Schnellbauprogramm für Wohnungssuchende
Antrag Stadträte Marian Offman und Walter Zöller (CSU-Fraktion) vom 1.10.2015
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk:
In o.g. Antrag hatten Sie um Überprüfung gebeten, ob zur zeitnahen Schaffung von Wohnraum für die steigende Zahl der Wohnungssuchenden unter bestimmten Voraussetzungen Geschosswohnungsbau errichtet werden kann, der aktuell erforderliche Standards unterschreitet und für den innerhalb von Mischgebieten Sondergebiete ausgewiesen werden können.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sagte mit Beschluss vom 20.9.2023, Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 09414 zu, die dort genannten Ansätze in einem Schreiben bis Ende Oktober 2023 darzustellen. Wir bitten darum, die etwas verspätete Antwort zu entschuldigen.
Inhaltlich hat das Referat für Stadtplanung und Bauordnung in den vergangenen Jahren verschiedene Projekte umgesetzt, die sich mit den Themen der Standardreduzierung, der Beschleunigung und Erhöhung von Fertigstellungszahlen auseinandergesetzt haben.
So wurden beispielsweise im Programm Wohnen für alle in den Jahren 2017 bis 2020 knapp 1.000 zusätzliche Wohneinheiten überwiegend durch die städtischen Gesellschaften, teilweise auch durch Private fertiggestellt. Hierfür wurden in kurzer Zeit planungsrechtlich herausfordernde Flächen aktiviert, um zusätzlich geförderte Wohnungen vor allem für Familien mit geringem Einkommen, für Auszubildende und junge Berufstätige sowie für anerkannte Flüchtlinge zu schaffen.
Durch eine mit der speziellen Nutzerstruktur begründeten Reduzierung der notwendigen Stellplätze, den Verzicht auf Unterkellerung und auf die erhöhten Anforderungen an die Barrierefreiheit, sowie durch Modulbauweise und kompakte Grundrisse wurde versucht, Zeit und Kosten zu sparen.
Die GWG München hat in einem 2016 gestartetem Modellprojekt in Sendling, dem sogenannten Minimalprojekt an der Hinterbärenbadstraße eine bestehende Siedlung nachverdichtet und dabei im Vergleich zu ähnlichen Projekten günstigeren Wohnraum (frei finanzierter Mietwohnungsbau) in guter Qualität geschaffen. Erreicht wurde dies durch das konsequente Hinterfragen und Anpassen von technischen und strukturellen Standards und Richtlinien:
-strukturell: einfache, gleichartige Baukörper mit einfacher, minimierter Erschließung und wenigen übereinandergestapelten Grundrisstypen
-Konstruktiv: kompakter Baukörper mit optimiertem A/V-Verhältnis aus teilvorgefertigten Stahlbetonelementen, über alle Geschosse durchlaufende Konstruktion und Leitungsstränge, ohne Leitungen in konstruktiven Bauelementen
-Haustechnisch: weitgehend offene Installation und vereinfachtes Heizungssystem, keine Strangverzüge, Verkabelung innerhalb der Wohnung über Multimedia-Leisten
-Verzicht auf Stellplätze durch Mobilitätskonzept
Auch der Gesetzgeber hat verschiedene Gesetzesänderung zur Beschleunigung von Wohnungsbau auf den Weg gebracht.
Mit dem Gesetz zur Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und zur Beschleunigung sowie Förderung des Wohnungsbaus traten zum 1.2.2021 umfangreiche materielle Änderungen der Bayerischen Bauordnung (BayBO) in Kraft. Beispielhaft sind für die Beschleunigung von Wohnbauvorhaben folgende Vereinfachungen baurechtlicher Regelungen zu nennen:
-Ausweitung der Genehmigungsfreistellung: Die Änderung und Nutzungsänderung von Dachgeschossen zu Wohnzwecken, einschließlich der Errichtung von Dachgauben sind im unbeplanten Innenbereich von der Genehmigung freigestellt (Art. 58 BayBO).
-Einführung der Genehmigungsfiktion als Verfahrensbeschleunigung für Gebäude, die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienen (Art. 68 BayBO).
-Einführung einer Typengenehmigung für bauliche Anlagen, die mehrfach in derselben Ausführung errichtet werden sollen. Die Typengenehmigung erteilt das Bauministerium (Art. 73a BayBO).
-Förderung der Holzbauweise: In allen Gebäudeklassen sind tragende und aussteifende Bauteile nun aus brennbaren Baustoffen zulässig. -Beschränkung von Anforderungen und Ausweitung des Bestandsschutzes für bestehende Gebäude, wenn diese zu Wohnraum umgenutzt oder z.B. aufgestockt werden.
-Die vom Landgesetzgeber ebenfalls flächendeckend vorgesehene Abstandsflächenverkürzung auf 0,4H gilt aufgrund einer Sonderregelung in der BayBO nicht für die Landeshauptstadt München, es wird aber geprüft, ob die Abstandsflächen auch im Stadtgebiet der LHM allgemein oder zumindest in geeigneten Bereichen durch Abstandsflächensatzung verkürzt werden können.Mit dem Gesetz zur Änderung des Baukammerngesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 7.7.2023 wurde die Regelung zu Abweichungen gemäß Art. 63 BayBO geändert. Die Bauaufsichtsbehörde soll nunmehr Abweichungen erteilen, unter anderem für Vorhaben zur Erprobung neuer Bau- und Wohnformen. Die Regelung trägt der zunehmenden Notwendigkeit Rechnung, bei Bestandsmaßnahmen bautechnische Lösungen nach den Erfordernissen des Einzelfalls zu entwickeln. Sie soll auch die Realisierung experimenteller Vorhaben, die abweichend von den geltenden Bauvorschriften geplant werden, erleichtern. Eine Absenkung der gesetzlichen Anforderungen ist damit jedoch nicht verbunden. Diese Vorschrift dient vor allem der öffentlich-rechtlichen Vorbereitung von Erleichterungen, die unter dem Schlagwort „Gebäudetyp E“ diskutiert werden. Die zivilrechtliche Seite dieses Aspekts wird derzeit auf Bundesebene erörtert und ist noch nicht abgeschlossen.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung bittet nochmals um Nachsicht, dass die Beantwortung des Antrags aus 2015 noch offengeblieben ist. Die Ausführungen zeigen aber, dass die Schaffung von Wohnraum in den vergangenen Jahren ein zentrales Ziel des Referats war und dies auch in Zukunft sein wird.
Wir bitten um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.