Bezahlbaren Wohnraum erhalten (III): Warum wird mit der Abwendungserklärung kein Leerstand abgewendet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Anna Hanusch und Thomas Niederbühl (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 6.7.2017
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 6.7.2017 führen Sie Folgendes aus:
„In Erhaltungssatzungsgebieten hat die Stadt München ein Vorkaufsrecht beim Verkauf von Mietshäusern. Sofern die Käuferseite eine geeignete Ab- wendungserklärung zur Sicherung der Satzungsziele (Milieuschutz) abgibt, kann das Vorkaufsrecht der Stadt abgewendet werden.
Im Jahr 2016 wurden 52 Abwendungserklärungen gegenüber der LH München abgegeben, 8 davon nachdem der Stadtrat die Ausübung des Vorkaufsrechtes schon beschlossen hatte.
Häufig gibt es bei den jeweiligen Objekten leerstehende Wohnungen. Obwohl Abwendungserklärungen abgegeben werden, stehen viele dieser Wohnungen noch über einen längeren Zeitraum leer.“
Zu Ihrer Anfrage vom 6.7.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Ist der LH München bekannt, wie viele Wohneinheiten bei Abgabe einer Abwendungserklärung im jeweiligen Objekt leer stehen?
Antwort:
Dem Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, sind in den jeweiligen Fällen zum Zeitpunkt des Vorkaufsrechtsverfahrens die leer stehenden Wohnungen im Objekt bekannt.
Frage 2:
Wie viele Wohneinheiten standen im Jahr 2016 bei den Objekten leer, die im Rahmen eines möglichen Vorkaufsrechts durch die LH München näher untersucht wurden?
Antwort:
Hierüber liegen dem Sozialreferat keine Zahlen vor, da die Leerstände im Rahmen eines Vorkaufsrechtsverfahrens statistisch nicht gesondert erfasst werden. Eine nachträgliche Erhebung dieser Zahl würde einen unverhältnismäßig hohen personellen und zeitlichen Aufwand erfordern und ist daher in der Kürze nicht leistbar.
Frage 3:
Wie viele leer stehende Wohneinheiten bei Objekten, für die 2016 eine Abwendungserklärung abgegeben wurde und deren Leerstand der LH München bekannt waren, standen noch länger als 3 Monate nach Abgabe der Erklärung leer und fielen damit unter die Zweckentfremdungsverordnung?
Antwort:
Auch hierzu liegen dem Sozialreferat keine separaten Zahlen vor. Statistisch erfasst werden im zuständigen Fachbereich alle im Stadtgebiet München zu bearbeitenden Leerstände. Grundsätzlich fallen alle Leerstände länger als 3 Monate unter die Zweckentfremdungssatzung und werden entsprechend überwacht.
Frage 4:
Wurde diesen Zweckentfremdungen von Amts wegen nachgegangen? Falls nein: weshalb nicht?
Antwort:
Falls es sich um Zweckentfremdungen – also unberechtigte Leerstände – handelt, wird in allen Fällen dagegen vorgegangen.
Im Regelfall ist jedoch nach der Zweckentfremdungssatzung ein Leerstand bei einem geplanten Verkauf des Anwesens gerechtfertigt, sofern der/die neue Eigentümer/in die Wohnungen danach wieder belegt.
Grundsätzlich ist nachvollziehbar und damit zweckentfremdungsrechtlich unschädlich, dass vor einem Verkauf die/der Verfügungsberechtigte unter Umständen leere Wohnungen nicht mehr belegt. Gleiches gilt, wenn zum Beispiel nach dem Verkauf das Haus saniert wird und der Wohnraum deshalb noch länger leer steht.
Frage 5:
Ist in der Abwendungserklärung in der derzeitigen Fassung überhaupt der Umgang mit bestehendem Leerstand geregelt?
Antwort:
Der Umgang mit Leerstand ist in der Abwendungserklärung derzeit nicht geregelt.
Frage 6:
Falls die Frage 5 verneint wird: Wenn die Abwendungserklärung nicht ein- mal bestehenden Leerstand abwendet, weshalb wird sie nicht endlich reformiert, um den Zielen von Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB – dem Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung, sprich des Milieus – gerecht zu werden?
Antwort:
Auch wenn Leerstände in Erhaltungssatzungsgebieten – wie im übrigen Stadtgebiet auch – unerwünscht sind, sind diese dennoch nicht Gegenstand der Erhaltungssatzungen. Hierfür ist die Zweckentfremdungssatzung das geeignete Rechtsinstrument.
Im Übrigen könnten die Leerstände, wenn diese bereits vor dem Vorkaufsrechtsverfahren vorgelegen haben, auch durch eine nachträgliche Abwendungserklärung nicht verhindert werden.
Für nach dem Verkauf noch bestehende Leerstände ist die Zweckentfremdungssatzung einschlägig und auch rechtlich ausreichend.
Sofern Kenntnisse über Leerstände vorliegen, wird eine Wiederbelegung der Wohnungen im Rahmen der Zweckentfremdungssatzung konsequent
überwacht und Verstöße sanktioniert.
Weitere Fragestellungen bezüglich Anpassungen, unter anderem in Bezug auf Leerstand bzw. der Verschärfung der Abwendungserklärung, werden entsprechend dem Antrag „Bezahlbaren Wohnraum erhalten – Abwendungserklärung endlich reformieren“ vom 24.2.2017 behandelt. Dessen geschäftsordnungsgemäße Behandlung steht derzeit noch aus.