Flüchtlingsunterkünfte mit ausreichend hohen Trennwänden ausstatten!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Lydia Dietrich, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller, Dominik Krause, Sabine Krieger, Hep Monatzeder, Sabine Nallinger, Thomas Niederbühl, Dr. Florian Roth und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/ Rosa Liste) vom 27.1.2016
Antwort Sozialreferat:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen den Einsatz von höheren Trennwänden in allen Unterkünften zur Unterbringung von geflüchteten Menschen zur Verbesserung der Privatsphäre der Bewohnerinnen und Bewohner. Hierbei handelt es sich um bauliche Merkmale der Flüchtlingsunterkünfte, die bei allen Bauvorhaben dieser Art wiederkehren. Zudem sind keine erheblichen Verpflichtungen für die Landeshauptstadt München zu erwarten.
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 27.01.2016 teile ich Ihnen nach Stellungnahme der Branddirektion Folgendes mit:
Nach Art. 12 der Bayerischen Bauordnung muss der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorgebeugt werden, um die rasche Rettung von Menschen
sowie wirksame Löschmaßnahmen zu ermöglichen. Da in Großschlafräumen, wie sie in Flüchtlingsunterkünften anzutreffen sind, allerdings keine Wände im Sinne des Bauordnungsrechtes eingebaut sind, erfolgt im Brandfalle eine ungehinderte und damit sehr rasche Ausbreitung von Feuer und Rauch auf den gesamten Großschlafraum. Diesbezüglich liegt größtes Augenmerk auf der Selbstrettung bzw. der durch den anwesenden Sicherheitsdienst unterstützten Rettung. Eine Fremdrettung durch die Feuerwehr erscheint für den Bereich eines Großschlafraumes aufgrund der beschriebenen raschen Ausbreitung von Feuer und Rauch nicht möglich.
Bauordnungsrechtlich beschreibt der Begriff „Trennwand“ eine raumabschließende Wand, welche Nutzungseinheiten untereinander abtrennt und eine Feuer- und Rauchdurchdringung für mindestens 30 Minuten verhin-dert. An Wände, die horizontale Rettungswege (sog. notwendige Flure) von Nutzungseinheiten abtrennen, bestehen diese Anforderungen ebenso.
Gebäude, die als Unterkünfte genutzt werden, sind zur Erreichung der o.g. Schutzziele (rasche Menschenrettung und wirksame Löschmaßnahmen) bauseits grundsätzlich mit Trennwänden im Sinne des Bauordnungsrechtes auszustatten. Bei ursprünglich nicht als Unterkunft geplanten Gebäuden (Verwaltungs- und Bürogebäuden mit Großraumbüros) sowie bei Leichtbauhallen ist dies nachträglich nur unter erheblichem baulichen Aufwand oder gar nicht möglich.
Die Ausbildung der genannten Gebäude ohne Wände im Sinne des Bauordnungsrechtes stellt eine bauordnungsrechtliche Abweichung dar. Um die beschriebenen Schutzziele dennoch einzuhalten, sind Kompensationsmaßnahmen notwendig, zu denen unter anderem die Höhenbegrenzung der vorhandenen Sichtschutzwände zählt.
Die im Antrag beschriebene „Trennwandhöhe“ (keine Trennwand im Sinne des Bauordnungsrechtes) und die damit verbundene Möglichkeit, dass erwachsene Personen diese überblicken können, ist aus brandschutztechnischen Gesichtspunkten zwingend notwendig. Eine Erhöhung dieser „Wände“ stellt für die im Antrag genannten Gebäude (Leichtbauhallen, Bürogebäude) aufgrund der vorhandenen niedrigen Deckenhöhe eine nicht kompensierbare bauliche Maßnahme dar.
Die Höhenbegrenzung ist ein wesentlicher Bestandteil der Kompensationsmaßnahmen, um die Selbstrettung schnellstmöglich einzuleiten und zu unterstützen. Rauchwarnmelder sorgen für eine frühzeitige Alarmierung der Bewohner und des Sicherheitspersonals. Beide können im Fall eines Rauchmelderalarms sofort ein vorliegendes Schadensereignis erkennen, weil der Großschlafraum durch die geringe Höhe der Sichtschutzwände noch überschaubar bleibt. Eine Alarmierung der Bewohner durch das Sicherheitspersonal kann nur dann in kürzester Zeit erfolgen, wenn der Großschlafraum in Gänze überblickt werden kann.
Es hat sich bei Alarmauslösung in Münchner Unterkünften des öfteren gezeigt, dass auf akustische Warneinrichtungen nur zögerlich und in vielen Fällen nicht reagiert wird, wenn ein vorliegendes Schadenereignis nicht auch sichtbar ist. Durch höhere Sichtschutzwände würde ein zeitlicher Verzug entstehen, der bei der raschen Feuer- und Rauchausbreitung nicht hinnehmbar ist. Ferner können Personen den genauen Schadensort aufgrund der Höhenbeschränkung erkennen um in die entgegengesetzte Richtung fliehen zu können, unabhängig des ersten bzw. zweiten Rettungsweges.Zusätzlich ist es für das Sicherheitspersonal und die Feuerwehreinsatzkräfte möglich, einen Großraumschlafraum durch Überblicken der Sichtschutzwände schnellstmöglich abzusuchen.
Bestätigt wurde diese Höhenbeschränkung durch Brandversuche im Karlsruher Institut für Technologie (KIT) – Forschungsstelle für Brandschutztechnik – im Januar 2016. Dort wurde der Nachbau durch Sichtschutzwände unterteilter Schlafbereiche entzündet. Auch höhere Sichtschutzwände haben keine Verbesserung hinsichtlich der Brandausbreitung bewirkt. Die generell enorme Rauchfreisetzung führt sehr schnell zu einer kompletten Verrauchung des gesamten Großschlafraumes.
Ein Brand in der Maria-Probst-Straße hat gezeigt, wie schnell ein Brand selbst in Containerunterkünften verlaufen kann, obwohl hier durch die eingesetzten Container raumhohe Abschlüsse vorhanden sind. Die Containeranlage brannte komplett aus. Nur dem schnellen und umsichtigen Handeln des Sicherheitsdienstes war es zu verdanken, dass alle Personen noch vor Eintreffen der Feuerwehr in Sicherheit gebracht wurden.
Die bundesweit abgestimmte und anerkannte AGBF-Empfehlung 2014-2 sieht die Schutzziele als erreichbar an, wenn die Sichtschutzwände nicht höher als 1,6 m ausgebildet werden.
Selbstverständlich sind Einzelfälle denkbar, bei denen eine erhöhte Sichtschutzwand eingebaut werden könnte, die aber unter anderem eine sehr große Raumhöhe voraussetzen. Diese Grundvoraussetzung ist bei den im Antrag beschriebenen Gebäuden allerdings nicht vorhanden.
Als einzige Alternative zu den 1,6 m hohen Sichtschutzwänden ist der Einbau von feuerhemmenden Flurwänden nach bauordnungsrechtlicher Definition anzusehen. Für Leichtbauhallen ergibt sich aus bautechnischen Gründen diese Option jedoch nicht.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.