Grundwasser-Situation in der Siedlung Untermühle – wie reagiert die Stadt?
Anfrage Stadträte Manuel Pretzl und Alexander Reissl (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) vom 18.1.2024
Antwort Christine Kugler, Referentin für Klima- und Umweltschutz:
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Laut den Berichten von Anwohnern stehen in der Siedlung Untermühle in Feldmoching derzeit einige Keller unter Wasser, da der Grundwasserspiegel seit Anfang Dezember 2023 erheblich angestiegen ist. Laut der Anwohner könne nur ein sofortiger Einsatz von Pumpen weitere Schäden an den dortigen Gebäuden verhindern. Als ein Grund für den starken Anstieg des Grundwassers wird der Abbau der bisher fest installierten Pumpen inklusive der dazugehörigen Elektrokästen durch die Münchner Stadtentwässerung (MSE) im vergangenen Sommer vermutet. Der örtliche Bezirksausschuss hatte sich bereits bei der Ankündigung des Abbaus dieser dagegen ausgesprochen. Für weiteren Unmut hat gesorgt, dass großflächige Aufzeichnungen der Messwerte der Pegelstände der letzten Jahre nicht mehr öffentlich abrufbar sind.“
Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Münchner Stadtentwässerung und des Wasserwirtschaftsamts München wie folgt:
Frage 1:
Wie ist die aktuelle Situation vor Ort? Hat sich die Situation inzwischen entspannt? Welche Schäden sind durch den hohen Grundwasserpegel entstanden?
Antwort:
Seit Mitte November 2023 ist aufgrund der anhaltenden Niederschläge, welche am 1. Adventswochenende in großen Mengen Schnee niedergingen, ein Anstieg der Grundwasserstände im gesamten südbayerischen Raum und auch in München zu verzeichnen. Der am 1. Adventswochenende gefallene Schnee ist zudem im Dezember 2023 durch die milden Temperaturen und Regen großflächig abgetaut und zu großen Teilen ins Grundwasser gesickert. Dadurch ist der Grundwasserspiegel im Bereich der Untermühle in Feldmoching seit Mitte November 2023 um 1 bis 1,2mstark angestiegen. Die Höchstwerte lagen im Dezember 2023 um 30 bis 80cm unterhalb des Höchstgrundwasserstandes (HW1940) und dem Hochwasserereignis vom August 2010. Die aktuellen Grundwasserstände im Bereich Untermühle liegen etwa 10 bis 30cm tiefer im Vergleich zum letzten Maximum am 13.12.23 (Stand: 31.1.2024). Die Grundwasserstände sind damit noch auf erhöhtem Niveau und liegen über den Wasserständen der vergangenen fünf, sehr trockenen Jahre. Der Grundwasserspiegel fällt nur langsam, da es im Januar 2024 weitere Niederschlagsereignisse gab.
Schäden sind uns nicht gemeldet und lediglich aus der Presseberichterstattung bekannt.
Frage 2:
Welche Maßnahmen unternimmt bzw. hat die Landeshauptstadt München (LHM) unternommen, um die Grundwasserpegelstände vor Ort zu senken und die Überflutung der Keller zu stoppen?
Antwort:
Durch die Münchner Stadtentwässerung wurden mit einem Aufwand von mehreren Millionen Euro am Nord-West-Sammelkanal drei neue Düker gebaut, bereits vorhandene Düker aufwändig saniert sowie die Überströmung des Kanals sichergestellt.
Der durch die oben genannten Maßnahmen aktuell nur noch geringe Aufstau am Nord-West-Sammelkanal rechtfertigt keine weiteren Eingriffe. Weiterhin bleibt es fraglich, ob eine großflächige und dauerhafte Absenkung der Grundwasserstände im Bereich der Siedlung Untermühle technisch umsetzbar sowie wasserrechtlich genehmigungsfähig ist, da das Grundwasser als wichtige Ressource geschützt werden muss.
Das Kernproblem ist, – wie auch unter Frage 4 beschrieben und durch das Wasserwirtschaftsamt München bereits wiederholt in vergleichbaren Fällen dargelegt – dass die Keller nicht gegen drückendes Grundwasser abgedichtet sind. Die Abdichtung der Keller obliegt den Bauherren.
Als Rechtsbehörde entscheidet das RKU über gestellte wasserrechtliche Anträge und nimmt die Gewässeraufsicht wahr. Es gibt keine „Unterhaltungs“-Verpflichteten im Sinne des Wasserrechts für das Grundwasser. Die LHM hat daher keine Rechtsgrundlage für ein weiteres Handeln; ein Einschreiten im Rahmen der Gewässeraufsicht ist nicht gerechtfertigt.Der LHM ist es daher aus rechtlichen Gründen nicht möglich, weitere Maßnahmen zu ergreifen.
Frage 3:
Welche Gründe sieht die Stadtverwaltung für den außergewöhnlich starken Anstieg des Grundwassers und die Überflutung der dortigen Keller? Ist der Abbau der bisher fest installierten Pumpen inklusive der dazugehörigen Elektrokästen ein oder gar der Grund des Anstiegs?
Antwort:
Mitte November 2023 war aufgrund der anhaltenden Niederschläge, die am 1. Adventswochenende 2023 in großen Mengen Schnee niedergingen, ein Anstieg der Grundwasserstände im gesamten südbayerischen Raum und auch in München zu verzeichnen.
An den Niederschlags-Messstationen im Stadtbereich und Umland waren seit Mitte November bis Mitte Dezember etwa 240mm Niederschlag gefallen. Dies entspricht etwa einem Viertel des im Jahr 2023 insgesamt gefallenen Niederschlags. Der am 1. Adventswochenende gefallene Schnee ist dann durch die milden Temperaturen und Regen großflächig abgetaut und zu großen Teilen ins Grundwasser gesickert. Dementsprechend zeigten die staatlichen Grundwassermessstellen in München seit Mitte November 2023 flächendeckend einen Grundwasseranstieg. Waren die Grundwasserstände im Oktober aufgrund des trockenen Sommers und der vergangenen trockenen Jahre noch auf niedrigem Niveau, zeigten die Grundwassermessstellen nun Werte über den mittleren Grundwasserständen. Die Grundwasserstände sind im Vergleich 12.11.2023 zu 13.12.23 (Maximum) in München um 45cm (Au, Steinhausen, Trudering) bis etwa 90cm im Bereich Obermenzing, Englschalking, Johanneskirchen, Moosach und Fasanerie gestiegen. Der stärkste Anstieg an einer staatlichen Messstelle mit 88cm war an der Grundwassermessstelle Allach 289A zu verzeichnen. Der Unterschied in der Höhe des Grundwasseranstiegs ist hierbei insbesondere durch den Anteil der versiegelten Flächen und die hydrogeologischen Gegebenheiten im Umfeld der verschiedenen Messstellen bedingt.
Es ist also insgesamt festzustellen, dass in ganz München durch den Niederschlag und das Tauwetter im November und Dezember 2023 die Grundwasserstände stark angestiegen sind. Der Anstieg war dabei in den Randbereichen mit weniger dichten Bebauung, ehemaligen Moosgebieten und Richtung Norden stärker als im Süden und entlang der Isar. Aufgrund sich wiederholender Niederschläge im Januar war bislang nur ein geringer Rückgang der Grundwasserstände mit kleinen, kurzzeitigen Wiederanstiegen unmittelbar nach den Niederschlägen zu beobachten.Die Grundwassermessstellen entlang des Nord-West-Sammelkanals zeigten hierbei vergleichbare Verläufe zu den staatlichen Messstellen.
Ein Einfluss der abgebauten Pumpen auf den Grundwasseranstieg ist nicht erkennbar. Die Pumpen liefen in der Vergangenheit nur während Spitzenbelastungen im Rahmen der Baumaßnahmen am Nord-West-Sammelkanal, um die Auswirkungen der Baumaßnahmen auf den Grundwasserstand zu minimieren. Eine großflächige Absenkung des Grundwasserstandes in der Untermühle ist durch Pumpen und Ableiten in den Nord-West-Sammelkanal nicht möglich. Die Auswertungen der aktuellen Grundwasserstände haben ergeben, dass die Auswirkung des Kanals auf den Grundwasserstand minimal ist, da dieser bei hohen Grundwasserständen vollständig überströmt wird.
Frage 4:
Geht die LHM davon aus, dass es auch in Zukunft wieder zu Überflutungen von Kellern kommen kann, sofern die derzeitigen Rahmenbedingungen nicht geändert werden? Wenn ja, welche Maßnahmen können unternommen werden, um dies zu verhindern?
Antwort:
Im Bereich der Untermühle in Feldmoching liegt der natürliche Grundwasserspiegel sehr oberflächennah. Dies hat geologische Gründe, da die Münchener Schotterebene nach Norden hin von der Mächtigkeit stark abnimmt und das Gefälle der Geländeoberkante (GOK) dabei wesentlich steiler einfällt als das hydraulische Gefälle. Dadurch liegt der Grundwasserspiegel in der Untermühle bei Mittelwasserverhältnissen im Bereich von etwa 1,5 bis 3m unter der Geländeoberkante. Bei einem Hochwasserereignis (z.B. HW1940 oder August 2010) kann der Grundwasserspiegel in einigen Teilen der Untermühle auf unter 1m u. GOK ansteigen. Südwestlich der Untermühle im Bereich der Heppstraße wurden sogar Flurabstände unter 0,5m u. GOK gemessen. Vor allem nach Starkregenereignissen ist im Bereich der Untermühle ein schneller Anstieg des Grundwasserspiegels zu beobachten, da der Grundwasserstand sehr oberflächennah ansteht.
Die Grundwasserstände im Dezember 2023 lagen noch unter den Höchstwerten vergangener Ereignisse. Ein Anstieg des Grundwassers durch langanhaltende Regenereignisse auf vergleichbar hohe Werte oder auch höhere Werte im Fall von extremen Wetterlagen ist damit möglich. Sofern unterirdische Bauteile nicht gegenüber Grundwasser abgedichtet sind (z.B. durch eine Weiße Wanne), kann es auf Grund der oben dargestellten Grundwasserverhältnissen dann zu Vernässungsschäden kommen. DieAbdichtung unterirdischer Gebäudeteile gegenüber drückendem Wasser obliegt dem Bauherren.
Frage 5:
Gibt es seitens der LHM Planungen, die im vergangenen Sommer abgebauten Pumpen wieder zu installieren? Wenn ja, wann soll das geschehen? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Die vergangenen Sommer abgebauten Pumpen waren nur temporär während der Baumaßnahme am Nord-West-Sammelkanal eingesetzt. Es gibt keine Planungen erneut Pumpen zu installieren, da die Baumaßnahme zwischenzeitlich abgeschlossen ist. Mit Abschluss der Sanierungsarbeiten am Nord-West-Sammelkanal entfiel für die Münchner Stadtentwässerung die Notwendigkeit aus der Baumaßnahme, die Pumpen zu betreiben. Die durchgeführten Maßnahmen übernehmen nun die Aufgabe der Pumpen und der Nord-West-Sammelkanal wird ausreichend über- und unterströmt, sodass keine wesentliche Beeinflussung der natürlichen Grundwasserverhältnisse mehr vorliegt. Der Erfolg der Maßnahme wurde durch die TU München bestätigt.
Frage 6:
Hat die LHM vor, die Aufzeichnungen der Messwerte der Pegelstände und die festgestellten Stände des Überstaus am Nordwest-Sammler der letzten Jahre wieder öffentlich zugänglich zu machen? Wenn ja, wann soll das geschehen? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Das Bereitstellen der Daten über den Sensormanager Terra Transfer wurde von der Münchner Stadtentwässerung eingerichtet. Die Daten der letzten Jahre waren zu jedem Zeitpunkt und sind weiter unter der gleichen Webadresse verfügbar:
http://www.sensormanager.net/mse-geotechnik_front/?username=Buergerportal& password=Buergerportal
Weiterhin übermittelt das RKU (RKU-I-3) die aktuell gemessenen Grundwasserstände (14-tägige Messungen) ausgewählter Messstellen in Feldmoching regelmäßig dem Bezirksausschuss 24. Darüber hinaus werden diese Messergebnisse auch für die Bevölkerung im GeoPortal online gestellt. Die Daten können unter folgenden Seiten abgerufen werden:
https://geoportal.muenchen.de/portal/umwelt/?layerIDs=gsm:g_ stadtkarte_gesamt,rgu:grumessstation_14taegig,rgu:grumessstaRathaus Umschau 20.3.2024, Seite 15 tion_perm&visibility=true,true,true&transparency=0,0,0&Map/center=% 5b688947,5337402%5d&Map/zoomLevel=4
https://geoportal.muenchen.de/resource/download/rgu/dokumente/pegelmesswerte.html
Frage 7:
Wie hat sich der Grundwasserstand im nördlichen Feldmoching im Bereich Nordwest-Sammler seit den 1970er-Jahren entwickelt (Tiefststand, Höchststand), auch im Vergleich zum HW 40?
Antwort:
Der natürliche Grundwasserschwankungsbereich im Bereich der Untermühle liegt bei 1,5 bis 3m. Höchststände stellen das HW1940 Ereignis sowie die Wasserstände der Jahre 1999-2002, 2010, 2013, 2021 und 2023 dar. Die Messungen vom 8. August 2010 stellen für einige Messstellen die höchsten Werte der kompletten Messreihe dar. Dabei wurden im Bereich der Grashofstraße und des Eisenhüttenwegs teilweise die HW1940-Werte überschritten. Die Überschreitung liegt aber noch im Bereich des Sicherheitszuschlags für den HW1940-Wert von 30cm. Bei einem Hochwasserereignis (z.B. HW1940 oder August 2010) kann der Grundwasserspiegel in einigen Teilen der Untermühle auf unter 1m u. GOK ansteigen. Südwestlich der Untermühle im Bereich der Heppstraße wurden sogar Flurabstände unter 0,5m u. GOK gemessen. Niedrigwasserstände wurden vor allem in den Jahren 1991 bis 1994 und im Jahr 2022 erreicht. Dabei senkte sich der Grundwasserstand auf einen Flurabstand von 2,70 bis 4,20m u. GOK ab. Bei Mittelwasserverhältnissen bewegt sich der Grundwasserspiegel in der Untermühle im Bereich von etwa 1,5 bis 3m unter der Geländeoberkante. Die statistischen Auswertungen der Grundwasserstände zeigen für die letzten 10 Jahre einen fallenden Trend bei der Grundwasserstandsentwicklung in der Untermühle an. Dabei ist der Grundwasserspiegel tendenziell um 1,2 bis 5,7cm im Jahr gesunken. Durch die trockenen Jahre 2018-2020 und 2022 waren die Grundwasserstände, wie im gesamten Stadtgebiet, deutlich niedriger als normal. Der fallende Grundwasserspiegel liegt im Rahmen der stadtweiten Entwicklung und ist auf die verminderte Grundwasserneubildung der letzten 15 Jahre zurückzuführen.