Wie klimafreundlich sind Münchens Klassenreisen?
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Rathaus Umschau 70 / 2016, veröffentlicht am 14.04.2016
Wie klimafreundlich sind Münchens Klassenreisen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP) vom 5.2.2016
Antwort Stadtschulrat Rainer Schweppe:
Ihrer Anfrage vom 5.2.2016 haben Sie Folgendes vorausgeschickt:
Sie verweisen auf einen Artikel in der taz vom 30./31.Januar, in dem zu lesen war, dass Schulen noch nicht angehalten sind, die Klassenreisen ihrer Schülerinnen und Schüler unter dem Aspekt des „ökologischen Fußabdrucks“ zu gestalten. Außerdem fehle es an Bildungsangeboten für die Lehrer, denn diese organisieren die Schulfahrten.
Zu den gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie viele Klassenfahrten finden pro Schuljahr an städtischen Schulen statt?
Antwort:
An den 14 städtischen Gymnasien fahren von den 467 Klassen und Kursen, bezogen auf das Schuljahr 2015/16, rund 200 aus den Jahrgangsstufen 5 bis 12 auf Klassen- bzw. Studienfahrt. Es handelt sich vorwiegend um Schullandheimaufenthalte, Skikurse und Studienfahrten der Oberstufe.
Die Anzahl der Einzelfahrten ist nochmals deutlich reduziert auf etwa 150, da – wenn möglich – zwei Klassen gemeinsam Bus oder Bahn als Beförderungsmittel nutzen.
Nicht eingerechnet sind Fahrten, an denen nicht die gesamte Klasse teilnimmt, wie SMV-Fahrt, Chorfahrt, Skitag oder der Schülerinnen- und Schüleraustausch, der ebenfalls nicht die gesamte Klasse betrifft.
Im Bereich der städtischen Realschulen und Schulen besonderer Art werden pro Schuljahr ca. 200 (mehrtägige) Klassenfahrten durchgeführt. Diese Reisen werden mit der Bahn oder dem Bus unternommen.
Frage 2:
Wie häufig wird die Reise per Flugzeug unternommen?
Antwort:
In fünfzehn Fällen wurde im Bereich der städtischen Gymnasien das Flugzeug als Transportmittel gewählt. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dassder Schülerinnen- und Schüleraustausch nicht eingerechnet ist. Dieser erfolgt oftmals mit dem Flugzeug aufgrund weiter entfernt liegender Ziele, wie z.B. China, Großbritannien, U.S.A., Spanien, Jordanien.
Flugreisen im Bereich der städtischen Realschulen kommen in Ausnahmefällen vor, allerdings ausschließlich im Rahmen von Schüleraustauschprogrammen.
Frage 3:
Nach welchen Kriterien werden die Klassenfahrten geplant und spielt die Umweltverträglichkeit bei der Organisation der Reise eine Rolle?
Antwort:
Ausgehend vom Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schulen, festgelegt in Art. 1 BayEUG und Art. 9 (1) BayEUG und dem jeweiligen Schulprofil, erfolgen Planung und Organisation der Klassenfahrten je nach den Zielen, welche mit der Fahrt verfolgt werden sollen. Diese können beispielhaft sein: Erwerb und Ausbau sozialer Kompetenzen, Stärkung der Klassengemeinschaft, Motivation der Schülerinnen und Schüler, Verbesserung des LehrerInnen – SchülerInnenverhältnisses, Umsetzung des Lehrplans (Skikurse) bzw. Vermittlung fachspezifischer und/oder fächerübergreifender Lehrplaninhalte und Themen, insbesondere Sicherung einer umfassenden Bildung im Rahmen der Chancengleichheit.
Für Schüleraustausche sind Kriterien wie die Schulung bzw. die Anwendung von Fremdsprachen (Englisch und Französisch) sowie der Erwerb kultureller und sozialer Kompetenzen entscheidend.
Für die Wahl des Zielortes und des Beförderungsmittels spielen die Kosten und finanziellen Möglichkeiten der Eltern die ausschlaggebende Rolle.
Wie sich zeigt, wird hauptsächlich der Bus als kostengünstigste Alternative gewählt. Hier versuchen die Schulen aus Umweltgründen zwei Klassen mit einem Großbus zusammenzulegen, bei geringer Preisdifferenz wird die Bahn vorgezogen.
Umweltaspekte spielen wieder am Zielort und bei der Wahl der Unterkunft eine Rolle: Art der Verpflegung (gesunde, regionale Bio-Frischkost), Thematisierung ökologischer Aspekte vor Ort (z.B. Skilager, Schullandheim).Ein städtisches Gymnasium hat sich aus Umweltgründen gegen Skilager ausgesprochen und führt mit seinen Schülerinnen eine Sommersportwoche durch.
Frage 4:
Welche Möglichkeiten gibt es, Umweltfreundlichkeit als Kriterium für eine Klassenfahrt zu etablieren?
Antwort:
Umweltfreundlichkeit von Klassenreisen spielt als Kriterium für die Auswahl der Reisen ebenso eine wichtige Rolle, wobei hier Freiräume außerhalb der Stundentafel als Chance zur ökologischen und kulturellen Bildung genutzt werden.
Dementsprechend werden Angebote der städtischen Schullandheime intensiv wahrgenommen.
Im Schullandheim Ambach besteht zum Beispiel die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit einem Umweltpädagogen zum Schwerpunkt Natur und Umwelt.
Das Schullandheim Maxhofen hat den Schwerpunkt gesunde Ernährung. Hier gibt es die Möglichkeit des Besuchs eines Ökobauernhofes, welche sehr intensiv wahrgenommen wird.
Das Schullandheim Krainsberger Hof bietet Ökoseminare an.
Auch das Schullandheim Seeheim hat sich den Schwerpunkt Natur und Umwelt gesetzt.
Diese Angebote sind den Lehrkräften an städtischen Gymnasien und Realschulen und Schulen besonderer Art gut bekannt.
Schulleitungen werden hierzu regelmäßig informiert und auf entsprechende Unterlagen wie den im Antrag erwähnten Leitfaden zum Thema nachhaltige Klassenreisen bzw. Internetseiten (https://ratgeber.schulfahrt. de/reiseplanung/nachhaltiges-reisen-217.php) hingewiesen.
Die Eigenständigkeit von Schulen bietet einen großen Gestaltungsspielraum, so hat sich die Städt. Fridtjof-Nansen-Realschule für das Schulprofil „Umweltschule“ entschieden.
Im letzten Schuljahr wurde der Schule das Siegel „Umweltschule in Europa/Internationale Agenda 21 – Schule“ überreicht.
Die Städt. Fridtjof-Nansen-Realschule gibt in Regelmäßigkeit die entsprechenden Erfahrungen als Best Practice an andere Schulen weiter, hierzu gehört auch das Thema des „ökologischen Fußabdrucks“.Frage 5:
Kann im Rahmen der Weiterbildungsangebote des pädagogischen Instituts auf das Thema „ökologischer Fußabdruck“ im Allgemeinen und bei Klas- senfahren im Besonderen eingegangen werden?
Antwort:
Das Pädagogische Institut, Fachbereich 4, bietet regelmäßig Veranstaltungen für Lehrkräfte zum Thema Mobilität, Reisen und Tourismus an. Für das 73. Programm ist eine Veranstaltung zum Tourismus geplant und ein Fachtag zum Thema Energie und Klima, bei dem auch die Mobilität thematisiert werden soll.
Darüber hinaus sind auch spezielle Veranstaltungen für Schülerinnen und Schüler Bestandteil des Programmangebots, z.B. ein Theaterstück „Let´s go“ ab der 7. Jahrgangsstufe zu unterschiedlichen Formen der Mobilität (finanziert vom KVR). Auch das SchülerInnenprogramm zur Politischen Bildung bietet die Möglichkeit, passende Veranstaltungen zum Thema zu entwickeln.
Fortbildungen, die speziell nachhaltige Klassenfahrten thematisieren, können ergänzend als schulinterne Veranstaltungen angeboten werden. Im Rahmen von Dienstbesprechungen für die Umweltbeauftragten der Schulen können diese unterstützenden Möglichkeiten mit dem Ziel vorgestellt werden, Schulleitungen und Kollegien entsprechend darüber zu informieren.
Viele Schulen haben schon ein bewährtes Fahrtenprogramm. Schulen, die sich besonders für Umweltbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) einsetzen, werden diese profilbildende Ausrichtung auch in ihrem Fahrtenprogramm berücksichtigen. Deshalb ist die Stärkung von BNE an den Münchner Schulen ein wichtiger grundlegender Ansatz.