Der Münchner Stadtrat hat sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit der Verbesserung der Arbeitsorganisation in Altenpflege- Einrichtungen befasst. Deshalb fand jetzt eine Studienreise zu zwei Pflegeeinrichtungen in Bern und Zürich statt, die das Organisationsmodell „Bezugspflege“ umsetzen. Dieses geht zurück auf das aus den USA stammende Konzept „Primary Nursing“, bei dem eine Pflegefachkraft die umfassende Verantwortung für die Pflege einer begrenzten Bewohnergruppe übernimmt mit dem Ziel einer möglichst ganzheitlichen Versorgung. Zwei Münchner Pflegeeinrichtungen, das Damenstift am Luitpoldpark und das Haus Sankt Martin der MÜNCHENSTIFT GmbH, werden das Modell der
Bezugspflege voraussichtlich ab Frühjahr 2015 erproben im Rahmen des Projekts „Qualitätsoffensive stationäre Altenpflege“. Im Unterschied zur Bezugspflege orientiert sich die Pflege in Deutschland derzeit überwiegend an den Modellen der so genannten Funktionspflege, die komplexe Pflegeprozesse in Einzeltätigkeiten zerlegt und auf einzelne Mitarbeiter verteilt, oder der so genannten Bereichspflege, bei der jede Pflegekraft jeweils für die Dauer einer Schicht die Verantwortung für eine Bewohnergruppe übernimmt.
An der Studienfahrt Mitglieder des Stadtrats sowie Vertreterinnen und Vertreter der Katholischen Stiftungsfachhochschule München (KSFH), der Evangelischen PflegeAkademie, des Damenstifts, der MÜNCHENSTIFT
GmbH, der Gewerkschaft ver.di und des Sozialreferats teil, das die Reise organisiert hat. Die Studienfahrt hat gezeigt, wie die Bezugspflege unter den jeweiligen Rahmenbedingungen in der schweizerischen Langzeitpflege umgesetzt wird. Die Verantwortung für Bewohnerinnen und Bewohner wird hierbei verstärkt akademisch qualifizierten Pflegenden und examinierten Pflegenden übertragen. Im Vordergrund steht das Arbeiten im Team, das von einer Pflegefachkraft hauptverantwortlich für die Planung und Organisation der Pflege geleitet wird.
Ein Thema der Studienfahrt war auch die Durchlässigkeit des schweizerischen Bildungssystems, wobei die Akademisierung der Pflegeberufe im Vordergrund stand. In beiden Münchner Pflegeeinrichtungen, die das Modell Bezugspflege erproben werden, studieren bereits Pflegende im Dualen Studiengang der KSFH. Sie werden parallel in Kooperation mit der Berufsfachschule für Altenpflege der Evangelischen PflegeAkademie zu Pflegefachkräften ausgebildet.
Das Projekt „Qualitätsoffensive stationäre Altenpflege“ wird 2018 ausgewertet. Es befasst sich auch mit der Verbesserung der Bewohner- und der Mitarbeiterzufriedenheit. Das Projekt folgt der Fragestellung, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine stärkere Orientierung an der Bezugspflege erfolgen kann. Es geht zugleich um die Erprobung der entsprechenden Mischung von Qualifikationen und Fähigkeiten (Grade- und Skill-Mix). Sozialreferentin Brigitte Meier: „Im Fokus des Projekts steht auch, wie eine berufliche Perspektive für akademisch qualifizierte Pflegende in Deutschland geschaffen werden kann. Das Konzept der Bezugspflege bietet große Chancen, die Attraktivität der Pflegeberufe zu erhöhen, die Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner und die Anliegen der Angehörigen in stärkerem Maße zu berücksichtigen und so für eine größere Zufriedenheit bei allen Beteiligten zu sorgen.“