Stickoxid-Belastungen durch Dieselloks in München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 9.3.2017
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Sie haben am 9.3.2017 o.a. Anfrage zu „Stickoxid-Belastungen durch Dieselloks in München“ an Herrn Oberbürgermeister Reiter gestellt. Das Referat für Gesundheit und Umwelt wurde mit der Bearbeitung Ihrer Anfrage betraut. Wir bedanken uns für die gewährte Terminverlängerung.
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Durch das aktuelle Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sind die Luftverschmutzungen durch Diesel-PKW und eventuell daraus resultierende Fahrverbote derzeit in aller Munde.
Was in der Diskussion völlig außer Acht gelassen wird, ist der NOx-Ausstoß der dieselbetriebenen Züge, die immer noch zahlreich in München unterwegs sind.
Insbesondere in unmittelbarer Nähe zu Landshuter Allee und Donnersberger Brücke, dem Streckenabschnitt des Mittleren Rings, der am stärks- ten von Luftverschmutzung betroffen ist, verkehren auf der Linie der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) täglich viele Dieselloks. Es erscheint wenig verständlich, dass Autofahrern mit nahezu neuen, schadstoffarmen Diesel-PKW schon in wenigen Monaten Fahrverbote und enorme Wertverluste ihres Autos drohen, während bei Zügen keinerlei Anstrengungen unternommen werden, um den Schadstoffausstoß zu verringern.“
Gemäß den Untersuchungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zur 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans im Jahr 2015 ist der Straßenverkehr Hauptverursacher der Luftschadstoffbelastung (Stickstoffdioxid, NO2) in München. Der Schienenverkehr trägt über die Hintergrundbelastung zur Gesamtbelastung bei und wird daher bei den Untersuchungen nicht gesondert ausgewiesen.
Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte treten also in München an stark befahrenen Straßen mit geschlossener Randbebauung auf. Entlang von Eisenbahnstrecken gibt es i.d.R. keine geschlossene Randbebauung und auch die Emissionen sind u.a. aufgrund der Taktfolge der Züge deutlich geringer als an hoch belasteten Straßen. Hinzu kommt, dass die Emissionen des Schienenverkehrs nicht wie bei den Pkw bodennah, sondern in einigen Metern darüber ausgestoßen werden, was zu einer stärkerenVerteilung in der Atmosphäre beiträgt. Insgesamt ist davon auszugehen, dass entlang der Bahnstrecke der BOB nicht mit Überschreitungen der Luftschadstoffgrenzwerte zu rechnen ist.
Die NOx-Emissionen sind bei der Bahn pro Personenkilometer zudem geringer als bei Pkw und Flugzeugen (Inland). Zudem sind erst dieses Jahr neue EU-Emissionsstandards für Lokomotiven in Kraft getreten, die ab 2020/2021 greifen.
Die Förderung des ÖPNV, also möglichst viele Verkehrsleistungen vom motorisierten Individualverkehr auf den öffentlichen Nahverkehr zu übertragen, zählt im Übrigen zu den vorrangigen Zielen der Luftreinhalteplanung. Dies ist nur über ein möglichst attraktives Angebot des ÖPNV, zu der auch die Bayerische Oberlandbahn (BOB) beiträgt, zu erreichen.
Zur Beantwortung eines Teils Ihrer Anfrage wurde eine Stellungnahme der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) eingeholt. Ihre Fragen können im Einzelnen wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Wie viele Züge mit Dieselantrieb verkehren täglich auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München?
Antwort:
Hierzu teilte uns die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) mit: „In der Landeshauptstadt München verkehren folgende Züge des SPNV mit Dieseltraktion:
Züge von und nach Mühldorf: 52
Züge von und nach Wasserburg: 12
Züge von und ins Oberland: 55
Züge von und nach Buchloe/Allgäu: 75
Summe: 194“
Frage 2:
In wie weit tragen die Dieselloks der BOB zur NOx-Verschmutzung bei?
Antwort:
Die BEG führt dazu aus;
„Die Fahrzeuge erfüllen gemäß Herstellerangaben die zu den damaligen Inbetriebnahme-Zeitpunkten gültige Euro II Norm. Aufgrund des hohen Fahrgastaufkommens trägt die BOB – wie der gesamte Schienenpersonalverkehr – wesentlich zur Entlastung der Straßen und somit zur Vermeidung noch größerer Straßenverkehrs- und Stickoxidbelastungen bei. Zudem liegen die spezifischen Stickoxidemissionen, d.h. die Emissionen je Personenkilometer, trotz des höheren Euro II Norm-Grenzwertes aufgrund der starken Auslastung der BOB-Züge im Münchner Raum auf einem niedrigen Niveau. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass der Schienenpersonennahverkehr in den relevanten spezifischen Emissionswerten unterhalb des Pkw-Verkehrs liegt (Quelle Tremod 5.63, Umweltbundesamt April 2016).“
Frage 3:
Falls hierzu mangels eigener Daten bislang keine Aussage gemacht werden kann: Ist es möglich, an einer Stelle mit wenig Autoverkehr eine Messstation speziell für die NOx-Belastung durch Dieselloks einzurichten, z.B. am Heimeranplatz oder in der Nähe der Haltestelle Siemenwerke?
Antwort:
Solche Messungen müssten als „orientierende“ Messungen nach der 39. BImSchV mindestens über ein Jahr verteilt mit nicht geringem Aufwand stattfinden. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) hat 2015 eine Studie zu der räumlichen Verteilung der NOx-Belastung im Umfeld von vorhandenen, hochbelasteten Luftmessstationen veröffentlicht (Quelle: https://www.lfu.bayern.de.luftindex.htm#a0100rechtsPublikationen) und festgestellt, dass der Dieselverkehr auf den unter der Donnersbergerbrücke vorbeiführenden Bahngleisen von untergeordneter Bedeutung sei. Dies dürfte auch auf die guten Ausbreitungsbedingungen, wie sie auch an anderen Bahnstrecken herrschen, zurückzuführen sein (siehe auch Einleitung oben).
Frage 4:
Wie kann sich die Landeshauptstadt München gezielt dafür einsetzen, dass die Strecken ins Bayerische Oberland endlich vollständig elektrifiziert werden?
Antwort:
Die BEG gibt hierzu folgende Stellungnahme ab:
„Die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH plant, finanziert und kontrolliert im Auftrag des Freistaats Bayern die Verkehrsleistungen im bayerischen Schienenpersonennahverkehr. Zu den Aufgaben des Freistaats gehört nicht die Instandhaltung oder der Betrieb der Infrastruktur, oder der Ausbau der Infrastruktur, wie z.B. die Elektrifizierung des Bayerischen Oberlandes. Instandhaltung und Betrieb der Infrastruktur liegen bei der DB Netz AG mit der DB Energie GmbH und DB Station&Service AG.
In Bezug auf die Finanzierung der Schieneninfrastruktur ist laut Artikel 87e Grundgesetz der Bund zuständig. Dies betrifft auch das Streckennetz desBayerischen Oberlandes, mit Ausnahme des kurzen Abschnitts Schaftlach – Tegernsee.
Auch die BEG befürwortet eine vollständige Elektrifizierung des Bayerischen Oberlandes aus ökologischen und ökonomischen Gründen. Dabei setzt die BEG auf einen durchgehenden Verkehr von und nach München aus und in das Bayerische Oberland. Die BEG würde sich über eine Unterstützung seitens der Landeshauptstadt München freuen und regt an, dass die Landeshauptstadt sich direkt an den Bund wendet.“
Wie in der o.a. Stellungnahme der BEG ausgeführt, ist für die Finanzierung der Schieneninfrastruktur der Bund zuständig. Die Landeshauptstadt München hat also keine direkten Einflussmöglichkeiten auf die Elektrifizierung dieser Strecken und kann sich also nur an den Bund wenden. Das RGU wird eine derartige Initiative zeitnah vorbereiten.
Frage 5:
Im Falle künftiger Diesel-Fahrverbote: Kann die Landeshauptstadt München an den betroffenen Tagen auch den Bahnbetreibern Fahrverbote für Dieselloks erteilen?
Antwort:
Gemäß § 47 Bundes-Immissionsschutzgesetz sind Maßnahmen entsprechend dem Verursacheranteil unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen. Gemäß der Ausführungen in der 6. Fortschreibung des Luftreinhalteplans München ist Hauptverursacher der NO2-Belastung der Straßenverkehr im Wesentlichen durch die Dieselfahrzeuge. Der Schienenverkehr trägt über die Hintergrundbelastung zur Gesamtbelastung bei und wird daher bei den Untersuchungen nicht detailliert berücksichtigt. Entsprechend der Ausführungen zur Frage 1 ist aus den dort genannten Gründen entlang der Bahnstrecken der BOB mit keinen durch den Schienenverkehr verursachten Grenzwertüberschreitungen zu rechnen.
Zuständig für die Festlegung von Maßnahmen im Luftreinhalteplan München ist die Regierung von Oberbayern, ihre Umsetzung obliegt den Eisenbahnaufsichtsbehörden.