Die führende Antidoping-Agentur UKAD (Großbritannien) ist in ein systematisches Drogenkartell verwickelt – wie kann München 2020 für „cleane Spiele“ sorgen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 20.4.2016
Antwort Stadtschulrat Rainer Schweppe:
In Ihrer Anfrage vom 20.4.2016 erbitten Sie Auskunft:
„Nicht nur die Panama-Papiere sorgten in den letzten Tagen für Aufregung, auch die Enthüllungen durch eine mit versteckter Kamera arbeitende an- geblichen Sportlerin beim britischen Gynäkologen Mark Bonar brachte Erstaunliches zutage: zu der Phalanx der 150 gedopten Sportler gehören auch zahlreiche Fußballer, darunter Profifußballer des FC Arsenal, des FC Chelsea sowie ‚des seit Monaten die Fachwelt verblüffenden Tabellenfüh- rers Leicester City‘ (SZ-Sport, 4.4.16). Fußballer würden auch nur selten einer Doping-Kontrolle unterzogen, so Doping-Experte Bonar. Und weiter: ‚Ältere Spieler über 30 müssen was machen, die können mit den jungen Spielern um die 18 sonst gar nicht mithalten‘! Besorgniserregend ist insbesondere, dass die für Doping-Kontrolle zustän- dige britische Agentur UKAD von all dem wusste und ein Eingreifen nicht für opportun hielt. UKAD ist sogar von der FIFA beauftragt, weltweit alle Tests vor Olympia in Rio zu ‚koordinieren‘! Eine Anti-Doping-Agentur ent- puppt sich als ‚Spinne im Netz‘.
Nun hat sich die Landeshauptstadt 2014 im Rahmen eines Host-City-Ver- trages mit der UEFA verpflichtet, 2020 Gastgeber für vier Europameister- schafts-Fußballspiele zu sein. Ein mit 3,5 Mio. Euro dotiertes ‚Sicherheits- konzept‘ soll wohl vor äußeren Anschlägen bewahren. Von den ‚inneren Werten‘ der Sportler ist jedoch nicht die Rede.“
Aufgrund der Zuständigkeit des Sportamtes für die „UEFA EURO 2020“ beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
Frage 1:
Wie kann München als Gastgeber dafür Sorge tragen, im Rahmen der UEFA EURO 2020 nicht zum Drogen-Mekka für die Fußballwelt zu werden?
Antwort:
Grundsätzlich besteht in Deutschland das Autonomieprinzip des Sports: Mit dem Grundrecht der Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) wird verfassungsrechtlich die Verbandsautonomie garantiert. Der organisierte Sport in Deutschland hat danach die Befugnis, grundsätzlich frei von staatlicherEinwirkung Personenvereinigungen zu sportlichen Zwecken zu gründen, deren Zweck zu bestimmen, deren Namen zu entscheiden, die Organisation zu gestalten und Mittel und Wege zur Erfüllung selbstgesetzter Aufgaben zu bestimmen (Autonomie). Art. 9 GG schließt darüber hinaus die Befugnis ein, im Bereich des vereins- und verbandsorganisierten Sports eigene sportbezogene Werte zu bilden. Dies gilt für den engeren Bereich der technischen Sport- und Spielregeln gleichermaßen wie für den weiteren Bereich der sportethischen Vorstellungen. Darunter fallen auch Strafmaßnahmen gegenüber einem Sportler, wenn er sich eines Verstoßes gegen die Dopingbestimmungen des Verbandes schuldig gemacht hat, selbst wenn die Einnahme dieses Mittels nicht der staatlichen Rechtsordnung (z. B. dem Betäubungsmittelgesetz) widerspricht.
Neben einem funktionierenden Dopingkontrollsystem und effektiver Dopingprävention durch die Sportverbände wird die Dopingbekämpfung aber auch durch eine konsequente Verfolgung von Dopingdelikten und deren rechtliche Ahndung flankiert. Am 18.12.2015 ist das Gesetz gegen Doping im Sport in Kraft getreten. Dieses Gesetz stellt unter anderem sowohl den unerlaubten Umgang mit Dopingmitteln und die unerlaubte Anwendung von Dopingmethoden (§ 2 AntiDopG) als auch das Selbstdoping von Leistungssportlern (§ 3 und § 4 AntiDopG) unter Strafe. Die Zuständigkeit hierfür liegt bei den entsprechenden Bundes- bzw. Landesbehörden.
Bereits im Zuge der Bewerbung um die EURO 2020 musste die umfängliche Unterstützung seitens der Bundesrepublik in Bezug auf Maßnahmen gegen Doping gegenüber der UEFA garantiert werden. Hierzu hat der Bundesinnenminister eine entsprechende Erklärung gegenüber der UEFA abgegeben.
Darüber hinaus bestehen auf kommunaler Ebene für die Landeshauptstadt keine weiteren rechtlichen Grundlagen oder anderweitige Einflussmöglichkeiten.
Frage 2:
Welche Mittel im Rahmen des insgesamt rund 11,5 Mio. Euro für die UEFA EURO 2020 bewilligten Budgets sind für die Drogenkontrolle vorgesehen?
Antwort:
Aufgrund der o.g. Ausführungen zu den fehlenden Einflußmöglichkeiten auf kommunaler Ebene sind im bewilligten Gesamtbudget zur EURO 2020 keine finanziellen Mittel für „eigene“ Dopingkontrollen oder sonstige Maß-nahmen durch die Landeshauptstadt München als Ausrichterstadt vorgesehen.
Frage 3:
Welche Maßnahmen kann die Landeshauptstadt ergreifen, um ein Um- sichgreifen des von den Hochleistungssportlern ausgehenden Dopingun- wesens auf die in München aktiven Sportlerinnen und Sportler und ihre Vereine vorzubeugen bzw. dieses zu bekämpfen?
Antwort:
Hierzu sei auf die vorangegangenen Ausführungen verwiesen.
Sportrechtlich gilt weltweit der Anti-Doping Code der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Dieser stellt strenge Anforderungen an die Athleten, die im Top-Sport praktisch jederzeit für Dopingkontrollen zur Verfügung stehen müssen. In Deutschland hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) den Code in nationale Regelungen übernommen. Alle Sportverbände haben die Regelungen des NADA-Codes in ihrer Satzung verankert oder die Sportler anderweitig dem Code unterworfen und Anti-Doping-Beauftragte berufen.
Schließlich gilt auch das o.g. Gesetz gegen Doping (AntDopG) im Sport für jedermann.