OB Dieter Reiter: Haushaltsrede 2015 Archiv
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Rathaus Umschau 200 / 2014, veröffentlicht am 22.10.2014
Die Haushaltsrede von Oberbürgermeister Dieter Reiter in der heutigen Vollversammlung des Stadtrats zur Einbringung des städtischen Haushalts für 2015 hat folgenden Wortlaut:
„Im Gegensatz zu meinem Amtsvorgänger habe ich nicht bereits als Schüler geplant, Münchner OB zu werden. In dem Alter habe ich noch ganz einfach davon geträumt, Pilot, Rennfahrer oder Lokführer zu werden. Letzteres hätte zumindest dazu geführt, dass ich heute wahrscheinlich gestreikt hätte und nicht hier heute meine erste Haushaltsrede als Oberbürgermeister halten dürfte.
Der Vorteil, als Oberbürgermeister etwas zum Haushalt zu sagen, ist, dass man sich auf die wesentlichen politischen Inhalte und Grundlinien beschränken kann.
Und mangels einer jahrzehntelangen diesbezüglichen Vergangenheit, kann ich auch – was Sie sicherlich alle bedauern werden – heute keine echten finanzpolitischen Erfolge meiner bisherigen Amtszeiten aufzählen. Ich verspreche aber, das mit den Jahren nachzuholen...
Die detaillierte Darstellung der vielen Zahlen zum Haushaltsplan-Entwurf überlasse ich, ebenso wie alle lateinischen Zitate, dem Stadtkämmerer. Der kann übrigens durchaus auf langjährige finanzpolitische Erfolge verweisen, was er natürlich ob der ihm eigenen Bescheidenheit nicht tun wird...
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushaltsplan ist nie Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck. Ich gebe zu, dass diese Erkenntnis erst nach meiner Zeit als zuständiger Haushalts-Abteilungsleiter gereift ist. Heute geht es mir beim Haushalt vor allem darum, auf der Basis seriöser Haushaltspolitik, den Münchner Bürgerinnen und Bürgern Lebensqualität zu sichern, gute städtische Dienstleistungen und gute städtische Infrastruktur.
Dabei liegen mir besonders die Bevölkerungsgruppen am Herzen, die besonders stark darauf angewiesen sind.
Die Aufgabe, für alle Münchnerinnen und Münchner eine gute Infrastruktur und eine hohe Qualität städtischer Dienstleistungen zu sichern und auszubauen, wird in den nächsten Jahren nicht leichter werden, sondern eher schwieriger.
München ist eine dynamisch wachsende Stadt.
Das wird in voraussehbarer Zukunft mit Sicherheit so bleiben. Jedes Jahr werden wohl im Durchschnitt mindestens 10.000 Einwohner – eher noch mehr – dazu kommen.
Dies ist zunächst erfreulich, weil es die hohe Attraktivität Münchens, um die uns viele beneiden, unter Beweis stellt.
Dies führt aber auch zu einer Reihe von großen Herausforderungen, der sich nur wachsende Städte stellen müssen.
Schon jetzt steht für mich fest, dass die sogenannten konsumtiven und investiven Ausgaben der Stadt strukturell ansteigen werden, um die wachsenden Bedarfe an städtischen Dienstleistungen und an städtischer Infrastruktur abdecken zu können.
Wir brauchen in den nächsten Jahren und vermutlich auch Jahrzehnten in München:
- mehr Schulen
- mehr Kinderbetreuungseinrichtungen
- mehr Wohnungsneubau durch die Stadt und durch Private
- einen noch attraktiveren ÖPNV und Individualverkehr
- mehr städtisches Personal
- mehr Sozialleistungen
Dass die Einnahmen, die wir zur Finanzierung dieses deutlichen „Mehr“ in allen Bereichen brauchen, entsprechend ansteigen, ist zu hoffen, sicher ist es nicht.
Garantie dafür haben wir keine. Die gesamtwirtschaftlichen Aussichten sind derzeit jedenfalls mittelfristig nicht mehr nur rosig. Noch sprudeln die Steuereinnahmen in München vor allem bei der Gewerbesteuer. Aber gerade diese wichtige Einnahmequelle ist bei uns sehr volatil und es kann zu Pendelausschlägen im deutlich dreistelligen Millionenbereich nach oben wie nach unten kommen.
Ich persönlich bin – wahrscheinlich weil ich sehr lange in der Kämmerei gearbeitet habe – das prägt – bei Zukunftsprognosen eher vorsichtig. Wesentliche Voraussetzung für hohe Gewerbesteuer- und Einkommenssteuereinnahmen ist aber auf jeden Fall eine florierende Wirtschaft mit möglichst gut verdienenden und möglichst qualifizierten Beschäftigten. Und da ist es schon einigermaßen beruhigend, dass wir nicht nur gemessen an den Einwohnerzahlen wachsen, sondern auch gemessen an der wirtschaftlichen Entwicklung, an der Zahl der Arbeitsplätze und der Unternehmen in unserer Stadt.
Wir werden auch weiterhin alles tun, um im Rahmen unserer Handlungsmöglichkeiten durch eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik in Zusammenarbeit mit der Münchner Wirtschaft und der Arbeitnehmerschaft dafür zu sorgen, dass München weiterhin ein florierender Wirtschaftsstandort bleibt. Neueste Ansiedlungen oder Expansionen weltweit agierender Unternehmen lassen mich hoffen, dass uns dies auch nachhaltig gelingt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, durch eine präventive Sozial-, Bildungs- und Kulturpolitik müssen wir gewährleisten, dass es in dieser Stadt zu keiner weiteren Polarisierung in Arm und Reich kommt.
Dass die Schere zwischen denen, den es sehr gut geht und denen, die kaum wissen, womit sie den nächsten Tag, die nächste Woche oder den nächsten Monat finanzieren soll, dass diese Schere sich zumindest nicht noch weiter öffnet.
Denn das oberste Gut unserer Stadt, das es zu bewahren und auch aktiv zu verteidigen gilt, ist der soziale Friede. Und das ist schon derzeit, nicht nur wegen der Flüchtlingsthematik, eine große Herausforderung. Diese Stadt bleibt nur dann auf Dauer lebens- und liebenswert, wenn wir niemanden ausgrenzen und möglichst viele – noch besser wäre es alle – in dieser Stadtgesellschaft mithalten und mitkommen können.
Daran gilt es – bei allen unterschiedlichen Nuancen in der politischen Schwerpunktsetzung, gemeinsam hier im Münchner Stadtrat zu arbeiten. Und darum bitte ich Sie auch alle, auch heute im Rahmen meiner Haushalts-Rede:
Lassen Sie uns gemeinsam zum Wohl aller Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt die Herausforderungen konstruktiv und lösungsorientiert anpacken.
Meine Prioritäten sind klar und spiegeln sich auch in diesem Haushaltsplan-Entwurf wider.