bezüglich der Bioabfälle nur noch mit unwirtschaftlichen und umweltbelastenden Transporten bis nach Thüringen oder sogar ins gesamte Bundesgebiet gewährleistet werden – was nicht gewollt ist. Verschärft wird die Situation durch die zunehmend knapperen Behandlungskapazitäten bei regionalen Anlagenbetreibern.
Neubau einer Bioabfallverwertunganlage
Der Kommunalausschuss hat dem Neubau einer BAVA für den AWM mit Sitzung vom 9.2.2023 zugestimmt. Im Kommunalausschuss am 21.9.2023 wurden die Rahmenbedingungen für den Neubau festgelegt. Der Bau der BAVA wird auf dem 3. Bauabschnitt der Deponie Nord-West erfolgen (ESP). Der AWM vergibt die Planungsleistungen und schreibt die Planungsleistungen noch im Jahr 2023 aus, um die zeitliche Lücke zwischen Betriebsende der derzeitigen TFA und Inbetriebnahme der Neuanlage so gering wie möglich zu halten. Der Bau der BAVA wird seitens des AWM technologieoffen ausgeschrieben und der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Hierbei wird auch die Maximalkapazität, die in modularer Kapazitätserweiterung auf der genannten Fläche jeweils mög-lich ist, mit berücksichtigt. Außerdem wurde das Kommunalreferat beauftragt, im Rahmen der Zero Waste Strategie die Biomüllquote zu erhöhen und den Anteil von Biomüll im Restmüll zu minimieren.
Hydrothermale Karbonisierung
Die Hydrothermale Karbonisierung stellt derzeit keine Option für die sichere Entsorgung der Bioabfälle aus dem Stadtgebiet München dar. Wie bereits in der Beantwortung des Antrags der ÖDP/FW vom 15.1.2021 mitgeteilt wurde (siehe Anlage 1: Beantwortung des Antrags „Münchner Kohlenstoffsenken schaffen: (1) Mit Pflanzenkohle Münchner Erden zur Klimaschutzerde machen“ vom 23.6.2021), sind nach deutschem Recht Biotonneninhalte nicht für die Herstellung von Pyrolysekohle für den Einsatz als Düngemittel, Kultursubstrate und Bodenhilfsstoffe zugelassen. Mit einer Pilotanlage kann keine Entsorgungssicherheit, zu der jedoch der AWM verpflichtet ist, gewährleistet werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.