Einstellungsverfahren der LHM optimieren
Antrag Stadträtin Alexandra Gaßmann (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 10.7.2023
Antwort Personalreferent Andreas Mickisch:
In Ihrem o.g. Antrag fordern Sie:
„Die Landeshauptstadt München wird beauftragt, bei den eigenen Einstellungsverfahren während der Bewerbungsgespräche sowie insbesondere bei den darauffolgenden medizinischen Untersuchungen sensibel und empathisch vorzugehen und dafür die Mitarbeiter/innen entsprechend zu schulen.“
Nach §60 Abs.9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Erledigung nach Art.37 Abs.1 GO und §22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag können wir Ihnen jedoch Folgendes mitteilen:
Gleichstellung, Antidiskriminierung und Chancengleichheit sind zentrale Werte der Stadtverwaltung München. Die Landeshauptstadt München erwartet von ihren Beschäftigten, dass sie sich untereinander und gegen-über den Bürger*innen respektvoll verhalten.
Auch bei der Personalgewinnung wird von allen sich bewerbenden Personen Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz erwartet.
Um die Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz bei den Beschäftigten der Landeshauptstadt München zu fördern, gibt es im Personal- und Organisationsreferat eine ganze Reihe von Maßnahmen. Beispielsweise sei an dieser Stelle auf die Fortschreibung des Betrieblichen Gleichstellungskonzepts der Landeshauptstadt München, auf Veranstaltungen im Rahmen des jährlichen Diversity-Tages, das Geschichtenbuch „München arbeitet bunt“, das Fortbildungsformat für Nachwuchskräfte „Vielfalt gewinnt!“ und andere Fortbildungsformate verwiesen. Mit den Zertifizierungen zu den Qualitätssiegeln „Total E-Qualitiy“, „PRIDE CHAMPION“ und weiteren Auszeichnungen wird der Landeshauptstadt München als Arbeitgeberin bestätigt, wie gut sie in der Gleichstellungsarbeit ist und an welchen Stellen die Arbeitgeberin noch besser werden kann. Dieser Herausforderung stellt sich die Landeshauptstadt als Arbeitgeberin bewusst und gerne.Mit folgenden Maßnahmen verfolgt das Personal- und Organisationsreferat das Ziel, möglichst diskriminierungsfrei zu sein und zu einer hohen Zufriedenheit bei den Bewerber*innen und den Mitarbeiter*innen beizutragen:
Alle Führungskräfte und Recruiter*innen sind verpflichtet an der AGG-Schulung „Antidiskriminierung im Arbeitsleben“ teilzunehmen. Dieses ganztägige Seminar behandelt auch die Durchführung von diskriminierungsfreien Stellenbesetzungsverfahren.
Das für alle Recruiter*innen verpflichtende Seminar „Gender- und interkulturelle Kompetenz in der Personalauswahl“ wird als „Gleichstellungs- und Vielfaltskompetenz in der Personalauswahl“ neu konzipiert. Dabei wird auch auf die besonderen Bedürfnisse von trans*, inter* und nicht-binären Bewerber*innen eingegangen werden.
Im Bewerbungsprozess haben trans*, inter* und nicht-binäre Menschen die Möglichkeit, im persönlichen Gespräch bereits vor personenstandsrechtlicher Änderung in ihrer empfundenen Geschlechtsidentität und ihrem gewählten Vornamen angesprochen zu werden.
Bei rechtlich relevanten Dokumenten oder Formularen muss jedoch vor Änderung des Personenstands der aktuell eingetragene Vorname und Geschlechtseintrag verwendet werden. Eventuell kommt es im Einzelfall auch im Kontakt mit unterschiedlichsten städtischen Stellen zu Fehlern in der Ansprache, dem sogenanntem „Misgendern“. Uns ist bewusst, dass dies für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen belastend sein kann.
Gemeinsam mit der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* und dem Personal- und Organisationsreferat wird eine Leitlinie zum Umgang mit geschlechtlicher Vielfalt und Identität erstellt. Hierbei soll sowohl auf die Situation trans*, inter* und nicht-binärer Bewerber*innen als auch bereits Beschäftigter, die eine Transition anstreben, eingegangen werden.
Dies erfolgt auch unter Einbeziehung des amtsärztlichen Dienstes, der im Auftrag des Personal- und Organisationsreferates für Beamt*innen und Tarifbeschäftigte in bestimmten Arbeitsbereichen Einstellungsuntersuchungen durchführt. Allen Beteiligten ist bewusst, dass Einstellungsuntersuchungen für trans*, inter* und nicht-binäre Menschen besonders belastend sein können. Viele trans*, inter* und nicht-binäre Menschen erleben in vielen Lebensbereichen – auch in der Gesundheitsversorgung – Diskriminierung, Ausgrenzung und Stigmatisierung.Trans*, inter* und nicht-binäre Menschen werden häufig pathologisiert und eine „amtsärztliche Begutachtung“ kann diese Personengruppe aufgrund ihrer Vorerfahrungen besonders verunsichern.
Die Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ*, das Personal- und Organisationsreferat/ZAGG und das Gesundheitsreferat/Ärztliche Gutachten sind hierzu bereits in Kontakt, um mögliche Maßnahmen, wie beispielsweise die Gestaltung von Informationen, den Ablauf von Einstellungsuntersuchungen und die Sensibilisierung und Schulung des ärztlichen und nicht-ärztlichen Bereichs zu besprechen, weiterzuentwickeln und dauerhaft zu sichern.
Die Abteilung Ärztliche Gutachten des Gesundheitsreferats der Landeshauptstadt München führt im Rahmen des Einstellungsprozesses die gesetzlich vorgeschriebene Begutachtung zur Frage der gesundheitlichen Eignung von Beamtenanwärter*innen durch und, soweit vorgesehen, von Tarifbeschäftigten (z.B. bei Tätigkeiten mit einer erhöhten Anforderung an die körperliche oder psychische Leistungsfähigkeit aufgrund von möglichen Gefahren für die Beschäftigten selbst oder andere Personen, wie z.B. Mülllader*innen, Pädagogisches Personal u.a). Der Begriff der gesundheitlichen Eignung ist umfassend zu verstehen und bezieht sowohl die physische als auch die psychische Komponente ein.
Dies geschieht jeweils auf der Grundlage eines Auftrages des Personal- und Organisationsreferates, der die für das Personal- und Organisationsreferat relevanten Fragestellungen und Angaben zur geplanten Tätigkeit enthält. Bei der zuständigen Personalsachbearbeiterin*/dem zuständigen Personalsachbearbeiter* kann der Wunsch geäußert werden, die Untersuchung von einer Ärztin* oder einem Arzt* durchführen zu lassen. Nach Möglichkeit wird dieser Wunsch erfüllt.
Medizinische Diagnosen werden im Gutachten nicht genannt. Dem Personal- und Organisationsreferat wird nur mitgeteilt, ob die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Stelle vorliegt, oder ob tätigkeitsrelevante Leistungseinschränkungen (zum Beispiel: Kein Heben und Tragen über 10 kg) zu beachten sind. Das heißt, es wird ggf. aufgeführt, welche Tätigkeiten der geplanten Stelle aus gesundheitlichen Gründen nicht ausgeübt werden können oder dürfen. Bei Beamtinnen* und Beamten* muss gemäß Beamtenrecht außerdem festgestellt werden, ob sie wahrscheinlich bis zur gesetzlichen Altersgrenze dienstfähig bleiben.
Die Untersuchung selbst umfasst zunächst ein Gespräch, in dem über den aktuellen individuellen Gesundheitsstatus gesprochen wird und etwaige Vorerkrankungen mit evtl. erfolgten oder noch laufenden Behandlungenund ggf. bestehende gesundheitliche Einschränkungen erfragt werden. Basis hierfür ist jeweils ein zuvor von den zu Untersuchenden ausgefüllter Fragebogen. Dann erfolgt eine körperliche Untersuchung, die unter anderem eine Blutdruckmessung, das Abhören von Lunge und Herz, sowie Tastuntersuchungen der Bauchorgane umfasst. Dies erfordert ein Entkleiden bis auf die Unterwäsche.
Grundsätzlich unterscheidet sich diese Untersuchung nicht von einer ärztlichen Untersuchung in einem anderen Zusammenhang. Die in der Abteilung Ärztliche Gutachten tätigen Ärzt*innen sind sämtlich Fachärzt*innen mit einer langjährigen Berufserfahrung auch außerhalb des Gesundheitsreferats. Ein respektvoller Umgang mit den zu Untersuchenden ist hierbei ebenso wie medizinische Kenntnisse zu den in Rede stehenden Sachverhalten selbstverständliche Grundlage ärztlichen Handelns. Die Kolleg*innen sind sich dabei stets des Spannungsfeldes zwischen individuellen Faktoren einerseits und objektiven, gesundheitlichen Anforderungen an die geplante Tätigkeit andererseits bewusst. Bereits seit vielen Jahren werden regelhaft alle Mitarbeiter*innen der Abteilung angehalten, entsprechende Fortbildungen zu besuchen.
Für die hier tätigen Ärzt*innen wird bei der Personalgewinnung zudem neben Kommunikationsstärke insbesondere auch ein stark ausgeprägtes Einfühlungsvermögen gefordert.
Zudem nehmen sämtliche Führungskräfte an den städtischen Fortbildungen zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz teil und wirken als Multiplikator*innen im gesamten Team.
Die Abteilung Ärztliche Gutachten evaluiert im Rahmen ihres seit 2008 zertifizierten Qualitätsmanagements stets die eigenen Abläufe und Prozesse. In diesem Zusammenhang fand ein Treffen mit der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ* und der zentralen Beschwerdestelle nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (POR-4/42, ZAGG) im September statt. Thema waren insbesondere gendersensible Formulierungen im amtsärztlichen Gutachten bei trans*, inter* oder nicht-binären Personen, bei gleichzeitiger formalrechtlicher Notwendigkeit der Beachtung der Anforderungen an die entsprechend korrekten Personendaten im Gutachten. Weitere Gesprächsformate sind anvisiert.
Das Personal- und Organisationsreferat wird seinen bestehenden Fokus auf die Bewerber*innenfreundlichkeit sämtlicher Prozesse in der Personalgewinnung weiter intensivieren. Eine detaillierte Untersuchung sämtlicher Berührungspunkte – beginnend bei der Formulierung von Stellenausschrei-bungen, über die Gestaltung der Kommunikation im Bewerbungsprozess, insbesondere bei Auswahlgesprächen, bis hin zu allen Schritten, die nach der Auswahlentscheidung erfolgen – bildet die Grundlage für alle zukünftigen Maßnahmen. Konsequent werden die Prozesse auf ihre Notwendigkeit und ihre Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Bewerberinnen hin überprüft und optimiert. Die Analyse der bestehenden Prozesse und möglicher Verbesserungspotenziale erfolgt insbesondere unter Einbeziehung sämtlicher Referate und Eigenbetriebe, der Koordinierungsstelle zur Gleichstellung von LGBTIQ, des KC Vielfalts, der ZAGG sowie der Personal- und Schwerbehindertenvertretung. Gleichzeitig werden Informationsformate entwickelt, darunter zusätzliche Fortbildungsangebote, die allen Beteiligten im Prozess die erforderlichen Kompetenzen vermitteln sollen. Die Umsetzung der erarbeiteten Lösungen ist für das Jahr 2024 geplant. Im Zuge dessen wird das gesamte Bewerbungserlebnis daraufhin überprüft, ob es für alle Menschen einladend und inklusiv ist.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.