Das Münchner Erfolgsmodell kita finder+ stetig weiterentwickeln
Antrag Stadtrats-Mitglieder Barbara Likus, Cumali Naz, Lena Odell, Felix Sproll, Julia Schönfeld-Knor (SPD/Volt-Fraktion) und Dr. Hannah Gerstenkorn, Nimet Gökmenoglu, Marion Lüttig, Clara Nitsche, Sebastian Weisenburger (Fraktion Die Grünen – Rosa Liste) vom 4.1.2022
Antwort Stadtschulrat Florian Kraus:
Sie beantragten Folgendes:
„Das Referat für Bildung und Sport wird gebeten, die Erfolgsbilanz der neuesten Änderungen (v. a. Möglichkeit der Wahl einer Kita mit Priorität 1) am kita finder+ darzustellen und insbesondere aufzuzeigen, wo weitere Entwicklungen möglich sind. Hierbei ist die besondere Situation von Alleinerziehenden zu berücksichtigen. Ziel ist es, die Vergabe stetig zu beschleunigen, zu vereinfachen und insbesondere möglichst vielen Familien eine zu ihnen passende Kita zu vermitteln. Außerdem wird gebeten, dass die schriftliche Kommunikation über verschiedene Etappen des Vergabeprozesses kritisch überprüft wird. Diese hat in der Vergangenheit bei einigen Eltern zu Beunruhigung geführt, weil der Eindruck eines schon so gut wie abgeschlossenen Vergabeprozesses entstanden ist.“
Für den hohen Zeitbedarf bei der Prüfung und Beantwortung Ihres Antrages bitte ich um Verständnis und Entschuldigung.
Zu Ihrem Antrag teile ich Ihnen, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Folgendes mit:
Das Referat für Bildung und Sport nimmt erfreut zur Kenntnis, dass der kita finder+ als Erfolgsmodell bezeichnet wird.
Zur weiteren thematischen Auseinandersetzung mit Ihrem Antrag ist es erforderlich, den kita finder+ als IT-technische Anwendung, mit der Eltern wie Einrichtungen/Träger gleichermaßen arbeiten, von den rechtlichen Grundlagen der Platzvergabe zu unterscheiden.
Der zum 1.11.2015 eingeführte und seither stetig weiterentwickelte, insbesondere auch für mobile Geräte optimierte kita finder+ stellt ein Hilfsmittel dar, um den Eltern den Zugang zur Anmeldung ihres Kindes für einen Betreuungsplatz wesentlich zu erleichtern und daneben auch den Einrichtungsleitungen technische Unterstützung bei der Platzvergabe zu bieten. Als besonderer Gewinn ist zu verzeichnen, dass der kita finder+ träger-übergreifend angelegt ist, somit ein Großteil der in München angebotenenBetreuungsplätze in ein und demselben System abgebildet werden kann und so die Eltern über einen fast vollständigen Gesamtüberblick über das Betreuungsangebot verfügen.
Jedoch ist der kita finder+ keineswegs ein vollständiges Platzvergabesystem und kann – als rein IT-technisches System – nicht alleine die von den Eltern eingeforderte Gerechtigkeit bei der Platzvergabe schaffen. Die Angebote der Kindertagesbetreuung in München sind auf eine Vielzahl von Träger verteilt. Die städtischen Kindertageseinrichtungen sowie die Einrichtungen mit Trägerschaftsüberlassungsvertrag wenden die Vorgaben der städtischen Kindertageseinrichtungssatzung an. Diese Satzung, nicht der kita finder+, ist die Grundlage für die Vergabeentscheidungen durch die Einrichtungsleitungen. Andere Träger haben ihre eigenen Kriterien festgelegt, wie vorzugehen ist, wenn an einer Einrichtung mehr Anmeldungen als verfügbare Plätze vorhanden sind. Die vom kita finder+ aufgenommenen Daten liefern den Leitungen die Informationen, die sie benötigen, um die Plätze entsprechend den jeweils für sie geltenden Regeln vergeben zu können.
Durch die Bereitstellung der Anmeldedaten durch den kita finder+ wird die Vergabe der Plätze für die jeweiligen Einrichtungsleitungen erleichtert und auch die Eingabe der Daten online bringt für Münchner Eltern einen gro-ßen Zugewinn, da sie längst nicht mehr, wie früher, zu jeder gewünschten Kindertageseinrichtung persönlich gehen müssen, um dort Ihre Anmeldedaten aufnehmen zu lassen.
Da der kita finder+ den Eltern, die ihr Kind selbständig mit seiner Hilfe anmelden, ein sogenanntes Elternkonto bietet, ist es für die Eltern möglich, auch noch nachträglich ihre Daten selbst zu korrigieren bzw. zu aktualisieren, zu überprüfen, an welchen Einrichtungen sie ihr Kind angemeldet haben, und ggf. weitere Anmeldungen zu tätigen. Damit bietet das Elternkonto den Eltern ein vor Einführung des kita finders+ nicht mögliches Maß an Transparenz und Selbständigkeit.
Außerdem wurden die Nachrichten, die die Eltern während der Platzvergabe zu drei verschiedenen Zeitpunkten in ihr Elternportal geschickt bekommen, sprachlich vereinfacht und verkürzt. Dies wurde bereits zur letzten Vergabe zum Kindertageseinrichtungsjahr 2022/2023 umgesetzt.
Hinsichtlich der Platzvergabekriterien können sich die Ausführungen des Referats für Bildung und Sport im vorliegenden Antwortschreiben nur auf die städtischen Einrichtungen und die Einrichtungen mit Trägerschafts-überlassungsvertrag beziehen, da nur diese Einrichtungen die städtische Kindertageseinrichtungssatzung bzw. die städtische Tagesheimsatzungmit ihren Regelungen zur Platzvergabe anwenden. Andere Träger haben hingegen im Rahmen ihrer Trägerautonomie ihre eigenen Regelungen zur Platzvergabe, die zu beeinflussen dem Referat für Bildung und Sport nicht zusteht. Ein Nebeneinander unterschiedlicher Vergabekriterien innerhalb einer vielfältigen Trägerlandschaft ist sogar zu begrüßen, weil auf diese Weise vielfältige Ansätze und Prioritäten in derselben Stadt parallel bestehen können.
Um die Platzvergabe insgesamt weiter zu beschleunigen und den individuellen Wünschen der Familien noch besser gerecht zu werden, wird aktuell in enger Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München ein Algorithmus für die Vergabe konzipiert, der unter Beachtung der beim jeweiligen Träger geltenden Vergabekriterien (z.B. aus der städtischen Kindertageseinrichtungssatzung) und angegebener Wunscheinrichtung der Familie die besten „Matching-Ergebnisse“ errechnet und diese dann der jeweiligen Einrichtungsleitung vorschlägt. Als Vorstufe dazu sollen für die Anmeldung und Platzvergabe zum kommenden Kindertageseinrich-
tungsjahr 2024/2025 weitere Priorisierungsmöglichkeiten von Wunscheinrichtungen durch die Eltern eingeführt werden. Schon die Einführung der Nennung einer Wunscheinrichtung durch die Eltern hat die Vergabe ab dem Jahr 2021 deutlich beschleunigt, was auch darauf zurückzuführen ist, dass viele andere, nicht satzungsgebundene Träger ebenfalls an der neuen Priorisierung teilgenommen haben. Die Einführung eines Algorithmus würde auch die Attraktivität der Teilnahme am kita finder+ für andere Träger weiter erhöhen, da dadurch Ressourcen, die durch die Platzvergabe bei den Einrichtungsleitungen gebunden werden, teilweise frei werden könnten. Der Einsatz eines mathematischen Algorithmus wird aber auch eine Aktualisierung der städtischen Kindertageseinrichtungssatzung erfordern, so dass insoweit eine Beschlussvorlage zur Einbringung in den Stadtrat zu gegebener Zeit geplant ist.
Ihr Stadtratsantrag enthält explizit auch den Vorschlag, die besondere Situation von Alleinerziehenden zu berücksichtigen.
Die Regelungen der aktuell gültigen städtischen Satzungen stellen bei der Platzvergabe auf den Betreuungsbedarf des Kindes in der jeweils konkret ausgewählten Einrichtung ab. Ein in der Praxis sehr wichtiges Kriterium bei der Platzvergabe ist die Berufstätigkeit der Eltern. Berufstätigkeit führt zur Zuerkennung von Dringlichkeitsstufe A, wobei aber zu berücksichtigen ist, dass noch vor den Dringlichkeitsstufen die in der Satzung definierten Rangstufen vergaberelevant sind. Es wäre also unzutreffend, allein auf den Umfang der Berufstätigkeit der Eltern abzustellen.Diese Feststellung ist gerade auch im Hinblick auf die vielfach erhobene Forderung nach einer bevorzugten Berücksichtigung von Alleinerziehenden bei der Platzvergabe relevant, denn auch wenn die Dringlichkeit des Betreuungsbedarfs sich maßgeblich aus den Lebensumständen der Eltern speist, so fokussiert doch die Satzung vom Grundgedanken her vorrangig auf das Kind und seine Bedürfnisse, nicht auf die Eltern.
Aktuell wird jedoch an einer Änderung der Kindertageseinrichtungssatzung gearbeitet, die für alle Beteiligten transparenter und einfacher sein soll und die verschiedenen Familiensituationen von z.B. Alleinerziehenden, Familien mit Behinderung des Kindes oder eines Elternteiles oder Familien mit zu pflegenden Angehörigen usw. besser abbildet. Eine Umsetzung der neuen Kindertageseinrichtungssatzung ist für die Platzvergabe im März 2025 für das Kindertageseinrichtungsjahr 2025/26 geplant. Dazu wird dem Stadtrat voraussichtlich im Jahr 2024 eine Beschlussvorlage zur Entscheidung vorgelegt. In diese Überarbeitung sind von Anfang an Vertreter*innen der Gemeinsamen Elternbeiräte fest mit eingebunden, damit die Elternsicht berücksichtigt und angemessen stark gewichtet werden kann.
Da eine Satzungsänderung mit Wirkung bereits zum Kindertageseinrichtungsjahr 2023/2024, die sich dann schon auf die Platzvergabe im März 2024 auswirken würde, infolge der umfangreichen noch zu leistenden inhaltlichen Klärungen und Abstimmungen sowie der formal erforderlichen Vorlaufzeiten nicht mehr möglich ist, wird parallel an einer Lösung gearbeitet, bereits im März 2024 im Rahmen der dann noch geltenden „alten“ Platzvergaberegelungen die spezifischen Belange Alleinerziehender für die Platzvergabe für 2024/2025 noch besser berücksichtigen zu können.
Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass die Landeshauptstadt München ohnehin verpflichtet ist und sich dieser Verpflichtung aktiv stellt, im Rahmen des bestehenden Rechtsanspruchs jedem angemeldeten Kind einen passenden Betreuungsplatz nachzuweisen. Die KITA-Elternberatungsstelle berät und unterstützt darüber hinaus – auch jenseits der Geltendmachung des Rechtsanspruchs – gerne bei der Suche nach einem Betreuungsplatz. Die dort in der Beratung Tätigen sind auch im Hinblick auf die Situation Alleinerziehender geschult und sensibilisiert.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.