Sichere Rücksicht: Hundeleinenpflicht zur Brutzeit effektiver umsetzen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 5.4.2023
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Mit Ihrem Schreiben vom 5.4.2023 haben Sie Folgendes beantragt:
„Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, eine intensivere Kontrolle der Leinenpflicht für Hunde durchzuführen, vor allem während der Vogelbrutzeit in sensiblen Gebieten. Ebenso ist die regelmäßige Instandhaltung der Beschilderung für Hundeleinenpflicht notwendig, da die Hinweisschilder häufig von Vandalismus betroffen sind. Ferner wird gebeten zu prüfen, ob der Vandalismus bei Verwendung ansprechenderer Schilder nachlässt.“
Zur Begründung haben Sie dazu Folgendes vorgetragen:
„Die Einhaltung der Hundeleinenpflicht in sensiblen Gebieten sei vor allem zur Brutzeit wichtig, um den Schutz der heimischen Vogelpopulation zu gewährleisten und die generelle Gefahr von Angriffen auf Wildtiere zu verringern. Da die Leinenpflicht-Hinweisschilder überdurchschnittlich häufig von Vandalismus betroffen seien, sollen diese regelmäßig gesäubert bzw. erneuert werden. Durch „sympathische, informative oder humorvolle“ Schilder könne zudem die Akzeptanz der Leinenpflicht bzw. der Hinweisschilder erhöht werden. Zu diesem Zweck sollen Pilotprojekte zur Gestaltung der Hinweisschilder mit unterschiedlichen Designs durchgeführt werden.“
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten und teile Ihnen auf diesem Wege Folgendes mit:
1. Anleinpflicht für Hunde
Eine Anleinpflicht für Hunde ist im Stadtgebiet nach der Satzung über die Benutzung der städtischen öffentlichen Grünanlagen (Grünanlagensatzung) in bestimmten Bereichen der öffentlichen Park- und Grünflächen vorgesehen. Diese sieht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 ein Mitführverbot für Hunde auf Spielplätzen für Kinder und Jugendliche, mit „grünen Pollern“ gekennzeichneten Spiel- und Liegewiesen, Bade- und Liegebereichen der Freibadegelände, Zieranlagen sowie Biotopflächen bzw. das Führen der Hunde an der kurzen Leine auf Wegen in diesen Bereichen und im gesamten Westpark vor. Ergänzend regelt die Verordnung der Landeshauptstadt München über das freie Umherlaufen von großen Hunden und Kampfhunden (Hundeverordnung) weitere Einschränkungen für das Freilaufenlassen von großen Hunden und Kampfhunden. Die Kontrolle und der Vollzug dieser Vorschrif-ten obliegen dem Baureferat (Grünanlagenaufsicht) beziehungsweise dem Kreisverwaltungsreferat.
Zudem besteht eine Anleinpflicht für Hunde in einigen Schutzgebieten, die sich aus naturschutzrechtlichen Verordnungen – insbesondere Naturschutzgebietsverordnungen – ergibt. Diese werden vom Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU), untere Naturschutzbehörde (uNB) vollzogen.
Da Sie die intensivere Kontrolle der Hundeleinenpflicht und die Überholung der Hinweisschilder bzw. den Einsatz ggf. neuer Schilder für alle sensiblen Gebiete fordern, haben wir das Kreisverwaltungsreferat (KVR), Abt. Allgemeine Gefahrenabwehr, und das Baureferat (BauR), Anlagenaufsicht und Naturschutzwacht, das für den Unterhalt und Betrieb der öffentlichen Parks und Grünanlagen zuständig ist, um Stellungnahme gebeten.
Das KVR teilte allgemein zur Hundeverordnung und zur Überwachung der darin geregelten Verbote folgendes mit:
„Zur Regelung des Miteinanders von Hundebesitzer*innen und anderen Bürger*innen hat die Landeshauptstadt München im Jahr 2013 auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) eine Verordnung über das freie Umherlaufen von großen Hunden und Kampfhunden (Hundeverordnung – kurz HundeV) erlassen. Hiernach müssen große Hunde (erwachsene Hunde mit einer Schulterhöhe von mindestens 50 cm; erwachsene Hunde der Rassen Schäferhund, Boxer, Dobermann und Deutsche Dogge gelten immer als große Hunde) innerhalb des Altstadtrings, in ausgewiesenen Fußgängerzonen, verkehrsberuhigten Bereichen, bei allen öffentlichen Märkten, Veranstaltungen und Versammlungen, im unmittelbaren Umgriff von Kinderspielplätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie den Bahnhöfen an einer maximal zwei Meter langen Leine geführt werden.
Weiterhin sind alle Kampfhunde, die kein gültiges Negativzeugnis vorweisen können, zu jeder Tages- und Nachtzeit im gesamten Stadtgebiet an einer maximal zwei Meter langen Leine auszuführen.
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 der Grünanlagensatzung ist es verboten, (alle) Hunde in folgenden Bereichen mitzuführen oder frei laufen zu lassen: Spielplätze für Kinder und Jugendliche, mit ‚grünen Pollern‘ gekennzeichnete Spiel- und Liegewiesen, Bade- und Liegebereiche der Freibadegelände, Zieranlagen sowie Biotopflächen; auf den Wegen in diesen Bereichen und im gesamten Westpark sind Hunde an der kurzen Leine zu führen.In seiner Sitzung am 2.5.2013 hat der Stadtrat die Einrichtung eines Kontrolldienstes im Kreisverwaltungsreferat (Hunde-Außendienst) mit zunächst zwei Stellen beschlossen. Auf Grund des nachgewiesenen Bedarfs wurde am 29.4.2015 die Einrichtung von zwei weiteren Stellen (d. h. nun insgesamt vier Stellen) genehmigt.
Neben regelmäßigen Kontrollen zur Einhaltung der Vorschriften der Hundeverordnung obliegen dem Außendienst vorrangig weitere Aufgaben, z. B. Nachgehen bei Verdacht auf Haltung eines Kampfhundes der Kategorie I oder Überwachung von Anordnungen. Natürlich achten die Mitarbeiter*innen des Außendienstes bei ihren Kontrollen zusätzlich auch auf die Einhaltung der – Hunde betreffenden – Regelungen der Grünanlagensatzung. Bei Verstößen gegen die Hundeverordnung oder die Grünanlagensatzung wird ein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. In minder schweren Fällen kann auch mündlich belehrt werden.
Grundsätzlich kontrolliert die städtische Anlagenaufsicht im Baureferat die Einhaltung der Grünanlagensatzung in den Parks und Grünanlagen in eigener Zuständigkeit.
Über diese vom Kreisverwaltungsreferat – Abteilung Sicherheit im Zusammenhang mit Tieren (KVR I/221) vollzogenen Regelungen hinaus, gibt es noch weitere, unter anderem naturschutzrechtliche, Bestimmungen, die von Hundebesitzer*innen beachtet werden müssen. Die Einhaltung dieser Regelungen wird derzeit von […] [den] Außendienstmitarbeiter*innen [des KVR] nicht kontrolliert.
Eine Kontrolle der naturschutzrechtlichen Regelungen durch die Außendienstmitarbeiter*innen von KVR I/221 wird hier aufgrund des relativ hohen Schulungsaufwandes als nicht sinnvoll gesehen. Auch dürfte die Anzahl von vier Außendienstmitarbeiter*innen nicht erheblich ins Gewicht fallen.
Stattdessen kann KVR I/221 anbieten, im Rahmen der derzeitigen Kontrollen der Hundeverordnung (und der Grünanlagensatzung) – nach entsprechender Einweisung durch die untere Naturschutzbehörde – während der Brutzeit verstärkt auf Verstöße gegen die Hundeverordnung (und Grünanlagensatzung) in den für die Vogelbrut sensiblen Bereichen zu achten. Damit könnte auch KVR I/221 im Rahmen seines Zuständigkeitsbereiches (kein Vollzug naturschutzrechtlicher Regelungen) indirekt zu einer Verbesserung des Schutzes von Vögeln während der Brutzeit beitragen.
Bezüglich der Beschilderung von Grünanlagen verweisen wir an das Baureferat – Abteilung Gartenbau (Grünanlagenaufsicht).“Das BauR verweist in seiner Stellungnahme ebenfalls auf die Regelungen der Grünanlagensatzung und teilt darin ergänzend zur Stellungnahme des KVR mit:
„Die Grünanlagenaufsicht wirkt im Rahmen der regelmäßigen Kontrollgänge auf die Einhaltung der Regeln hin. Größere Grünanlagen sind zudem an den Zugängen mit sog. Grünanlagenschildern ausgestattet, auf denen die wichtigsten Regeln der Grünanlagensatzung, auch zum Mitführen und Freilauf von Hunden, kommuniziert werden. Das Konzept hat sich über viele Jahre bewährt. Das bestehende Vorgehen ist aus Sicht des Baureferates effektiv, weshalb kein Änderungsgrund gegeben ist.“
Die uNB kann die Leinenpflicht nur in Gebieten kontrollieren und vollziehen, in denen ein entsprechendes naturschutzrechtliches Verbot für den Hundefreilauf z. B. im Rahmen einer Schutzgebietsverordnung erlassen wurde.
In den Naturschutzgebieten „Allacher Lohe“, „Schwarzhölzl“, „Panzerwiese“ und „Fröttmaninger Heide“ ist das Freilaufenlassen von Hunden ganz bzw. in Kernbereichen verboten. Einschränkungen gibt es vereinzelt auch in geschützten Landschaftsbestandteilen wie der „Langwieder Heide“.
Störungssensible Bodenbrüter wie die Feldlerche und der Kiebitz brüten jedoch häufig auf landwirtschaftlichen Flächen außerhalb von Naturschutzgebieten und städtischen Grünanlagen. Zwar besteht während der Nutzzeit auf landwirtschaftlichen Flächen ein Betretungsverbot, jedoch keine Leinenpflicht. Es gibt daher viele Bereiche im Stadtgebiet, in denen trotz des Vorkommens störungssensibler Brutvogelarten keine Kontroll- oder Vollzugsmöglichkeit seitens der LHM besteht.
Zur Überwachung der Schutzgebietsvorschriften wurde in den Naturschutzgebieten „Fröttmaninger Heide“ und „Schwarzhölzl“ eine landkreis-übergreifende ehrenamtliche Naturschutzwacht ernannt, zu deren Aufgaben auch die Überwachung der Einhaltung der Leinenpflicht gehört. Da die Naturschutzwacht in Bayern bestimmte Befugnisse zur Durchsetzung von Naturschutzvorschriften hat, darf sie bei Zuwiderhandlungen auch Personalien von Personen aufnehmen, die gegen diese Vorschriften verstoßen, und Verstöße an die zuständigen Behörden melden. Langfristiges Ziel der uNB ist es, die Naturschutzwacht auf alle Schutzgebiete im Stadtgebiet auszuweiten. Im FFH-Gebiet „Allacher Forst und Angerlohe“ und dem Naturschutzgebiet „Schwarzhölzl“ gibt es zusätzlich eine von der LHM – Referat für Klima und Umweltschutz beauftragte Gebietsbetreuung, die Hundebesitzer*innen vor Ort aufklärt und für das Thema „Störungen in der Vogelbrutzeit“ sowie für eine naturverträgliche Erholungsnutzung der Gebiete sensibilisiert. Besonders in den wichtigen Offenlandflächen des FFH-Gebiets „Allacher Forst und Angerlohe“ konnte so durch niederschwellige Kontaktaufnahme und Informationsvermittlung das Verhalten der Hundebesitzer*innen naturschutzfachlich sinnvoll und konfliktarm gelenkt und damit die Situation für Flora und Fauna auf den Flächen verbessert werden.
Auch für naturschutzfachlich hochwertige Gebiete im Westen Münchens, wie der Moosschwaige, der Langwieder Heide und Bereiche der Aubinger Lohe, wäre eine Gebietsbetreuung eine wichtige Maßnahme zur Bewusstseinsbildung über die Natur vor der eigenen Haustüre und zu einer naturverträglichen Erholungsnutzung. Bislang konnten über Ausschreibungen noch keine Interessent*innen gewonnen werden. Das RKU ist aktuell aktiv auf der Suche nach geeigneten Personen zur Abdeckung der Gebiete, um auch hier mittel- und langfristig Themen wie Störungen in der Vogelbrutzeit durch Hunde zielgruppenorientiert und lebensweltnah aufgreifen und die Biodiversität vor Ort damit stärken zu können.
Im FFH-Gebiet „Heideflächen und Lohwälder nördlich von München“, das die Naturschutzgebiete „Panzerwiese“ und „Fröttmaninger Heide“ umfasst, besteht eine an den Heideflächenverein angebundene Gebietsbetreuung mit einem umfassenden Umweltbildungsangebot.
2. Hinweisschilder
Die amtlichen Schutzgebietsschilder (grünes Dreiecksschild mit Adler) an den Schutzgebietseingängen wurden an vielen Stellen durch Hinweis- bzw. Gebotstafeln ergänzt. Diese stellen in Form von Piktogrammen vereinfacht Verhaltensregeln dar, die sich aus den Schutzvorschriften ergeben, zum Beispiel einen „Hund an grüner Leine“, um auf die Leinenpflicht zu verweisen. Die Tafeln orientieren sich in ihrem Layout an den Vorgaben des Bayerischen Landesamts für Umwelt und wurden mit dem Direktorium abgestimmt. Im Bereich der „Langwieder Heide“ wird zudem zur Standardbeschilderung noch ein Zusatzschild an den wichtigsten Wegen angebracht, das speziell auf die Feldlerche eingeht.
Eine Reinigung der Schilder und Erneuerung erfolgt i. d. R. nach Bedarf. Der größte Vandalismus erfolgt im Bereich des Naturschutzgebietes „Allacher Lohe“, dieser ist so hoch, dass eine tägliche Reinigung erforderlichwäre. Der Vandalismus ist vermutlich nicht dem Design des Schildes geschuldet, sondern der Tatsache der dort geltenden Leinenpflicht.
Perspektivisch sind im Rahmen der Gebietsbetreuung der LHM auch Infotafeln als Ergänzung der klassischen Schutzgebietsbeschilderung in mehreren Schutzgebieten angedacht. Diese sollen ohne erhobenen Zeigefinger für die Natur und Arten in den Gebieten sensibilisieren und – wo dies als erforderlich erachtet wird – auch das Thema Hunde und Freilauf aufgreifen. Da für die Vollziehbarkeit einer Leinenpflicht entsprechende Verordnungsinhalte maßgeblich sind, wird bei der künftigen Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten bzw. geschützten Landschaftsbestandteilen und der Novellierung bestehender Schutzgebietsverordnungen ein besonderes Augenmerk auf Regelungen zum Schutz sensibler (Brutvogel-)Arten gelegt werden.
3. Ergebnis
Bereiche, in denen eine Leinenpflicht gilt, werden von der Grünanlagenaufsicht, dem KVR I/221, der Naturschutzwacht oder der Gebietsbetreuung beaufsichtigt.
Die uNB informiert die Außendienstmitarbeiter*innen des KVR I/221 über Biotoptypen in städtischen Grünanlagen, auf die bei Kontrollen in der Vogelbrutzeit besonders geachtet werden soll.
In den Naturschutzgebieten mit Leinenpflicht ist eine Gebietsbetreuung sowie die Naturschutzwacht tätig. Eine Ausweitung der Gebietsbetreuung und eine ergänzende Beschilderung mit Infotafeln sind bereits vorgesehen. Somit sind die Schutzgebiete perspektivisch gut abgedeckt. Eine personelle Anwesenheit vor Ort ersetzt keine rechtlichen Grundlagen, daher werden Regelungen zur Hundeleinenpflicht in sensiblen Bereichen sowohl bei der Erstellung von Besucherlenkungskonzepten berücksichtigt als auch bei der künftigen Neuausweisung von Schutzgebieten und der Novellierung von Verordnungen geprüft.
Dem Antrag wird daher im Rahmen der Möglichkeiten entsprochen.
Darüber hinaus wird eine Notwendigkeit, die bisherige Praxis zur Kontrolle der Hundeleinenpflicht bzw. zur Beschilderung in den städtischen Grünanlagen und öffentlichen Parks zu ändern, nicht gesehen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.