Kein Rederecht für einen gewählten Münchner Stadtrat – verstieß der OB gegen die Geschäftsordnung des Münchner Stadtrats?
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 28.1.2016
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Auf Ihre Anfrage vom 28.1.2016 nehme ich Bezug. In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Zu Beginn der Vollversammlung des Münchner Stadtrats am 27.1.2016 fand auf Veranlassung des Oberbürgermeisters ein Gedenkakt aus Anlass des sogenannten ‚Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust‘ statt. Der Fragesteller verweigerte sich diesem Akt und blieb sitzen, ersuchte den Oberbürgermeister aber im unmittelbaren Anschluss daran um die Möglichkeit, eine persönliche Erklärung abzugeben. Eine solche Erklärung sieht § 54 der Geschäftsordnung des Münchner Stadt- rats ausdrücklich vor. Wörtlich heißt es dort: ‚Zur Berichtigung bestimmt bezeichneter Tatsachen, zu persönlichen Bemerkungen oder zur Abwehr eines persönlichen Angriffs wird sofort nach Beendigung der betreffenden Rede, auf Verlangen auch noch am Schluss der Sitzung oder in einer der nächsten Sitzungen, das Wort zu einer Erklärung erteilt‘. – Im Widerspruch zu diesen Bestimmungen versagte der Oberbürgermeister in der fraglichen Sitzung dem Fragesteller das Wort zur Abgabe einer persönlichen, der Klar- stellung dienenden Erklärung.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Auf der Grundlage welcher Bestimmungen der Geschäftsordnung des Münchner Stadtrats versagte der Oberbürgermeister dem Fragesteller in der Stadtrats-Vollversammlung am 27.1. das Wort für eine persönliche Erklärung?
Antwort:
§ 54 der Geschäftsordnung des Stadtrats der Landeshauptstadt München hat folgenden Wortlaut:
„Zur Berichtigung bestimmt bezeichneter Tatsachen, zu persönlichen Bemerkungen oder zur Abwehr eines persönlichen Angriffs wird sofort nach Beendigung der betreffenden Rede, auf Verlangen auch noch am Schluss der Sitzung oder in einer der nächsten Sitzungen, das Wort zu einer Erklärung erteilt. Zu solchen Erklärungen findet keine Aussprache statt.“Die Anwendbarkeit dieser Geschäftsordnungsbestimmung ist jedoch in Ihrem Fall nicht gegeben:
Anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar hatte ich aus der Proklamation des früheren Bundespräsidenten Roman Herzog zitiert, der diesen Gedenktag 1996 eingeführt hatte. Am Schluss dieses Zitats sagte ich wörtlich: „Ich denke, wir können uns diesen Worten – zumindest zu sehr großen Teilen – anschließen“.
Meine Worte beinhalteten weder eine bestimmt bezeichnete Tatsache, die zu berichtigen wäre, noch eine persönliche Bemerkung über Sie oder einen gegen Sie gerichteten persönlichen Angriff.
Die Voraussetzungen der Geschäftsordnung, die Sie zu einer Erklärung nach § 54 GeschO berechtigt hätten, lagen demnach nicht vor.
Frage 2:
Warum versagte der Oberbürgermeister dem Fragesteller in der fraglichen Sitzung das Wort für eine persönliche Erklärung?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Inwieweit vermag der Oberbürgermeister nachzuvollziehen, dass er mit seiner Vorgehensweise in der fraglichen Vollversammlung eine Zuwider- handlung gegen die Geschäftsordnung des Münchner Stadtrats beging?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.