Oberbürgermeister Dieter Reiter kondoliert zum Tod der Münchner Ehrenbürgerin Dr. Dr. h.c. Hildegard Hamm-Brücher der Familie: „Mit tiefster Betroffenheit habe ich erfahren, dass Ihre Mutter verstorben ist.
Zu diesem schmerzlichen Verlust spreche ich Ihnen, Ihrem Bruder und allen Angehörigen im Namen des Stadtrates der Landeshauptstadt München und persönlich das herzliche Mitgefühl aus.
Mit dem Tod von Frau Staatsministerin a.D. Professorin Dr. Dr. h.c. Hildegard Hamm-Brücher haben wir eine ,Grande Dame der deutschen Politik‘ verloren. Denn niemand hat demokratische Standfestigkeit und Prinzipientreue unbeirrbarer vorgelebt als sie, in ihren politischen Ämtern und Funktionen, als jüngste Münchner Stadträtin (1948 – 56), als Abgeordnete des Bayerischen Landtags (1950 – 66, 1970 – 76) und des Deutschen Bundestags (1976 – 90), als Staatssekretärin im Hessischen Kultusministerium (1967 – 69), im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (1969 – 72) und als Staatsministerin im Auswärtigen Amt (1976 – 82). Außerordentliches Engagement zeigte Hildegard Hamm-Brücher auch in der außerparlamentarischen Arbeit, im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages oder als Protagonistin der christlich-jüdischen Zusammenarbeit und der Aussöhnung mit Israel, als Initiatorin der Volksbegehren für die christliche Gemeinschaftsschule und die ,Rundfunkfreiheit in Bayern‘ oder als Gründungsvorsitzende der Theodor-Heuss-Stiftung.
Über ein halbes Jahrhundert lang hat Hildegard Hamm-Brücher ein demokratisches Beispiel und Vorbild gegeben, hat dabei nicht nur voll Elan und mit herzerfrischendem Temperament, sondern auch ohne eine Spur von Opportunismus und erst recht auch ohne parteipolitische Rücksichtnahmen für ihre Ideen und Ideale gestritten. Auch das hat sie zu einer besonders glaubwürdigen Vorkämpferin für die demokratische Entwicklung und die demokratische Streitkultur in Deutschland gemacht – und schließlich auch zu einer überaus achtbaren Kandidatin bei der Bundespräsidentenwahl 1994.
Gerade München als Ausgangspunkt ihrer politischen Laufbahn und Wahlheimatstadt ist mit der ,Grande Dame der deutschen Politik‘ ganz besonders verbunden. Acht Jahre lang hat sie im Münchner Stadtrat den Wiederaufbau der Stadt mitbestimmt, hier hat sie beispielhaft vorexerziert, dass der Aufbau des demokratischen Gemeinwesens in den Rathäusern und die ,hohe Schule der Demokratie‘ bei der kommunalen Selbstverwaltung beginnt.
Die Stadt hat ihr dafür auch die verdiente Wertschätzung erwiesen: Bereits 1981 wurde ihr die Medaille ,München leuchtet – Den Freundinnen und Freunden Münchens‘ in Gold verliehen. Zehn Jahre später wurde Hildegard Hamm-Brücher im Saal des Alten Rathauses als erste Frau mit der Goldenen Bürgermedaille ausgezeichnet und 1995 wurde sie, ebenfalls als erste Frau in der Geschichte der Stadt, zur Münchner Ehrenbürgerin ernannt. München hatte jedenfalls allen Anlass, stolz zu sein auf seine Ehrenbürgerin. Und das schließt zugleich auch das Bemühen mit ein, ihr politisches Lebenswerk den Bürgerinnen und Bürgern, auch und gerade den Jüngeren, nahezubringen und zu zeigen: Freiheit und Demokratie sind nicht selbstverständlich, sie fallen uns nicht ohne eigenes Zutun in den Schoß, sondern hängen ganz entscheidend ab von den Möglichkeiten, aber auch von der Bereitschaft jedes Einzelnen, sich einzubringen und einzumischen. Diese Einsicht zu fördern, war schon das Ziel der Veranstaltungen, die zu ihrem 80. Geburtstag im Saal des Alten Rathauses in München stattfanden: die Ausstellung ,Freiheit ist mehr als ein Wort‘ und das Symposium „Demokratie als Lebensform“. Einen weiteren Anstoß in diese Richtung gab Hildegard Hamm-Brücher mit ihrem Buch ,In guter Verfassung? Nachdenken über die Demokratie in Deutschland‘, das sie wenige Wochen vor ihrem 85. Geburtstag im Saal des Alten Rathauses vorgestellt hat. Dem gleichen Zweck – nämlich der ,allgemeinen Förderung des demokratischen Staats- und Gemeinwesens in der Bundesrepublik Deutschland‘ sowie der ,Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements zur Unterstützung des demokratischen Staats- und Gemeinwesens in München‘ – dient auch die von ihr initiierte und mit einem Grundstockvermögen ausgestattete, vom Münchner Stadtrat im Oktober 2010 errichtete und vom städtischen Kulturreferat verwaltete Stiftung ,Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen‘. Bis zuletzt hat sie sich mit all ihrer Kraft für Freiheit und Demokratie in unserem Staat eingesetzt. Mit Frau Staatsministerin a.D. Professorin Dr. Dr. h.c. Hildegard Hamm-Brücher hat die Landeshauptstadt München eine große Demokratin und ihre geschätzte Ehrenbürgerin verloren. Wir werden ihr immer ein ehrendes Andenken bewahren.“