Keine frauen- und menschenverachtende Datingveranstaltungen in München!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Lydia Dietrich, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller, Dominik Krause, Sabine Krieger, Hep Monatzeder, Sabine Nallinger, Thomas Niederbühl, Dr. Florian Roth und Oswald Utz (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 12.11.2014
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Wilfried Blume-Beyerle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weshalb eine beschluss-mäßige Behandlung im Stadtrat nicht angezeigt ist. Daher erlaube ich mir, Ihren Antrag in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister auf dem Schriftwege zu beantworten.
Mit Schreiben vom 12.11.2014 richteten Sie den Antrag an den Oberbürgermeister,
- die Auftritte von Julien Blanc in München zu verhindern,
- zusammen mit den Städten Berlin, Hamburg und Frankfurt ein gemeinsames kommunales Vorgehen gegen Julien Blanc und seine Firma
„Reals Social Dynamics“ abzustimmen und
- auf Bundesebene ein Einreiseverbot für Julien Blanc zu erwirken.
Als Begründung führten Sie insbesondere aus:
„Der selbsternannte Dating Coach und ‚Pick-up Artist’ Julien Blanc verbreitet bei Seminaren seiner Firma ‚Real Social Dynamics’ sexistische und menschenverachtende Praktiken, mit denen Männer Frauen zum Sex zwingen können. Seine ‚Methoden’ reichen von physischer und psychischer Erniedrigung, Gewalt und Misshandlung bis hin zu Aufforderungen, Frauen zu würgen, sein Vokabular erinnert oft an die Jagd. Für mehrere hundert Dollar können sich Teilnehmer für ein sog. ‚Bootcamp’ mit Julien Blanc anmelden und mit ihm live seine ‚Methoden’ erlernen. Unter dem Hashtag ChokingGirlsAroundTheWorld verbreitet er Bilder, auf denen zu sehen ist, wie er bei Frauen den Würgegriff anlegt. Inzwischen regt sich Widerstand, Aktivistinnen gehen u. a. unter dem Hashtag TakeDownJulienBlanc gegen diese Auftritte vor. Eine Petition auf change.org fordert u.a.Hotels und andere Veranstaltungsorte auf, die Seminare abzusagen. Am 11. – 13. Dezember ist in München ein Auftritt von Julien Blanc geplant. Als Veranstaltungsorte sind jeweils bekannte Hotelketten angegeben.“
Bitte lassen Sie mich Ihnen dazu Folgendes berichten:
Zu 1.)
Nach Recherchen des Kreisverwaltungsreferates sollte Herr Blanc vom 11. bis 13. Dezember 2014 in München auftreten. Die Veranstaltung sollte im Schwabinger Hotel „Marriott“ stattfinden. Seitens der Hotelleitung wurde jedoch versichert, dass man dort keinen Vertrag mit dem „Künstler“ abgeschlossen habe und dies auch künftig nicht tun werde. Ein etwaiger alternativer Veranstaltungsort in München für den fraglichen Zeitraum konnte nicht ermittelt werden. Am Donnerstag, den 11.12.2014, vermutete eine Gruppe von 15 Frauen – darunter die Münchner Stadträtin Frau Lydia Dietrich, – dass die Firma „Real Social Dynamics“ eventuell im Hotel „Vier Jahreszeiten“ Seminare abhalten würde und versammelten sich in der Hotellobby um ihren Protest gegen solche Veranstaltungen zum Ausdruck zu bringen. Die alarmierte Polizei erhielt von der Empfangsmanagerin die Auskunft, dass das Unternehmen RSD und deren Mitglieder im Hotel
keine Räume angemietet haben und auch dort nicht erwünscht seien. Es konnte seitens der Polizei nicht in Erfahrung gebracht werden, ob das Unternehmen derzeit in München tätig ist.
Des Weiteren konnte recherchiert werden, dass für den 19. – 23. März 2015 ein weiterer Auftritt in München geplant sein soll. Der Veranstaltungsort ist allerdings noch unbekannt. Sobald das Kreisver waltungsreferat hier Näheres ermittelt, werden geeignete Schritte unternommen.
In diesem Zusammenhang wurde auch der Bayer. Hotel- und Gaststättenverband vom Kreisverwaltungsreferat angeschrieben und gebeten, auf seine Mitglieder einzuwirken, Herrn Blanc keine Plattform für seine Veranstaltungen zur Verfügung zu stellen. Sofern seitens Julien Blanc bzw. seiner Firma „Real Social Dynamics“ (RSD) oder von anderen, vergleichbaren Veranstaltern nach Überlassung von Räumlichkeiten (Nebenzimmern o. ä.) Anfragen erfolgen, sollte diesen nicht entsprochen werden bzw. sollten die Polizeibehörden und/oder das Kreisverwaltungsreferat umgehend eingebunden werden.
Zu 2.)
Mit den Ordnungsbehörden in Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main wurde Kontakt aufgenommen. Im Berliner Ordnungsamt Berlin-Charlotten-burg/Wilmersdorf kannte man die Angelegenheit lediglich aus der Presse, sieht aber keine Möglichkeit, präventiv tätig zu werden, sondern betrachtet insbesondere die Polizei als gefordert, falls im Zuge der Veranstaltung Straftaten begangen würden.
In Frankfurt beurteilt die Ordnungsbehörde den Fall ähnlich. Das Frankfurter Stadtparlament hat am 22.11.2014 auf gemeinsamen Antrag der CDUund Grünen-Fraktion die fraglichen „Aufreiß-Seminare“ offiziell verurteilt. Der Magistrat wurde beauftragt, strafrechtliche sowie ordnungspolitische Schritte gegen derartige Veranstaltungen zu prüfen und umzusetzen. Es soll sichergestellt werden, dass keine Räumlichkeiten der Stadt Frankfurt zur Verfügung gestellt werden. Außerdem soll auch dort an den örtlichen Hotel- und Gaststättenverband appelliert werden, einschlägigen Veranstaltern keinen Raum zu geben.
Die Stadt Hamburg teilte mit, dass es bisher noch keine konkreten Planungen gibt, gegen die Auftritte des Julien Blanc und der Firma RSD vorzugehen, da das genaue Konzept der Veranstaltung bisher unbekannt sei. Auch in Hamburg wurde seitens der Fraktion „Die Linke“ am 17.11.2014 an den Hamburger Senat eine schriftliche Anfrage zu den geplanten Auftritten des Herrn Blanc gestellt – u.a. mit der Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die Veranstaltung zu untersagen. Die Stadt Hamburg vertritt wie die Landeshauptstadt München die Ansicht, dass ein Veranstaltungsverbot nur unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen kann.
Die Unterbindung der Meinungskundgabe kommt nach der Rechtspre-
chung des Bundesver waltungsgerichts grundsätzlich erst dann in Betracht, wenn strafrechtliche Normen verletzt werden. Die Beschränkung zur freien Meinungsäußerung hat der Gesetzgeber in den Strafgesetzen festgelegt.
Das KVR bleibt grundsätzlich bei seiner Linie, Veranstaltungen bei Verdacht auf strafrechtlich relevante Handlungen zu untersagen und ggf. zu unterbinden. Bei Bekanntwerden des Veranstaltungsortes wäre eine Kontrolle des Auftritts in Bezug auf strafrechtliche Verstöße durch die zuständige Bezirksinspektion gemeinsam mit dem Polizeipräsidium erfolgt. Eine weitere Option wäre gewesen, Julien Blanc bzw. die Mitarbeiter der Firma „Real Social Dynamics“ im Vorfeld dazu zu verpflichten, auf strafrechtlich relevante Äußerungen zu verzichten.
Bis dato wurde weder dem KVR noch der Polizei bekannt, ob Julien Blanc und seine Firma in München diesbezügliche Seminare durchgeführt haben.
Das KVR wird die geplanten Veranstaltungstermine im März 2015 im Auge behalten und bei Bekanntwerden der Veranstaltungsorte in Zusammenar-beit mit dem Polizeipräsidium München prüfen, welche Gegenmaßnahmen angezeigt sind. Art. 19 Abs. 4 Satz 2 LStVG i.V.m. §§ 111 StGB ermöglicht es, entsprechende Veranstaltungen zu untersagen. Dabei ist allerdings stets sorgfältig zu prüfen, ob die strafrechtlichen Tatbestandsmerkmale als zwingende Unter-sagungsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall tatsächlich erfüllt werden.
Zu 3.)
Die Ausländerbehörde nimmt zu Ziffer 3. des o.g. Stadtratsantrages wie folgt Stellung:
Bei Herrn Blanc handelt es sich um einen Staatsangehörigen der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese bedürfen weder für Touristenaufenthalte noch für längerfristige Aufenthalte eines Visums für die Einreise in das Bundesgebiet. Folglich würde weder eine deutsche Auslandsvertretung noch die Ausländerbehörde im Vorfeld von einer geplanten Einreise erfahren. Herrn Blanc könnte die Einreise nur ver weigert werden, wenn er von der Bundespolizei an einem Flughafen oder im Falle der Einreise auf dem Landwege an einer Außengrenze der Bundesrepublik Deutschland überprüft und zurückgewiesen würde. Eine Verweigerung der Einreise kommt insbesondere in Betracht, wenn der Ausländer im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist.
Anlässlich des vorliegenden Stadtratsantrages hat die Ausländerbehörde München bereits Kontakt mit dem Bundesministerium des Innern (BMI) und der Bundespolizei aufgenommen. Das BMI, bei dem Herrn Blanc betreffend bereits mehrere Presseanfragen eingegangen sind, verwies hinsichtlich des Erlasses polizeilicher und/oder ordnungsbehördlicher Maßnahmen auf die Landespolizeibehörden und Ordnungsämter. Die Bundespolizei, die zuständig für eine Ausschreibung zur Zurückweisung und für deren Durchführung ist, teilte mit, dass ihrer Ansicht nach die vorliegenden Erkenntnisse nicht ausreichen würden, um in eigener Zuständigkeit eine Ausschreibung von Herrn Blanc im SIS zu veranlassen.
Die Ausländerbehörde hat auch geprüft, ob sie aufgrund der ihr bekannten Umstände selbst eine Ausschreibung zur Einreisever weigerung im SIS zu Lasten von Herrn Blanc veranlassen kann. Eine solche käme im Fall von Herrn Blanc nur in Betracht, wenn gegen ihn eine Ausweisungsverfügung erlassen werden könnte. Ein Ausländer kann insbesondere ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftatanzusehen ist. Auch wenn die von Herrn Blanc im Rahmen seiner Veranstaltungen vermittelten Inhalte zweifelsohne verabscheuungswürdig und als sittlich auf niedrigster Stufe stehend zu beurteilen sind, liegen (derzeit) die Voraussetzungen für den Erlass einer Ausweisung gegen Herrn Blanc nicht vor.
Von Herrn Blanc im Bundesgebiet begangene Rechtsverstöße oder etwaige Auslandsstraftaten sind nicht bekannt.
Insofern lässt sich eine Einreisever weigerung auch nicht auf den Schengener Grenzkodex stützen, dem zufolge einreisewillige Ausländer keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellen dürfen. Es liegen nämlich keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Herr Blanc im Bundesgebiet Straftaten begehen wird.
Sollte Herr Blanc tatsächlich einreisen und die von ihm geplanten Veranstaltungen durchführen, wird die Ausländerbehörde bei Bekanntwerden etwaiger Rechtsverstöße oder Straftaten selbstverständlich aufenthaltsbeendende Maßnahmen prüfen und gegebenenfalls ergreifen.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.