Finanzielle Nachteile der Arbeit im Hebammenkreißsaal ausgleichen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Andreas Babor, Michael Dzeba, Alexandra Gaßmann, Ulrike Grimm, Winfried Kaum, Hans-Peter Mehling und Manuel Pretzl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 6.7.2023
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Mit Ihrem Antrag wird die Landeshauptstadt München (LHM) aufgefordert, zunächst zu prüfen und dann ein passendes Konzept zu erarbeiten, wie Verdienstausfälle von Hebammen, die im Hebammenkreißsaal arbeiten und dadurch vergleichsweise weniger verdienen, durch die LHM – vollständig oder auch anteilig – ausgeglichen werden können.
In der Begründung Ihres Antrags weisen Sie darauf hin, dass in München im Jahr 2023 der erste Hebammenkreißsaal in der Rotkreuzklinikum München gGmbH eröffnet worden sei. Seit Herbst 2023 würden Geburten im dortigen Hebammenkreißsaal durchgeführt. Dadurch würde die medizinische Versorgungslandschaft durch ein interventionsarmes geburtshilfliches Angebot im klinischen Setting erweitert. Laut aktueller Presseberichterstattung habe die Einrichtung für die dort arbeitenden Hebammen finanziell aber eine erhebliche Verschlechterung bedeutet.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt erlaube ich mir, Ihren Antrag vom 6.7.2023 als Brief zu beantworten, und teile Ihnen nach Einbindung der Gleichstellungsstelle für Frauen und der Rotkreuzklinikum gGmbH auf diesem Wege Folgendes mit:
Das Konzept des Hebammenkreißsaals ist ein von Hebammen geleitetes geburtshilfliches Betreuungsmodell im klinischen Setting, in dem Hebammen gesunde Frauen in der Schwangerschaft, während und nach der Geburt sowie im frühen Wochenbett betreuen (Verbund Hebammenforschung, 2019). Ein wesentliches Merkmal ist eine 1:1-Betreuung durch eine Hebamme. Die Hebammen arbeiten selbstständig und eigenverantwortlich innerhalb der geburtshilflichen Abteilung.
Das Gesundheitsreferat (GSR) der LHM begrüßt die Eröffnung eines Hebammenkreißsaals in der Rotkreuzklinikum München gGmbH und das damit gewonnene geburtshilfliche Versorgungsmodell. Die Angebotslandschaft für Münchner Frauen, die eine interventionsarme Geburtshilfe im klinischen Setting anstreben, wird dadurch ausgeweitet.
Im Koalitionsvertrag 2021 der Bundesregierung wurde festgelegt, einen Reformwandel in der Geburtshilfe herbeizuführen. Im Sinne des NationalenGesundheitsziels „Gesundheit rund um die Geburt“ und der S3 Leitlinie „Vaginale Geburt am Termin“ soll eine physiologische, interventionsarme und frauenzentrierte Geburtshilfe zukünftig finanziert und umgesetzt werden. Vom Bund wurden über den Bundeszuschuss Geburtshilfe deutschlandweit 120 Millionen Euro in den Jahren 2023 und 2024 zur Verfügung gestellt. Die Mittel werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt, sodass für die Geburtshilfestationen in Bayern jährlich rund 18,76 Millionen Euro zur Verfügung stehen (§5 Abs.2b und 2c KHEntgG).
Neben dem Bundeszuschuss Geburtshilfe wird die Rotkreuzklinikum München gGmbH mit Mitteln des Freistaats Bayern auf Basis der „Richtlinie zur Förderung der Geburtshilfe in Bayern (GebHilfR)“ unterstützt. Das GSR ist für die Umsetzung der GebHilfR in München zuständig. Die Rotkreuzklinikum gGmbH hat seit 2018 jedes Jahr Fördergelder erhalten. Die LHM beteiligt sich mit 10% an der Gesamtfördersumme.
Das GSR hat im August 2023 mit den Verantwortlichen der Rotkreuzklinikum gGmbH den Antrag auf Fördermittel auf Basis der GebHilfR für das Förderjahr 2024 abgestimmt. Die Rotkreuzklinikum gGmbH verzichtete allerdings auf die Beantragung eines finanziellen Ausgleichs, der die Nachteile der Arbeit im Hebammenkreißsaal ausgleichen würde.
Laut den betroffenen Hebammen würden stattdessen die Vertragsverhandlungen zwischen dem GKV-Spitzenverband (Spitzenverband Bund
der Krankenkassen) und den Hebammenverbänden abgewartet. In diesen Verhandlungen soll geprüft werden, ob eine entsprechende Vergütungsposition „Hebammengeleitete Geburt in der Klinik“ eingeführt wird. Falls der im Koalitionsvertrag genannte Reformwandel in der Geburtshilfe vollzogen wird, sollte sich auch dieser auf die Gebührenpositionen für Dienst-Beleghebammen zugunsten der 1:1-Betreuung auswirken.
Falls die geplante Honorierung nicht in den neuen Hebammenhilfevertrag nach §134 a SGB V aufgenommen wird, wäre eine entsprechende Antragstellung für dieses Konzept im Rahmen der GebHilfR seitens der Rotkreuzklinikum gGmbH zum Förderjahr 2025 möglich. Die Entscheidung, ob ein solches Konzept auf Basis der GebHilfR förderfähig ist, trifft die Regierung von Oberfranken als Bewilligungsbehörde des Freistaats Bayern. Das GSR wird im Bedarfsfall rechtzeitig in Vorgespräche mit der Regierung von Oberfranken einsteigen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.