Rattengift am Justizpalast und im Alten Botanischen Garten – Besteht eine Gefahr für Kinder und Wildtiere?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Dirk Höpner, Nicola Holtmann und Tobias Ruff (Fraktion ÖDP/München-Liste) vom 30.1.2024
Antwort Gesundheitsreferentin Beatrix Zurek:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Tierschützer*innen haben am Samstag, den 20.1.24 und am Sonntag, den 21.1.24 frei zugängliche Köder aus Giftköderboxen am Justizpalast (Prielmayerstraße 7) und im Alten Botanischen Garten gefunden. Die Giftköder sind für Kinder, Hunde und Wildtiere frei zugänglich, da sie nicht richtig verschlossen waren. Der Köder selbst ist in einem grellen Pink-Ton eingefärbt, weswegen auch kleine Kinder auf ihn aufmerksam werden könnten. Die Tierschützer*innen haben beobachtet, wie eine Krähe das Gift aufgenommen hat. Es wurden auch bereits tote Krähen aufgefunden. Schon Anfang Januar wurden mehrere tote Vögel in der Nähe der Köderboxen aufgefunden. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR), das Veterinäramt und das Gesundheitsreferat wurden informiert. Die Tierschützer*innen haben die Köder vorsorglich entfernt.
Am vergangenen Wochenende wurde nun jedoch wieder am Justizpalast eine offene Giftköderbox sowie eine Krähe, die eben dort an/in der Köderbox pickte und vermutlich dabei auch Gift aufnahm, gefunden. Appelle der Tierschützer*innen schnellstens dafür Sorge zu tragen, dass diese Köderboxen, die eine tödliche Gefahr für alle Wildtiere und die Allgemeinheit darstellen, entfernt oder so präpariert werden, dass keine Tierarten, deren Vergiftung verboten ist, an das Gift herankommen können, führten bisher noch zu keinem Erfolg.“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet.
Die einzelnen Punkte Ihrer Anfrage kann ich wie folgt beantworten:
Frage 1:
Wurden die Giftköder-Anbieter (Namen sind der Fraktion und der Verwaltung bekannt) nach der ersten Meldung der unsachgemäßen Ausbringung von Rattengift seitens der Verwaltung kontaktiert? Wenn ja, was war die Rückmeldung zu den Vorwürfen?
Antwort:
Die in der Meldung unter Bezug genommenen Schädlingsbekämpfungsunternehmen wurden unmittelbar nach der entsprechenden Mitteilung informiert. Es erfolgte die Rückmeldung, dass die beanstandete Situation bereits bekannt war und behoben sei. Dies konnte anschließend auch durch eigene Überprüfungen der Hygienekontrolleure des Gesundheitsreferats bestätigt werden.
Frage 2:
Ist sichergestellt, dass aktuell stadtweit keine weiteren offenen Köder aufgestellt sind?
Antwort:
Vom Gesundheitsreferat veranlasste Rattenbekämpfungsmaßnahmen erfolgen ausschließlich durch professionelle Fachfirmen, die sicherstellen, dass Köder nur in für die Bekämpfung zugelassenen handelsüblichen, geschlossenen und für andere Lebewesen unzugänglichen Köderschienen oder Boxen ausgelegt werden.
Frage 3:
Wie kann sichergestellt werden, dass Giftköderboxen nicht durch Privatpersonen so manipuliert werden, dass die Giftköder für alle Tiere zugänglich sind?
Antwort:
Die Köderschienen und Boxen werden dort, wo es möglich ist, mit Stahlseilen fixiert und nach Möglichkeit außerhalb des direkten Blickfelds von Passant*innen positioniert. Sabotagehandlungen und sonstige Manipulation der Bekämpfungsmaßnahmen, welche nach langjähriger Beobachtung nicht nur durch Tierfeind*innen, sondern auch durch Tierschützer*innen erfolgen, sind leider dennoch gelegentlich zu beklagen und nicht hundertprozentig verhinderbar.
Zwar können Sabotagehandlungen und Manipulationen als Störung öffentlicher Betriebe nach §316 b Abs.1 Nr.3 StGB geahndet werden, allerdings stellt die im Raum stehende strafrechtliche Verfolgung – so es denn im Einzelfall überhaupt zu ihr kommt – allenfalls ein nachträgliches Sanktionsinstrument dar.
Frage 4:
An welche Regeln müssten sich Giftköder-Anbieter halten, wenn sie im öffentlichen Raum Gifte ausbringen. Welche Möglichkeiten hat die Verwaltung, gegen unsachgemäße Ausbringung vorzugehen?
Antwort:
Schädlingsbekämpfungsunternehmen dürfen ausschließlich die vom Umweltbundesamt geprüften und zugelassenen Giftköder und Bekämpfungs-methoden anwenden. Als wesentliche Maßgaben für Bekämpfungsmaßnahmen im öffentlichen Raum sind hier das Anbringen entsprechender Warnhinweise (Beschilderung), die Bezeichnung des Wirkstoffs einschließlich eines geeigneten Gegenmittels sowie die ausschließlich verdeckte Auslegung von Ködermitteln zu benennen. Verstöße gegen diese Vorgaben können ordnungsrechtlich geahndet werden, sind jedoch im Stadtgebiet nicht bekannt.
Frage 5:
Wie oft musste die Landeshauptstadt München in den vergangenen fünf Jahren wegen nicht tierschutzkonformen Giftködern aktiv werden?
Antwort:
Da durch professionelle Schädlingsbekämpfungsunternehmen kraft gesetzlicher Maßgabe ausschließlich amtlich geprüfte und zugelassene Ködermittel zum Einsatz kommen dürfen, ergab sich bislang zu keinem Zeitpunkt Anlass für Beanstandungen. Gleiches gilt für Ködermittel, welche für den Privat-Bereich frei erwerbbar sind.
Ganz vereinzelt wurden in den letzten Jahrzehnten Fälle von sog. anonymen „Trittbrettfahrern“ bekannt, welche parallel zu amtlich veranlassten Bekämpfungen eigene unzulässig präparierte Giftköder ausgelegt haben. Derartige Köder wurden bei Bekanntwerden durch die vor Ort tätigen Schädlingsbekämpfungsfirmen umgehend beseitigt.
Bei der Landeshauptstadt gelegentlich eingehende Mitteilungen über beschädigte oder manipulierte Schienen und Boxen werden sofort an die mit der Bekämpfung beauftragten Schädlingsbekämpfungsunternehmen zur unverzüglichen Abhilfe weitergeleitet.
Zahlen zur Häufigkeit liegen dem Gesundheitsreferat nicht vor.
Frage 6:
Wie kann künftig sichergestellt werden, dass stadtweit keine offenen Giftköderboxen mehr aufgestellt werden, die eine erhebliche Gefahr für Wildtiere, Singvögel und die Allgemeinheit darstellen?
Antwort:
Die zum Einsatz kommenden Ködermittel enthalten Bitterstoffe, die dafür sorgen, dass andere Lebewesen den Köder sofort ausspucken oder sich erbrechen, sollten sie trotz der verschlossenen Auslage an ihn gelangen. Dies gilt für Menschen und Tiere gleichermaßen, insoweit ist eine Gefährdung der Allgemeinheit weitestgehend ausgeschlossen.
Im Übrigen siehe Antworten zu Fragen 3 und 4.