Nachgefragt: gibt es energetische Optimierungspotenziale bei der Münchner Müllverbrennung? Chancen einer kamerabasierten Feue- rungsregelung darstellen.
Anfrage Stadträte Hans Podiuk, Manuel Pretzl und Sebastian Schall (CSU-Fraktion) vom 14.5.2014
Antwort Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 14.05.2014 führen Sie als Begründung aus:
„Die Verbrennung von Müll aus München und Umgebung (Starnberg, Garmisch, Donauwald) ist auch in der M-Wärmevision 2040 der SWM eine bleibende Konstante, die als regenerative Energiekomponente behandelt wird.
Eine bessere Energieausbeute bei der Müllverbrennung ist daher ein nachhaltiges Ziel und würde sowohl dem Klimaschutz durch CO2-Reduzierung dienen wie die Müllgebühren-Kunden des AWM - und somit alle Münchnerinnen und Münchner - entlasten. Eine echte Win-Win-Situation also.
Ein Problem der Müllverbrennung ist, dass die Zusammensetzung und damit insbesondere der Brennwert des Brenngutes kurzfristig sehr stark schwanken kann. Das führt zu betriebswirtschaftlich wie umweltpolitisch suboptimalen Zwischenbetriebszuständen.
Bei der soeben in München zu Ende gegangenen internationalen Umwelt-Messe IFAT wurde auf einem Stand des „Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)“ hierfür eine fortgeschrittene Problemlösungs-Technologie präsentiert, wie durch eine kamerabasierte Regelung der Müllverbrennung nicht nur die energetische Ausbeute verbessert, sondern auch ein schonenderer Betrieb der Verbrennungsanlage gewährleistet werden kann.
Nach Auskünften am Münchner Messestand ist dieses fortgeschrittene Regelsystem schon seit 2007 in Deutschland erfolgreich im praktischen Einsatz, wohingegen die städtischen Betreiber der Müllverbrennungsanlage München-Nord bei diesem Thema bislang Desinteresse gezeigt hätten. Das wäre schon aus umweltpolitischer Sicht nicht hinnehmbar.“
Ihre Fragen können anhand von Stellungnahmen der Stadtwerke München GmbH (SWM), des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) sowie des Referats für Gesundheit und Umwelt (RGU) wie folgt beantwortet werden:Frage 1:
Wann haben sich AWM und SWM mit einer kamerabasierten Müllverbrennungsregelung nach (
1) inhaltlich auseinandergesetzt? Gibt es hierüber
schriftliche Dokumente?
Antwort der SWM:
Bereits 1999 wurden bei der Untersuchung zur Verbesserung der Schlakkequalität durch feuerungstechnische Primärmaßnahmen erstmals Infrarotkameras im Feuerraum durch den Anlagenlieferanten eingesetzt. Da die technische Leistungsfähigkeit der damals durch den Anlagenlieferanten eingesetzten Feuerungsleistungsregelung begrenzt war, konnten die mit der IR-Kamera gewonnenen Informationen nicht für eine zielgerichtete Optimierung genutzt werden. Daher sahen die SWM wegen dem nicht erkennbaren Nutzen von der relativ hohen Investition ab.
Nachdem in den Jahren 2005 und 2006 die bestehende Feuerleistungsregelung durch ein modernes, zeitgemäßes System an allen vier Verbrennungslinien ersetzt wurde, bestand ab diesem Zeitpunkt nochmals die Möglichkeit, auch hardwareseitig Informationen einer IR-Kamera zur Optimierung der Feuerungsführung zielgerichtet zu nutzen. Die SWM haben daher im Jahr 2007 gemeinsam mit dem Lieferanten der neuen Feuerleistungsregelung einen erneuten mehrwöchigen Test mit einer IR-Kamera durchgeführt. Die dabei zum Einsatz gekommene Kameratechnologie entspricht nach wie vor dem aktuellen Stand der Technik. Noch heute werden diese Kameras bei Neuanlagen und Modernisierungen eingesetzt.
Frage 2:
Wie beurteilen AWM, SWM und RGU die Verbesserungspotenziale einer kamerabasierten Müllverbrennungsregelung nach (
1) bei der MVA Mün-
chen-Nord in umwelttechnischer und betriebswirtschaftlicher Sicht?
Antwort der SWM:
Durch den zu Frage 1 dargelegten, versuchsweisen Einsatz der Infrarotkamera konnten leider weder eine signifikante Verbesserung der Regelungsgüte noch eine Minimierung der feuerungsabhängigen Emissionen oder eine Verbesserung der Ausbrandqualität nachgewiesen werden.
Dieses Ergebnis der Versuchsfahrten ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die Verbrennungslinien der Abfallverbrennungsanlagen im HKW Nord durch andere Sensorsysteme bereits sehr gut instrumentiert waren. Als Beispiel für diese zusätzliche Instrumentierung sind die Messsystemezur akustischen Gastemperaturmessung, Infrarot-Strahlungspyrometer und Druckmessungen unter dem Rost zu nennen.
Wegen der nach wie vor hohen Anschaffungs- und Betriebskosten eines Infrarot-Kamerasystems, denen jedoch keine messbaren Verbesserungen der Feuerführung, des Verbrennungsverhaltens und der Schadstoffemissionen gegenüber stehen, haben die SWM von einer entsprechenden Investition Abstand genommen.
Dennoch beobachten die SWM die aktuellen Technologie- und Marktentwicklungen der Feuerleistungsregelungen wie auch aller anderen Technikbereiche, welche für die Abfallverbrennungsanlagen relevant sind, sehr genau. Bei aussichtsreichen Entwicklungen, die einen umwelttechnischen oder betriebswirtschaftlichen Nutzen versprechen, werden und wurden auch bisher Testaufbauten oder Untersuchungen in Zusammenarbeit mit Universitäten oder Unternehmen durchgeführt.
Frage 3:
Welche anderen technischen Ansätze stellen sicher, dass die Müllverbrennung bei der MVA München-Nord umwelttechnisch und betriebswirtschaftlich optimal läuft?
Antwort der SWM:
Wie bereits zu Frage 2 dargestellt, sind die Verbrennungslinien der Abfallverbrennungsanlagen im HKW Nord durch andere Sensorsysteme
bereits sehr gut instrumentiert. Als Beispiel für diese zusätzliche Instrumentierung sind die Messsysteme zur akustischen Gastemperatur-
messung, Infrarot-Strahlungspyrometer und Druckmessungen unter dem Rost zu nennen.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen hiermit beantwortet werden konnten.
1Hubert B. Keller, Jörg Matthes, Stephan Zipser, Reinhard Schreiner, Oliver Gohlke, Joachim Horn, Holger Schönecker: Kameras zur Feuerungsregelung bei stark schwankender Brennstoffzusammensetzung - Cameras for Combustion Control of Highly Fluctuating Fuel Compositions in:http:// www.vgb.org/pt_03_07.html