Eigene Preisgestaltung statt überteuerte Fernwärmepreise in der Messestadt Riem
Antrag Stadtrats-Mitglieder Marie Burneleit, Stefan Jagel, Thomas Lechner und Brigitte Wolf (DIE LINKE. / Die PARTEI Stadtratsfraktion) vom 14.10.2022
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
Mit Ihrem Antrag bitten Sie Herrn Oberbürgermeister, sich dafür einzusetzen, dass für das Insel-Fernwärmenetz in der Messestadt Riem eine eigene Preisgestaltung gilt. Im Antrag führen Sie aus, dass die Preise gemäß geltendem BGH-Urteil dem Energiemix des Fernwärmenetzes entsprechen müssen. Dies bedeute eine wesentliche Preissenkung für die Fernwärme-Kund*innen der SWM in der Messestadt.
Inhaltlich besteht bei Ihrem Antrag ein Zusammenhang mit der Sitzungsvorlage Nr. 20-26/V 08644 „Transparente Darstellung der Folgen durch die Energiepreisbremsen; Weitere Preisexplosion bei der Fernwärme verhindern! Versiebenfachung innerhalb zwei Jahren droht“, die im Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft am 17.1.2023 behandelt wurde.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Wir haben die Stadtwerke München GmbH um Stellungnahme gebeten, die wir Ihnen im Wortlauf wiedergeben dürfen.
„Die Fernwärmepreise der SWM für München stehen auf Basis der bisherigen Rechtsprechung in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben (§ 24 AVBFernwärmeV) und dem im Antrag erwähnten BGH-Urteil. Die Preisanpassungsklauseln enthalten Markt- und Kostenelemente, wie in der AVB-FernwärmeV vorgeschrieben.
Die Münchner Fernwärmepreise, ihre Entwicklung, die Preisänderungsklauseln sowie deren Bestandteile sind transparent auf der Website der SWM dargestellt: https://www.swm.de/geschaeftskunden/fernwaerme/preise
Die SWM versorgen Kund*innen im Gebiet der Landeshauptstadt München einschließlich der Gemeinden Martinsried und Unterföhring seit vielen Jahren mit Fernwärme.
Eine Differenzierung der Preise und Preisanpassungsklauseln nach Stadtteilen nehmen die SWM bislang nicht vor. Auch das im Antrag erwähnteBGH-Urteil enthält keinerlei Aussagen zur Ausprägung spezifischer Fernwärmepreise für einzelne Stadtteile oder Inselnetze in Großstädten.
Die Ausprägung stadtteilspezifischer Fernwärmepreise halten wir auch für schwer vermittelbar, da die unterschiedliche Behandlung von Kunden mit gleichen Abnahmeverhältnissen sicherlich vielfach als ungerecht empfunden würde. Zudem würde dies zu höheren Belastungen von Kundinnen und Kunden führen, die in Gebieten ansässig sind, die neu mit Fernwärme erschlossen werden oder in denen sich Erzeugungsanlagen verändern. Dies auch deshalb, weil die Investitionskosten für Netz- und Erzeugungsanlagen sich auf eine geringere Zahl von Kundinnen und Kunden verteilen würde, was zu höheren Grundpreisen führen würde.
Eine Differenzierung nach Stadtteilen hätte im Fall des Stadtteils Riem über mehrere Jahre hinweg zu erheblich höheren Preisen als in anderen Stadtteilen geführt. Der Wunsch in Riem, in der augenblicklichen Situation, zu einer anderen, vermeintlich vorteilhafteren Preisgestaltung zu wechseln, ist nachvollziehbar. Die Argumentation, alle Kund*innen solidarisch an der Fernwärmewende zu beteiligen und von unterschiedlichen Preisen je nach netztopologischer Lage abzusehen, ist jedoch letztlich überzeugend. Wie oben bereits dargelegt, enthält das BGH-Urteil keine Aussagen zur Ausprägung stadtteilspezifischer Fernwärmepreise.
Die Versorgungsgebiete München Region Süd und München Region Südost haben die SWM 2018 bzw. 2019 im Rahmen des Erwerbs der Regionalversorger Energieversorgung Ottobrunn bzw. der Bioenergie Taufkirchen übernommen. In diesem Zuge sind die SWM in die bestehenden Kundenverträge eingetreten und führen die Versorgung der übernommenen Kund*innen unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gegebenheiten fort.
Im Fall der Bioenergie Taufkirchen haben die SWM dabei eine Vielzahl unterschiedlicher Preisänderungsklauseln in eine einheitliche Preisänderungsklausel überführt.
Ein Vergleich mit anderen Fernwärmeunternehmen ist zu einem isolierten Zeitpunkt kaum aussagekräftig. Jedes Unternehmen hat eigene Abnahme- und Erzeugungsstrukturen, die in den jeweiligen Preisänderungsklauseln abgebildet werden. Zudem unterscheiden sich die Preisänderungsregelungen, wie etwa die Anpassungszeitpunkte oder die Zeiträume, für die die Indizes bei Anwendung der Preisänderungsklausel berücksichtigt werden.Letztlich ist davon auszugehen, dass die Verteuerung der Energie an den Rohstoffmärkten überall zu Preiserhöhungen für die Fernwärme führt: Bei einigen anderen Anbietern in Deutschland haben sich die hohen Energiepreise ebenfalls schon niedergeschlagen, viele andere werden nach und nach teils mit größerer Verzögerung folgen. Wir weisen zudem darauf hin, dass die im Antrag isoliert erwähnten Versorgungsunternehmen (Nürnberg und Stuttgart) ein verzerrtes Bild widerspiegeln.
In einer uns vorliegenden Fernwärmepreisübersicht der ‚WIBERA Wirtschaftsberatung Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft‘ zum 1.10.2022 liegen beispielsweise die Preise in den deutschen Großstädten Frankfurt am Main, Augsburg, Dresden, Weimar, Erfurt und Bonn preislich über dem Niveau der SWM. Die Fernwärmepreise der Stadt Köln befinden sich in etwa auf dem Niveau von München. Ebenso liegen auch die Preise in Freising, Unterschleißheim und Peißenberg mit regionaler Nähe zu den SWM oberhalb des Preisniveaus in München.
Die SWM sind sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst. Sie schöpfen bereits seit dem 1.7.2022 die Preisformel für den Arbeitspreis nicht voll aus und haben sich entschlossen, die Ausschöpfung des Arbeitspreises der Fernwärme ab 1.1.2023 nochmal stärker zu reduzieren.“
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.