Genderkompetenz in der Stadtverwaltung durch Fortbildungen stärken
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Rathaus Umschau 93 / 2023, veröffentlicht am 16.05.2023
Genderkompetenz in der Stadtverwaltung durch Fortbildungen stärken
Antrag Stadtrats-Mitglieder Beppo Brem, Mona Fuchs, Judith Greif, Sofie Langmeier, Gudrun Lux, Marion Lüttig, Thomas Niederbühl, Clara Nitsche und Sibylle Stöhr (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 16.8.2022
Antwort Personal- und Organisationsreferent Andreas Mickisch:
In Ihrem Antrag fordern Sie:
„Das Personal- und Organisationsreferat wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, um Fortbildungen zur Gleichstellung für städtische Führungs- und Nachwuchskräfte verpflichtend sicherzustellen. Das Konzept soll auch die Aufstiegsfortbildungen von der 2. in die 3. QE, sowie von der 3. in die 4. QE umfassen und dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir Ihren Antrag nachfolgend zu beantworten:
Für die Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin hat die Genderkompetenz seit vielen Jahren einen hohen Stellenwert. Das gilt in gleichem Maß für Vielfaltskompetenz jeder Art, ob interkulturell, zur Inklusion oder in LGBTIQ*-Themen. Bei uns sind alle Menschen willkommen, unabhängig davon, wer sie sind, woher sie kommen, wie sie aussehen, woran sie glauben, wen sie lieben oder welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. Gleichstellung, Antidiskriminierung und Diversität sind für die Stadt München eine selbstverständliche Grundhaltung.
Offenheit und Vielfalt prägen das gemeinsame Arbeiten und sind zentral für die Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin. Ein respektvolles Miteinander und die Wertschätzung unterschiedlicher Lebensformen und Kulturen werden von Beschäftigten der Stadt nicht nur erwartet, sondern auch gelebt.
Beim PRIDE Index 2022 hat die Landeshauptstadt die Auszeichnung
„PRIDE Champion“ in Gold erhalten. Grundlage ist eine deutschlandweite Befragung aller großen Arbeitgeber*innen zu Diversität und LGBTIQ* am Arbeitsplatz. Für den PRIDE Index sind Unternehmen und Organisationen eingeladen, ihr LGBTIQ* Diversity Engagement zu evaluieren und auf den Prüfstand stellen zu lassen. Mit einem Ergebnis von 81,89 Prozent schneidet München sehr gut ab.Auch in den Jahren zuvor hat die Landeshauptstadt München Auszeichnungen für ihr Engagement bei betrieblicher Gleichstellung und dem Verwirklichen von Chancengleichheit und Diversität erhalten, etwa im Jahr 2021 den „PRIDE Champion“ in Silber, 2020 zum achten Mal das Prädikat Total E-Quality für vorbildlich an Chancengleichheit und Diversity orientierte Personal- und Unternehmenspolitik, ebenfalls im Jahr 2020 den Max-Spohr-Preis für vorbildliche Förderung von Vielfalt, insbesondere durch Instrumente zur Förderung der Kerndimension „sexuelle und geschlechtliche Identität“ oder im Jahr 2019 #Flagge für Vielfalt, erster Platz für die schönste Aktion am Deutschen Diversity Tag der Charta der Vielfalt.
Die städtische Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* wirkt mit ihren Aktivitäten in die Verwaltung und in die Stadtgesellschaft. Seit September 2022 gibt es auch ein aktives und starkes Beschäftigtennetzwerk für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Beschäftigte der Landeshauptstadt. Das ist nicht nur ein Gewinn für alle Beschäftigten, sondern es zeigt auch, wie wichtig Diversität für uns als größte kommunale Arbeitgeberin Deutschlands ist.
Die Landeshauptstadt München zeigt als Arbeitgeberin auch Haltung gegen alle Formen geschlechtsspezifischer Gewalt. Bei den Münchner Aktionswochen gegen Gewalt an Frauen, Mädchen, Jungen und nonbinären Menschen vom 4. bis 30. November 2022 gab es eine groß angelegte Awareness-Kampagne für die städtischen Beschäftigten mit hoher Beteiligung, organisiert von der Gleichstellungsstelle für Frauen, die kürzlich auch die neue Broschüre „Genderkompetenz ist magic“ veröffentlicht hat.
Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz in der Talententwicklung
Das Personal- und Organisationsreferat bietet ein umfangreiches und attraktives Angebot an Qualifizierungsmaßnahmen zu Vielfaltsthemen, in denen sowohl Wissen als auch Haltung vermittelt werden. Das Seminar „Genderkompetent arbeiten“ legt schon seit Jahren wichtige Ergebnisse aus der Geschlechterforschung dar, klärt und diskutiert zentrale Begriffe des Gender Mainstreaming-Konzepts, erläutert die zentrale Bedeutung von Genderkompetenz, bietet Übungen zur Reflexion eigener Verhaltensweisen und zeigt Wege gegen Diskriminierung auf.
Zudem bietet das Personal- und Organisationsreferat Lernvideos, Impulsvorträge und Vernetzungstreffen und baut eine Mediathek zu Vielfaltsthemen auf. Die dort zusammengeführten Lernangebote der Fachstellen und der Talententwicklung sind eine gute Ergänzung zu den Seminaren und ermöglichen zeitlich und räumlich selbstbestimmte Lernformen.Außerdem haben alle Referate und Eigenbetriebe die Möglichkeit, in ihrer jährlichen Planung von Personalentwicklungsmaßnahmen einen Schwerpunkt auf Vielfaltsthemen zu legen. Das Personal- und Organisationsreferat bietet maßgeschneiderte Angebote für die Mitarbeiter*innen der jeweiligen Dienststelle. So sind zum Beispiel für die Branddirektion des Kreisverwaltungsreferats und für das Personal- und Organisationsreferat selbst im Jahr 2023 jeweils spezielle angepasste Genderkompetenzschulungen geplant.
Darüber hinaus müssen sämtliche in der Talententwicklung eingesetzten Trainer*innen unabhängig vom Schulungsthema in ihren Seminarkonzepten auf die Berücksichtigung von Chancengerechtigkeit eingehen. So ist sichergestellt, dass alle Seminare vielfaltskompetent und -sensibel durchgeführt werden und die Thematik Eingang in das gesamte Seminarangebot findet.
Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz für Nachwuchskräfte
Im Nachwuchskräfteprogramm ist die Fortbildungsreihe „Vielfalt schlägt Einfalt“, die auch das Thema Genderkompetenz beinhaltet, verpflichtend. Die Reihe wurde neu konzipiert, sie wird ab Herbst 2023 unter dem Titel „Vielfalt gewinnt“ durchgeführt.
Zusätzlich wird Genderkompetenz unmittelbar zu Ausbildungsbeginn für alle vom Personal- und Organisationsreferat zentral betreuten Nachwuchskräfte verpflichtend bei den Einführungstagen in der Schulung „Werte bei der Landeshauptstadt München“ vermittelt.
Ergänzt werden diese Pflichtangebote auf der stadtinternen Bildungsplattform für Nachwuchskräfte, auf der zum Beispiel Formate zur Begegnung und zum Erleben von Vielfaltskompetenz angeboten werden.
Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz bei Aufstiegsqualifizierung und Quereinsteiger*innen
In der Aufstiegsqualifizierung für Beamt*innen ist Vielfalt sowohl bei der modularen als auch bei der Ausbildungsqualifizierung integraler und verpflichtender Bestandteil. Auch in der Seminarreihe für Quereinsteiger*innen des Sozialreferates, die derzeit überarbeitet und 2023 neu aufgelegt werden soll, ist Genderkompetenz als Pflichtthema vorgesehen.Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz im Recruiting
Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz spielt auch im städtischen Recruiting eine wichtige Rolle. Um diskriminierungsfreie Personalauswahlverfahren durchzuführen und die Gender- und interkulturelle Kompetenz bei den Bewerber*innen einzuschätzen, sind Recruiter*innen zur Teilnahme am Seminar „Gender- und interkulturelle Kompetenz in der Personalauswahl“ und an der Schulung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz „Antidiskriminierung im Arbeitsleben“ verpflichtet.
Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz für Führungskräfte
Wer erstmals in Führungsverantwortung geht, nimmt verpflichtend an der Qualifizierungsreihe „Fit für Führung“ teil. Hier spielt Genderkompetenz auf allen Ebenen (Kommunikation, Delegation, Konflikte) eine wichtige Rolle. Auch im Rahmen der für Führungskräfte verpflichtenden Schulung zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz „Antidiskriminierung im Arbeitsleben (AGG)“ ist das Thema Gender fester Bestandteil. Zusätzlich ist geplant, 2023 stadtweit eine Schulung „Genderkompetent führen“ für Führungskräfte zu entwickeln und anzubieten.
Beständiger Ausbau der Seminarformate
Durch die verpflichtenden Schulungen für Nachwuchskräfte, neue Führungskräfte, Laufbahnwechsler*innen und Quereinsteiger*innen sowie die Berücksichtigung bereits im Recruiting stellt die Landeshauptstadt München sicher, dass jede*r städtische Beschäftigte über eine grundlegende Vielfaltskompetenz verfügt.
Das Personal- und Organisationsreferat führt ab März 2023 außerdem neue zusätzliche Kurzseminarformate zu Genderkompetenz und Gender Mainstreaming mit Schwerpunkt auf Diskussion und Austausch der Beteiligten durch. Diese Kurzformate können in einem nächsten Schritt auch für andere Referate angepasst werden. Das Personal- und Organisationsreferat setzt auf attraktive und passgenaue Lernangebote. Die Mitarbeiter*innen sollen selbst über Zeit, Ort und Art des Lernens entscheiden.
Insgesamt stellt die Weiterentwicklung der Formate und Maßnahmen zur Vermittlung von Gender- und Vielfaltskompetenz für die Talententwicklung eine Daueraufgabe dar, die auch weiterhin auf qualitativ sehr hohem Niveau erfolgen soll (Mittelkürzungen sind dementsprechend nicht vorgesehen).Der Aufbau eines Trainer*innen-Pools für Gender- und Vielfalts-Seminare ist angestrebt, konnte aber bislang aufgrund eines nicht genügend großen Angebots geeigneter Trainer*innen nicht abgeschlossen werden.
Für die neu konzipierte Schulungsreihe für Nachwuchskräfte „Vielfalt gewinnt“ werden allerdings in Kürze im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens unter anderem Trainer*innen für das in „Vielfalt gewinnt“ vorgesehene „Modul Gender“ gesucht. Auf Basis der Ergebnisse dieser Ausschreibung können die Überlegungen in Richtung „Trainer*innen-Pool“ wiederaufgenommen werden.
Zur Gleichstellung von LGBTIQ* gab es folgendes Seminarangebot:
Coming-out am Arbeitsplatz!? – Workshop. Das Seminar war im Fortbildungsprogramm veröffentlicht, die Anmeldung erfolgte bei der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ*, ebenso die Durchführung. Von 2013 bis 2019 fand der Workshop regelmäßig einmal jährlich statt. In den Jahren 2020 bis 2022 konnte er coronabedingt nicht durchgeführt werden.
Das Personal- und Organisationsreferat wird sich mit der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* austauschen und bei Bedarf Inhalte für eventuell neu zu entwickelnde Seminare abklären.
Stellungnahmen der Gleichstellungsstelle für Frauen sowie der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ*
Dieses Schreiben ist mit der Gleichstellungsstelle für Frauen und der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* abgestimmt.
Sowohl die Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* als auch die Gleichstellungsstelle für Frauen betonen in ihren Stellungnahmen die hohe Bedeutung von Genderkompetenz sowie der Gleichstellung und
Antidiskriminierung von LGBTIQ*. Beide Fachstellen bestätigen ein erfolgreiches gemeinsames Vorgehen bei der gemeinsamen Umsetzung von
Maßnahmen. Eine laufende Anpassung bestehender Angebote und ein weiterer Ausbau werden jedoch als notwendig erachtet.
Die Gleichstellungsstelle für Frauen hält eine verpflichtende Verankerung von Genderkompetenz in der Fortbildung von Führungskräften für erforderlich, welche die verschiedenen Aspekte von Genderkompetenz in Bezug auf Führungshandeln umfasst. Neben den beschriebenen Fortbildungsinhalten für Führungskräfte sind derzeit jedoch keine darüber hinausgehenden obligatorischen Fortbildungen geplant. Das liegt zum einen daran, dass für eine verpflichtende Fortbildung aller städtischen Führungskräftenicht die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Zum anderen setzt das Personal- und Organisationsreferat anstelle von standardisierten Pflichtprogrammen auf maßgeschneiderte Fortbildungsangebote, die Führungskräfte motivieren, sie ohne Druck und aus eigenem Antrieb wahrzunehmen. Davon unabhängig definiert das POR klar und deutlich, welche Anforderungen und Erwartungen an städtische Beschäftigte und insbesondere an Führungskräfte gestellt werden.
Der von der Gleichstellungsstelle für Frauen angeregte Aufbau eines Trainer*innen-Pools für Genderformate wird erneut aufgegriffen und in Zusammenarbeit mit der Gleichstellungsstelle für Frauen und dem Servicecenter Personalentwicklung des POR geprüft.
Abschließend ist festzuhalten, dass es dem POR ein großes Anliegen ist, gemeinsam mit den Fachstellen die Fortbildungsangebote kontinuierlich zu verbessern.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.