Sommerstraßen, Parklets und Schanigärten – wie wird evaluiert und welchen Einfluss hat die Meinung der Anwohnerinnen und Anwohner?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Hans Hammer, Hans-Peter Mehling und Veronika Mirlach (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 12.10.2023
Antwort Mobilitätsreferent Georg Dunkel:
Mit Schreiben vom 12.10.2023 haben Sie gemäß § 68 GeschO eine Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die ich in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister wie folgt beantworte:
In Ihrer Anfrage führen sie folgenden Sachverhalt aus:
„Sommerstraßen, Parklets und Schanigärten können das Stadtbild bereichern, für Aufenthaltsqualität sorgen und soziale Kontakte ermöglichen. Gleichzeitig kann die temporäre oder dauerhafte Umwidmung von öffentlichen Flächen auch für neue Nutzungskonflikte und Belastungen durch Lärm und Müll sorgen.“
Im Rahmen der Beantwortung wurde das Kreisverwaltungsreferat (KVR) als Genehmigungsbehörde für Parklets und Schanigärten um Stellungnahme gebeten.
Abgrenzung Sommerstraßen und MCube aqt
Vorab ist zur Abgrenzung festzuhalten, dass es sich bei den diesjährigen Projekten in der Kolumbus- und Landlstraße um keine Sommerstraßen im Sinne der bisherigen Stadtratsbeschlüsse (siehe Sitzungsvorlagen-Nrn. Nr. 20-26/V 00438 und 20-26/V 05706) handelt. Bei diesen Projekten handelte es sich um einzelne Forschungsprojekte, mit denen denkbare künftige Umgestaltungen des Straßenraums und die dazugehörigen Prozesse an örtlich begrenzten einzelnen Straßen bzw. Straßenabschnitten untersucht werden sollten. Eine wissenschaftliche Evaluation der Interventionen in der Kolumbus- und Landlstraße erfolgte u.a. durch die gezielte Befragung der Anwohnenden sowohl während als auch nach den temporären Umgestaltungsmaßnahmen. Ferner wird auf den Beschluss des Verwaltungs- und Personalausschusses als Feriensenat vom 9.8.2023 (Sitzungsvorlagen-Nr. 20-26/V 10672) verwiesen, welcher den Stadtrats-Antrag aus Ihrer Fraktion zum Thema „Befragung der Anwohner Kolumbus- und Landlstraße über die Sperrung“ geschäftsordnungsgemäß behandelt.
Im Einzelnen richten Sie folgende Fragen an den Oberbürgermeister:
Frage 1:
Werden die Erfahrungen der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Gewerbetreibenden standardisiert (qualitativ und quantitativ) erhoben?
Antwort: Parklets (MOR):
Sowohl ein erster Testlauf im Jahr 2020 als auch in den ersten beiden Jahren der Umsetzung von Parklets wurden die Erfahrungen ausgewertet, um Einschätzungen treffen zu können, ob diese Art der Sondernutzung dauerhaft verankert werden soll und welche Anpassungen ggf. noch vorzunehmen sind. Die Evaluierung erfolgte dabei auf verschiedenen Ebenen. Zum einen gab es für die Anwohner*innen, Passant*innen und ansässigen Gewerbetreibende die Möglichkeit, Rückmeldungen in Form von Feedback-Postkarten in den an den Parklets angebrachten Briefkästen zu hinterlassen. Zum anderen wurde im Rahmen einer Online-Veranstaltung gemeinsam mit den Parkletbauer*innen über das Projekt sowie dessen Prozess und Durchführung reflektiert. Es zeichnete sich im Rahmen der Auswertungen schnell ab, dass die Interventionen gut von der Bürgerschaft angenommen werden, so dass letztendlich eine Verstetigung in der stadtweiten Sondernutzungsrichtline erfolgte. Wie bei den zahlreichen anderen Sondernutzungen im Tagesgeschäft wird seit der Aufnahme dieser Regelungen in die Sondernutzungsrichtlinie von weiteren gezielten Evaluationen abgesehen. Die eingehenden Bürgeranfragen werden jedoch durch die Verwaltung laufend bewertet. Eingehende Beschwerden beziehen sich hierbei auf konkrete Einzelfälle. Im Falle von etwaig auffallenden generellen Problemen aufgrund der Beschwerdelage wird dies selbstverständlich berücksichtigt und ggf. Anpassungen in der Verwaltungspraxis vorgenommen.
Sommerstraßen (MOR):
Durch das Mobilitätsreferat werden während der Projektlaufzeit in allen Sommerstraßen an mehreren Terminen Dialogstände vor Ort in der jeweiligen Sommerstraße aufgebaut, um Erkenntnisse zu dem Nutzungsverhalten bzw. Meinungsbilder sowohl von den ansässigen Bürger*innen sowie Gewerbetreibenden als auch Passant*innen zu sammeln. Um möglichst viele Personen zu erreichen, können die Anliegen sowohl digital als auch analog oder mündlich an das Dialogteam herangetragen werden. Neben einer Stimmungswand zum Hinterlassen von Anliegen und Hinweisen, erfolgte das Einholen des Feedbacks durch eine standardisierte Umfrage mit zehn Fragen, welche über einen QR-Code auf die Website http://www.muenchenunterwegs.de jederzeit während der gesamten Projektlaufzeit und somit auch unabhängig von den jeweiligen Dialogstand-Terminen abrufbarwar. Mit Hilfe der genannten Mitwirkungsmöglichkeiten können die verschiedenen Nutzergruppen angesprochen werden, was die Grundlage für die spätere Auswertung bildet und somit eine Reflexion sowie Beurteilung des Sommerstraßen-Projekts in den konkreten Straßenräumen ermöglicht. Die Abschlussberichte der Sommerstraßen inklusive einer detaillierten Aufstellung der Evaluationsmethodik sind hier abrufbar: https://muenchenunterwegs.de/sommerstrassen/rueckblick
Ergänzung Parklets und Schanigärten (KVR):
Das KVR teilte hierzu darüber hinaus mit, dass die Beschwerdelage eher geringfügig ist. Eine Erhebung der Erfahrungen der Anwohner*innen betreffend Parklets und Schanigärten erfolgt jedoch nicht von Seiten des KVRs.
Frage 2:
Falls ja, wie werden Parklets, Schanigärten und Sommerstraßen, idealerweise differenziert nach Lage (Altstadt, Innenstadt, Stadtrand bzw. anhand weiterer geeigneter Kriterien), von oben genannten Gruppen angenommen?
Antwort:
Für Parklets und Schanigärten kann die Frage mangels gezielter Evaluation nicht beantwortet werden (siehe oben Frage 1).
Sommerstraßen (MOR):
Die Sommerstraßen werden vorwiegend positiv von allen Zielgruppen aufgenommen. Gerade Kinder und Eltern zeigten sich dankbar für Sommerstraßen in sensiblen Gebieten wie in der Nähe von Schulen, Kindertagesstätten oder Jugendzentren. Für Gewerbetreibende ist es wichtig, dass der zeitweise Stellplatzentfall für die Anlieferung in Form von Kurzpark- oder Lieferzonen angemessen kompensiert wird.
Wie eine Sommerstraße bei den unterschiedlichen Nutzungsgruppen ankommt, ist neben den Gegebenheiten vor Ort auch von dem im Vorhinein gesetzten Fokus, der mit Umsetzung der Sommerstraße verfolgt werden soll, abhängig. So wird in einer stark frequentierten Durchgangsstraße mit der temporären Umgestaltung häufig mehr Verkehrsberuhigung gewünscht. In Bereichen mit großer Entfernung zur nächsten Grünfläche wird vor allem die zusätzliche Begrünung durch die aufgestellten Pflanzgefäße begrüßt oder in einem Abschnitt, indem vor allem der ruhende Verkehr dominiert, ist eine zeitweise Neuaufteilung der Straßenfläche und der damit verbundenen Schaffung von mehr Aufenthaltsräumen zugunsten des Fuß- und Radverkehrs gefragt. Die Abschlussberichte der Sommerstraßeninklusive einer Gesamtbewertung aller Straßen sowie einer detaillierten Aufschlüsselung der einzelnen Straßenräume sind hier abrufbar: https:// muenchenunterwegs.de/sommerstrassen/rueckblick:
Frage 3:
Falls nein, warum nicht?
Antwort: Parklets und Schanigärten (KVR):
„Eine Erhebung von Erfahrungen wird nicht durchgeführt, da die Sondernutzungserlaubnis nach Prüfung durch die zu beteiligenden Fachdienststellen und nach einem Beschluss des zuständigen Bezirksausschusses auf Grundlage der städtischen Sondernutzungsrichtlinien erteilt werden.“
Für Sommerstraßen ist die Frage nicht einschlägig.
Frage 4:
Lassen sich generalisierbare Rückschlüsse auf geeignete und weniger geeignete Standorte ziehen oder sind nur Aussagen für den jeweiligen Einzelfall möglich?
Antwort: Parklets und Schanigärten (KVR):
„Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wird die ‚Geeignetheit‘ dahingehend geprüft, ob das Parklet oder der Schanigarten nach den SoNuRL (Sondernutzungsrichtlinien) genehmigungsfähig ist. Bei Beschwerden wird die Bezirksinspektion tätig, um unrechtmäßige Zustände abzustellen.“
Ergänzung bzgl. Parklets (MOR):
Die optische Wirkung der Parklets im Straßenraum ist sehr wichtig. So verlieren Parklets beispielsweise in der Nähe von Baustellen an Ausstrahlungskraft und Nutzbarkeit. In verdichteten Quartieren kann die Realisierung in Zusammenhang mit bestimmten (gewerblichen) Erdgeschossnutzungen jedoch positive Synergieeffekte bewirken. Grundsätzlich hat sich herausgestellt, dass Parklets, die insbesondere dem Aufenthalt dienen, nicht in der Nähe von etablierten „Partyzonen“ errichtet werden sollten, um evtl. bestehende Lärmproblematiken nicht weiter zu verstärken. An solchen Orten eignen sich jedoch insbesondere Parklets mit dem Fokus auf Begrünung und Mobilität. Die Standortgeeignetheit eines Parklets ist stets vom Einzelfall abhängig und kann daher nicht anhand von standardisierten Auswertungen abgeleitet werden.
Sommerstraßen (MOR):
Anhand der bisherigen Auswertungen zeigte sich, dass es geeignetere und weniger geeignete Straßenabschnitte für die Umsetzung als Sommerstra-ßen gibt. Daher wird bei der Auswahl der Sommerstraßen ein besonderes Augenmerk auf verschiedene Faktoren (Verkehrsaufkommen, Begrünung, Freiraum etc.) gelegt. Unabhängig von Fragen des Standorts wurde beobachtet, dass eine aktive Bewohnerschaft und Engagement des örtlichen Bezirksausschusses Garanten für erfolgreiche Sommerstraßen sind. Das Konzept der Sommerstraße sieht eine punktuelle Aktivierung etwa durch ein Eröffnungsfest oder Spielaktionen vor, was in der kommenden Saison verstärkt werden soll. Eine regelmäßige Nutzung ist aber abhängig von der Schwerpunktsetzung der Straße (Aufenthalt oder Begrünung) und den jeweiligen Nachbarschaften.
Frage 5:
Welchen Einfluss haben Evaluation und Rückmeldung auf die Genehmigungspraxis?Werden als wenig geeignet evaluierte Standorte von künftigen Nutzungen ausgeschlossen?
Antwort: Parklets und Schanigärten (KVR):
„Eine Evaluation erfolgt nicht. Die Bezirksinspektionen haben keine Kenntnis davon, ob ein Parklet von den Anwohner*innen auch angenommen und genutzt wird. Bei Schanigärten kann man sagen, dass diese in der Regel sehr gut angenommen und genutzt werden, dies ist aber auch allgemein bekannt.“
Darüber hinaus wird auf die Antworten zu Fragen 1 - 4 verwiesen.
Sommerstraßen (MOR):
Die Evaluation wird weiterhin durchgeführt, um Rückschlüsse für kommende Sommerstraßen sowohl für die Bezirksausschüsse als auch für das Mobilitätsreferat zu ziehen. Die Erfahrungen fließen insoweit laufend in die kommenden Sommerstraßen-Projekte ein. Aufgrund eingehender Rückmeldungen von Bewohner*innen werden außerdem schon während der laufenden Projektzeit Maßnahmen ergriffen, um evtl. entstandene Beeinträchtigungen zu korrigieren oder Probleme zu beheben (Versetzung Pflanztröge, Ergänzung Mobiliar/Beschilderung, Reinigung Straßenraum, Aufstellen von Müllbehältern etc.).
Insgesamt hat sich aufgrund der zum Teil erhöhten Nutzungsintensität gezeigt, dass insbesondere im innerstädtischen Bereich ein höherer Bedarfan gut nutzbaren Flächen für Sommerstraßen und Parklets in München besteht.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit geschäftsordnungsgemäß erledigt ist.