Residenzpflicht
Anfrage Stadtrat Hans Podiuk (CSU-Fraktion) und Stadtrat Alexander Reissl (SPD-Fraktion) vom 17.9.2014
Antwort Sozialreferentin Brigitte Meier:
In Ihrer Anfrage vom 17.09.2014 führen Sie Folgendes aus:
„Aktuell wird in Bayern diskutiert, die Residenzpflicht für Asylbewerber aufzuheben. Dazu bitten wir um die Beantwortung folgender Fragen:“
Hierzu nimmt das Sozialreferat in Abstimmung mit dem Kreisverwaltungsreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Was bewirkt die „Residenzpflicht“ für den einzelnen Asylbewerber/die einzelne Asylbewerberin?
Antwort:
Der Begriff Residenzpflicht wurde vor geraumer Zeit von Flüchtlingshilfeorganisationen aufgegriffen und wird in der öffentlichen Diskussion und der Presse meist synonym für die „räumliche Beschränkung“ (§ 56 AsylVfG) verwendet.
In der öffentlichen Diskussion kommt es dadurch immer wieder zu Missverständnissen, da die Begriffswahl eine Verbindung zum Wohnsitz impliziert.
Deswegen hier zunächst die rechtliche Klärung:
In Bezug auf die Wohnsitznahme gilt für die Betroffenen, dass die Möglichkeit der Wohnsitznahme beschränkt ist, da gemäß Art. 4 Abs. 1des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (Aufnahmegesetz – AufnG) Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Bayern in der Regel in Gemein-
schaftsunterkünften untergebracht werden sollen und Auszüge der Genehmigung der jeweiligen Bezirksregierung bedürfen. Die Zuweisung der Unterkunft erfolgt durch die Regierungen.
Bezüglich der „räumlichen Beschränkung“ des Aufenthalts ist in § 56 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) geregelt, dass der Aufenthaltsbereich der Be-troffenen grundsätzlich „auf den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde“ beschränkt ist.
Dabei handelt es sich um das Stadtgebiet München.
§ 58 Abs. 6 AsylVfG ermächtigt die Landesregierungen aber, dieses Gebiet durch Rechtsverordnung zu erweitern, „um örtlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen“.
In Bayern gilt seit dem 01.12.2010 die aktuelle „Verordnung über das vorübergehende Verlassen des Aufenthaltsbereichs (AsylVerlV)“, in welcher die „räumliche Beschränkung“ auf den jeweiligen Regierungsbezirk des Wohnorts er weitert wurde.
Für Münchner Asylbewerberinnen und Asylbewerber bedeutet dies konkret, dass sie in der ihnen zugewiesenen Unterkunft wohnen müssen, sich grundsätzlich im Stadtgebiet und Landkreis München aufhalten können, dass aber auch der vorübergehende Aufenthalt in sonstigen Landkreisen und kreisfreien Städten des Regierungsbezirks Oberbayern gestattet ist. Sind kurzfristige Aufenthalte außerhalb dieses Bereichs geplant, ist eine Erlaubnis der Ausländerbehörde erforderlich, welche in der Regel erteilt wird.
Die „räumliche Beschränkung“ entfällt, sobald im Asylverfahren eine positive Entscheidung getroffen wurde.
In der weiteren Beantwortung der Fragen wird der Begriff Residenzpflicht als Bezeichnung für die räumliche Beschränkung des Aufenthalts verstanden.
Frage 2:
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Residenzpflicht und Unter-
kunft?
Antwort:
Siehe oben.
Frage 3:
Bedeutet Residenzpflicht ausschließlichen Aufenthalt in der zugewiesenen Gebietskörperschaft?Antwort:
Asylbewerberinnen und Asylbewerber können sich grundsätzlich im Stadtgebiet und Landkreis München aufhalten, kurzfristig auch in sonstigen Landkreisen und kreisfreien Städten des Regierungsbezirks Oberbayern.
Ist ein kurzfristiger Aufenthalt außerhalb dieses Bereichs beabsichtigt, können während des laufenden Asylverfahrens jederzeit so genannte „Reiseerlaubnisse“ bei der Ausländerbehörde beantragt werden. Diese werden in München in aller Regel auch ohne Erhebung einer Gebühr gewährt.
Der dauerhafte Wechsel in einen anderen Landkreis Bayerns oder ein anderes Bundesland kann nur im Wege der landesinternen oder länderübergreifenden Umverteilung beantragt werden. Die Entscheidung ergeht durch die für den neuen Wohnort zuständige Bezirksregierung bzw. das Bundesland.
Frage 4:
Kann ein Asylbewerber/eine Asylbewerberin ohne Residenzpflicht einen Aufenthaltsort frei wählen?
Antwort:
Den Aufenthaltsort kann jemand ohne „räumliche Beschränkung“ frei wählen, nicht aber seinen Wohnsitz.
Frage 5:
Wie funktioniert die Zuteilung auf Gebietskörperschaften ohne Residenzpflicht?
Antwort:
Durch den Wegfall der „räumlichen Beschränkung“ wird die „Wohnsitznahmeverpflichtung“ nicht berührt. Diese kann nur im Rahmen eines Umverteilungsantrags abgeändert werden, wobei die Entscheidung durch die für den neuen Wohnort zuständige Bezirksregierung bzw. das Bundesland ergeht. Die Landeshauptstadt München wird hingegen bei der Frage, ob eine Asylbewerberin oder ein Asylbewerber der Stadt zugewiesen wird, nicht beteiligt. In der Regel erfolgen Umverteilungen im laufenden Asylverfahren nur um der Haushaltsgemeinschaft von Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen ledigen Kindern oder sonstigen humanitären Gründen von gleichem Gewicht Rechnung zu tragen.Frage 6:
Wer muss für Unterkunftskosten eines Asylbewerbers/einer Asylbewerberin aufkommen, wenn diese/r ohne Residenzpflicht seinen Aufenthaltsort frei wählt?
Antwort:
Innerhalb Bayerns ist gemäß Art. 8 AufnG der Freistaat Bayern Kostenträger.