Die Arbeitsstipendien der Landeshauptstadt München für Münchner Autorinnen und Autoren 2017 werden an Christoph Poschenrieder für sein Romanprojekt „Meyrink und die Macht des Wortes“ sowie Susanne Röckel für ihre „Phantastischen Erzählungen“ vergeben. Dies hat der Feriensenat des Stadtrats auf Empfehlung einer Jury heute beschlossen. Die jährlich ausgereichten zwei Arbeitsstipendien sind mit jeweils 6.000 Euro dotiert und werden für literarische Projekte an Münchner Autorinnen und Autoren vergeben, die sich mit ihrem Werk bereits literarisch ausgewiesen haben und im Literaturbetrieb in Erscheinung getreten sind. Beworben haben sich 25 Autorinnen und Autoren.
Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt:
Christoph Poschenrieder
„Christoph Poschenrieder hat bislang vier Romane vorgelegt, ein weiterer erscheint demnächst im Diogenes Verlag. In seinem neuen Romanprojekt ‚Meyrink oder die Macht des Wortes‘ wendet sich der Autor wieder einer historischen Figur zu: Gustav Meyrink. Als Vertreter der phantastischen Literatur hat Meyrink auch heute einen festen Platz in der Literaturgeschichte. Doch fast noch wichtiger ist sein abenteuerliches Leben als Bankier und Schriftsteller. Bei Poschenrieder kann man sich als Leser von Anfang an in die Person Gustav Meyrinks, einer der schillerndsten Figuren
der deutschsprachigen Literaturszene um 1900, hineinversetzen. Historie und Fiktion werden äußerst geschickt miteinander verwoben, wobei auch ironische Aspekte nicht zu kurz kommen.
Poschenrieders Sprache ist klar, präzise und anschaulich; neben Meyrink werden historische Figuren wie Erich Mühsam oder Kurt Eisner literarisch gekonnt mit Leben erfüllt. Poschenrieder arbeitet mit der Sprache wie mit einem Skalpell: Er legt Schicht um Schicht frei und dringt gleichermaßen in die Archäologie der Geschichte vor wie in das komplexe Innenleben seines Protagonisten. Sein Projekt verspricht einen spannenden, literarisch bemerkenswerten Roman, der im höchsten Maß förderungswürdig ist.“
Susanne Röckel
„Es gibt nicht nur den wohlbekannten Fluss des Vergessens, es gibt auch einen Strom der Erinnerungen. Nach dem Tod seiner Frau Theresa kehrt Albert in jenes Fluss-Delta zurück, in dem das Paar vor fünf Jahren eine glückliche Zeit in einer kleinen Pension verbracht hat. Überall – ob im Bad-Spiegel oder im schlierigen Wasser – meint er das geisterhafte Gesicht seiner viel zu früh verstorbenen Frau zu erblicken. Denn es waren nicht nur halkyonische Tage, die beide miteinander verbrachten, sondern auch sehr schwere, bedingt durch den ‚nagenden, finsteren Selbsthass‘ Theresas. Susanne Röckel versteht es, vom traumatischen Verlust eines Menschen wie vom schleichenden Ende einer Liebe zu erzählen und dies motivisch geschickt zu verquicken mit weiblichen Dämonen und Hexenwesen, die Albert auf seiner Reise auf etruskischen Vasen sieht und von denen er sich – genauso wie von unheimlichen Vogelwesen – verfolgt glaubt. ‚Sirenen‘ wird eine von fünf ‚phantastischen Erzählungen‘ bilden, in denen die Autorin jenen ‚Punkt der Verunsicherung‘ erforschen will, an dem gefestigte Existenzen ‚aus allen vertrauten Zusammenhängen herausfallen‘. Man ist gespannt auf die Fortführung dieser Arbeit, die uns davon erzählt, was es heißt, heimgesucht zu werden von den Furien des Nicht-Verwinden-Könnens eines großen Verlusts.“
Der Jury gehörten an: Knut Cordsen (BR), Professorin Dr. Annette Keck (Ludwig-Maximilians-Universität) und die Literaturjournalisten Gisela Fichtl, Petra Hallmayer, Dr. Wolfgang Seibel und Dr. Andreas Trojan sowie aus dem ehrenamtlichen Stadtrat Beatrix Burkhardt und Marian Offman (beide CSU-Fraktion), Kathrin Abele sowie Klaus Peter Rupp (beide SPD-Fraktion) und Thomas Niederbühl (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste).
Weitere Informationen zu den Arbeitsstipendien und die ausführlichen Jurybegründungen unter www.muenchen.de/literatur.