Die Stadt München nutzt externe Architektenleistungen als Unterstüt- zungsangebot, um das Ziel „Bayern Barrierefrei 2023 – Inklusive Stadt München“ auch wirklich zu erreichen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Jutta Koller, Sabine Krieger und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 3.11.2016
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Sie beantragen, dass die Stadtverwaltung sich bei Neu- und Umbauten mit den Anforderungen für inklusiv nutzbare Gebäude beschäftigen soll und dabei externe Facharchitekten hinzuziehen soll.
Die Planung und Beauftragung von Bauwerken gehört zu den ständigen Aufgaben der zuständigen Referate. Dabei sind selbstverständlich die Auflagen der Bayerischen Bauordnung und der einschlägigen DIN-Vorschriften in Bezug auf die Barrierefreiheit zu beachten. Ob und inwieweit externe Leistungen beauftragt werden müssen, obliegt der Verantwortung der Referate.
Der Inhalt des Antrages betrifft deshalb eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag vom 3.11.2016 teile ich Ihnen aber Folgendes mit:
Sie fordern die Stadtverwaltung auf, sich bei allen zukünftigen Neu- und Umbauten – vor allem im Kultur- und Bildungsbereich – intensiv mit den Voraussetzungen für inklusive Gebäude zu beschäftigen und mit externen Facharchitekten zusammenzuarbeiten.
Dazu benennen sie sechs konkrete Punkte, die von der Zusammenarbeit umfasst sein sollen.
Den verwendeten Begriff „inklusives Gebäude“ interpretiert das Sozialreferat so, dass das Bauwerk barrierefrei ist und Inklusion, also die Einbeziehung aller in die vorgesehene Nutzung, ermöglicht und unterstützt.
Die Landeshauptstadt München arbeitet seit mehreren Jahrzehnten an dem Abbau von baulichen und anderen Barrieren. In dieser Zeit haben sich die gesetzlichen Vorgaben und die technischen Normen weiterentwickelt.Die sich wandelnde Definition von Barrierefreiheit bedeutet, dass diese nicht zu einem festen Stichtag im Jahr 2023 erreicht werden kann, sondern eines steten Bemühens und einer ständigen Entwicklung bedarf.
Ein wichtiges Instrument der Landeshauptstadt München zur barrierefreien Bauweise ist der Städtische Beraterkreis barrierefreies Planen und Bauen, dessen Geschäftsführung im Sozialreferat, Amt für Soziale Sicherung, angesiedelt ist. Er unterstützt nicht nur die städtischen Referate, sondern auch alle anderen Bauträger, die dies wünschen, mit fachkundiger Beratung.
Derzeit gehören dem Beraterkreis folgende Dienststellen, Organisationen und Interessensvertretungen an:
- die Referate der Landeshauptstadt München
- der Behindertenbeauftragte der Landeshauptstadt München
- die Gesamtschwerbehindertenvertretung der Landeshauptstadt München
- die Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege München
- der Behindertenbeirat der Landeshauptstadt München
- der Seniorenbeirat der Landeshauptstadt München
- der Sozialverband VdK München
- der Club Behinderter und ihrer Freunde (CBF)
- die Stiftung Pfennigparade
- der Bayerische Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB)
- die Beratungsstelle Wohnen des Vereins Stadtteilarbeit
- der Kreisjugendring München-Stadt
- die Behindertenvertretung im Erzbischöflichen Ordinariat
- die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG)
- der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV)
- die Deutsche Bahn
- die Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architekten kammer
Die städtischen Referate können die Leistungen der Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer auch ohne Einbeziehung des Beraterkreises nutzen. Bei der Unterstützung handelt es sich jedoch grundsätzlich nur um eine Erstberatung. Auf ihrer Website stellt sich die Beratungsstelle wie folgt vor:
„Bereits 1984 hat die Bayerische Architektenkammer mit Unterstützung des Bayerischen Sozialministeriums die ‚Beratungsstelle Barrierefreies Bauen‘ eingerichtet. In diesen 30 Jahren hat sie über 60.000 kostenloseBeratungen durchgeführt und über alle wesentlichen Aspekte des barrierefreien Planens und Bauens informiert.
Seit 2015 bietet die Bayerische Architektenkammer ein nochmals erweitertes Beratungsangebot und ist mit ihrem neuen Namen ‚Beratungsstelle Barrierefreiheit‘ ein zentraler Bestandteil des Programms ‚Bayern barrierefrei 2023‘ (Quelle: http://www.byak.de/start/beratungsstellen/beratungsstelle-barrie-refreiheit.)
Der Behindertenbeirat – Facharbeitskreis Mobilität nahm zum Antrag der Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste wie folgt Stellung:
„Der Facharbeitskreis Mobilität im Behindertenbeirat der LHM unterstützt den Antrag, der aus seiner Sicht dahingehend zu ergänzen ist, dass auch für den öffentlichen Verkehrs- und Freiraum Beratungsleistungen erforderlich sind.
Die vorhandenen Strukturen – Städtischer Beraterkreis Barrierefreies Planen und Bauen und Facharbeitskreis Mobilität im Behindertenbeirat – können aufgrund der vorhandenen Kapazitäten nur punktuell beraten. Das Angebot der Bayerischen Architektenkammer kann die bestehenden Lücken bei weitem nicht schließen. Die langjährige Praxis zeigt, dass viele Planer bis heute nicht über das Know-how oder die entsprechende Sensibilität verfügen, um eine barrierefreie Planung und deren Umsetzung zu gewährleisten.
Den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im FAK Mobilität und im Städtischen Beraterkreis Barrierefreies Planen und Bauen würde diese Unterstützung sehr helfen, da sie schon seit einigen Jahren an ihre Kapazitätsgrenze gelangt sind und viele Projekte gar nicht oder nicht in der erforderlichen Tiefe beraten und begleiten können.
Zusätzlich zu diesem ehrenamtlichen Engagement – das der Facharbeitskreis auch weiterhin im derzeitigen Umfang aufrechterhalten wird – sollten daher zusätzliche Beratungsleistungen finanziert werden. Sie werden mit Sicherheit zu mehr Planungen und Umsetzungen von Baumaßnahmen führen, die tatsächlich den Maßgaben der Barrierefreiheit entsprechen.
Der von der Vollversammlung im Juli 2013 verabschiedete 1. Aktionsplan zur Umsetzung der UN Behindertenrechtskonvention zeigt, dass die LHM hier Vorreiter sein möchte.Deshalb ist es nur folgerichtig, über die Parteigrenzen hinweg eine fachlich sinnvolle Entscheidung zu fällen, die allen Bürgerinnen und Bürgern zugute kommen wird.
Die Antragsannahme mit der vom Facharbeitskreis Mobilität formulierten Ergänzung würde die Stadt dem Ziel einer barrierefreien Erreichbarkeit und Nutzbarkeit entscheidend ein Stück näher bringen. Wir würden uns über einen entsprechenden Beschluss sehr freuen.“
Um die barrierefreie Bauweise und Planung in der Landeshauptstadt München weiter zu verbessern, wird die Arbeit des Städtischen Beraterkreises barrierefreies Planen und Bauen derzeit weiterentwickelt. Alle Mitglieder des Beraterkreises werden einbezogen. Unter anderem wird die Frage, ob die vorhandenen Kapazitäten ausreichen, eine wichtige Rolle spielen. Dabei wird auch die Stellungnahme des Behindertenbeirats – Facharbeitskreis Mobilität berücksichtigt. Der Weiterentwicklungsprozess soll Mitte des Jahres 2017 abgeschlossen werden. Die Ergebnisse werden anschließend dem Stadtrat vorgelegt.
In diesem Zusammenhang wird der vorliegende Antrag noch einmal aufgegriffen und in die Abstimmung mit den städtischen Dienststellen einbezogen.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.