Verpflichtender Sachkundenachweis Hund
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Alexandra Gaßmann und Dr. Evelyne Menges (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 17.5.2024
Antwort Kreisverwaltungsreferentin Dr. Hanna Sammüller-Gradl:
In Ihrem Antrag fordern Sie:
„Die Landeshauptstadt München führt einen verpflichtenden Nachweis über die erforderliche Sachkunde zum privaten Halten eines Hundes für Ersthundeanmelderinnen und -anmelder ein.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Neben kontinuierlich steigenden Einwohner*innen-Zahlen hat auch die Coronapandemie dazu geführt, dass sich viele Menschen einen Hund als treuen Begleiter angeschafft haben. So waren am 31.12.2022 in München 44.363 Hunde steuerlich erfasst. Dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) obliegt als Sicherheitsbehörde und im Rahmen des Tierschutzes der Schutz von Mensch und Tier. Für ein gutes Miteinander von Haushalten mit und ohne Hunde sind Regeln sinnvoll und zuweilen unumgänglich.
Zunächst möchte ich kurz auf die im Antrag erwähnte Studie zur Nutzung öffentlich zugänglicher Freiräume in München („Mensch im Mittelpunkt“) eingehen. Diese gibt Auskunft darüber, wie Münchner*innen öffentliche Parks, Straßen, Plätze und Erholungslandschaften nutzen und was im öffentlichen Raum als störend betrachtet wird.
Die Studie ist ein Schlüsselprojekt des Konzeptgutachtens „Freiraum M 2030“. Dieses bildet die strategische Grundlage für die langfristige Freiraumentwicklung in München. In der Studie wurde das Nutzungsverhalten durch das Anlegen sogenannter Nutzer*innenprofile (z.B. Jugendliche, Berufstätig & wenig Freizeit, Senior*innen & viel Zeit, Personen mit Hund) definiert und entsprechend ausgewertet. Hundebesitzende sind einerseits die Gruppe, die den Freiraum täglich am häufigsten nutzen, andererseits werden insbesondere freilaufende Hunde für viele Freiraumnutzende als störend oder beängstigend empfunden.
Die Landeshauptstadt München hat eine Hundeverordnung erlassen, die regelt, wo, bzw. welche Hunde im Stadtgebiet München an der Leine geführt werden müssen. Zudem gibt es Bereiche, zu denen Hunde gar keinen Zutritt haben. So besteht beispielsweise auf Kinderspielplätzen eingenerelles Betretungsverbot für alle Hunde. Einen Leinenzwang für das gesamte Stadtgebiet gibt es in München dagegen nicht. Ein flächendeckender Leinenzwang wäre rechtlich auch nicht zulässig, da dies unverhältnismäßig wäre. Die Einhaltung der Münchner Hundeverordnung wird durch den Außendienst des Kreisverwaltungsreferats überwacht. Zugleich ist der Hunde-Außendienst Ansprechpartner für die Bürger*innen vor Ort und geht auch Hinweisen aus der Bevölkerung in Bezug auf gefährliche Hundehaltungen nach.
Zu Ihrem Hauptanliegen, der Einführung eines verpflichtenden Nachweises über die erforderliche Sachkunde für Ersthundeanmelder*innen, kann ich das Folgende ausführen:
Der Begriff der Sachkunde ist rechtlich nicht eindeutig definiert. Im Allgemeinen wird unter einem Sachkundenachweis verstanden, dass eine antragstellende Person einer Behörde gegenüber die für die beantragte Tätigkeit/Leistung erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nachweist.
Im Zusammenhang mit der Haltung von Hunden verstünde man unter einem Sachkundenachweis, dass Hundehaltende ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten im Umgang mit Hunden, deren Bedürfnisse und die artgerechte Haltung dem Veterinäramt nachweisen, wie dies beispielsweise bereits jetzt erforderlich ist, um eine Erlaubnis zum gewerblichen Halten von Hunden nach§ 11 Tierschutzgesetz (TierSchG) zu erhalten.
Die Sachkunde kann zum Beispiel durch die Teilnahme an Schulungen oder Fortbildungen erworben werden. Im Rahmen von Erlaubnissen nach § 11 des TierSchG entscheidet das Veterinäramt, ob die Nachweise ausreichend sind, oder ob ein zusätzliches Fachgespräch geführt werden muss.
Abgrenzend dazu gibt es zudem den sogenannten Hundeführerschein. Dieser gilt als Zertifikat für eine Gehorsamkeitsprüfung, die neben einem theoretischen Teil mindestens eine praktische Prüfung enthält. Er dient als Nachweis, dass von dem Hund keine Gefahr für andere Tiere sowie Menschen ausgeht und die*der Halter*in das Tier im alltäglichen Umgang zuverlässig unter Kontrolle hat. Im theoretischen Teil der Prüfung sind gute Kenntnisse zum Verhalten und zur Erziehung des Hundes nachzuweisen.
In Deutschland gibt es keine bundesweit einheitliche Regelung zu Sachkundenachweisen zur privaten Hundehaltung oder Hundeführerscheinen.Die Erfahrungen des Kreisverwaltungsreferates zeigen, dass oftmals ein falsches Verhalten der Halter*innen bzw. die fehlende Einflussnahme auf das Tier zu sicherheitsrechtlichen Vorfällen führen. Gut erzogene Hunde erleichtern und verbessern das Zusammenleben zwischen Mensch und Tier. Zudem dient eine sachkundige und umfassende Ausbildung der Hundehalter*innen auch der Prävention, um zum Beispiel Beißvorfälle zu verhindern.
Daher würde das KVR die Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins oder die erforderliche Vorlage eines Sachkundenachweises zum privaten Halten eines Hundes für Ersthundeanmelder*innen aus sicherheitsrechtlichen Erwägungen durchaus begrüßen. Auch könnte dies eine Eindämmung des illegalen Welpenhandels zur Folge haben, da Welpen nicht mehr spontan gekauft werden würden.
Für eine grundsätzliche verpflichtende Einführung eines Hundeführerscheins für alle Halter*innen von Hunden, bzw. eines verpflichtenden Nachweises über die erforderliche Sachkunde für Ersthundeanmelder*innen existiert in Bayern jedoch keine gesetzliche Ermächtigung.
Der Tierbeirat der Landeshauptstadt München hat sich in den letzten Jahren mehrfach mit der Thematik Hundeführerschein auseinandergesetzt und sieht den Hundeführerschein als ein geeignetes präventives Mittel an, um Vorfälle mit Hunden zu verringern. Auf Veranlassung des Tierbeirates hatte sich das KVR 2021 erneut beim zuständigen Bayerischen Innenministerium für eine Prüfung einer etwaigen Gesetzesänderung eingesetzt. Dabei sollte beispielsweise abgeklärt werden, welche Befreiungstatbestände für bestimmte Halter*innengruppen geschaffen werden könnten (z.B. langjährige*r Hundebesitzer*innen ohne Vorfälle, Urlaubsvertretung) oder ob ein Hundeführerschein nur für Neubesitzer*innen bzw. nur für bestimmte Hunde (z.B. große Hunde, Kampfhunde) gelten sollte.
Das Ministerium steht jedoch der Einführung eines Hundeführerscheins kritisch gegenüber. Mit der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 (sogenannte Kampfhundeverordnung) bestehen nach Ansicht des Ministeriums bereits praxistaugliche Regelungen zum Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren, die von besonders aggressiven Hunden oder von Kampfhunden ausgehen. So setzt die Erteilung einer Kampfhundeerlaubnis für Hunde der Kategorie 1 voraus, dass gegen die Zuverlässigkeit des Antragstellenden keine Bedenken bestehen und ein berechtigtes Interesse an der Haltung nachgewiesen werden kann. Bei Kampfhunden der Kategorie 2 wird im Rahmen desWesenstests die zur Vermeidung von Gefahren erforderliche Sachkunde des Hundehaltenden grundsätzlich überprüft.
Weiter wird ausgeführt, dass der Aufwand für die Einführung eines verpflichtenden Hundeführerscheins in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde. So wäre neben dem Aufwand, einheitliche und qualitativ ausreichend hohe Standards für die Prüfung festzulegen, zu bedenken, dass die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme und ggf. auch die Kosten angezweifelt werden können. Zudem würde die Einführung eines Hundeführerscheins deutlich mehr Bürokratie für Hundebesitzer*innen und Verwaltung bedeuten.
Auch böte ein verpflichtender Hundeführerschein letztlich keine Gewähr dafür, dass sich Hundehalter*innen an Regelungen, wie zum Beispiel Hundeverbote an Spielplätzen oder Anleinpflichten in bestimmten Bereichen, halten. Vielmehr wird das persönliche Verhalten der Hundehalter*innen, sich bewusst über Regeln hinwegzusetzen, als problematisch angesehen.
Als Kommune kann die Stadt München daher aktuell nur darauf hinwirken, dass im Wege der Eigeninitiative ein Hundeführerschein abgelegt wird. So wurde im Jahr 2014 mit der Einführung einer einmaligen Befreiung von der Zahlung der jährlichen Hundesteuer (100 Euro) ein finanzieller Anreiz und damit eine Motivation für die Münchner Tierhalter*innen geschaffen, die Prüfung zur Erlangung eines Hundeführerscheins freiwillig abzulegen. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass der Hund bislang nicht sicherheitsrechtlich auffällig geworden sein darf bzw. noch keine behördlichen Anordnungen (z.B. Leinenzwang) ergangen sind.
In der theoretischen Prüfung zu einem Hundeführerschein werden folgende Kenntnisse abgefragt:
- die Entwicklung, das Sozialverhalten (inklusive Sozialisation und Rangordnung) und rassespezifische Eigenschaften von Hunden,
- das Erkennen und das Beurteilen von Gefahrensituationen mit Hunden sowie die richtige Reaktion darauf,
- die Körpersprache von Hunden und die Bedeutung der verschiedenen Ausdrucksformen,
- das Erziehen und Ausbilden von Hunden und
- Rechtsvorschriften für den Umgang mit Hunden, insbesondere in der Öffentlichkeit.In der praktischen Prüfung muss ein sicheres Auftreten von Hundehaltenden in der Öffentlichkeit unter Anwendung der erworbenen theoretischen Kenntnisse nachgewiesen werden.
Weitere Informationen zur Befreiung von der Hundesteuer finden Sie hier: https://t1p.de/Hundesteuer.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.