LiMux-Ausstieg durch die Hintertür?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Anna Hanusch und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 4.10.2017
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„Im Februar 2017 hat der Stadtrat beschlossen, ein Konzept zu erstellen, das den stadtweiten Einsatz einheitlicher marktübliche Standardprodukte bei IT-Standardfunktionalitäten (Textverarbeitung etc.) ermöglicht. Der Beschluss sieht auch eine grobe Kalkulation der Kosten für die Anschaffung der stadtweit einheitlichen und marktüblichen Client-Architektur vor. Anhand der vorliegenden Information obliegt es dann dem Stadtrat, eine Entscheidung über die Betriebssystem und Office-Anwendungen der städtischen IT zu treffen.
Offenbar gibt es in der Stadtverwaltung aber die Tendenz, diese Beschlusslage als Rückkehr zu Microsoftsystemen zu deuten und die Abkehr von Open Source möglichst schnell herbeizuführen. Das ganze LiMux-Projekt wurde daher schon mal vorab von der städtischen Internetseite entfernt, ohne dass es einen Ersatz für die bisherige Internetinformation gibt.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wann erfolgte die Löschung aller Infos zu LiMux von der städtischen Website und auf wessen Anweisung? Und warum wurde keinerlei Ersatz für die bisherigen Informationen online gestellt?
Antwort:
Die Limux-Seiten wurden bereits im Juni letzten Jahres ‚Opfer‘ der Umstellung der städtischen muenchen.de-Seiten auf ein responsives Design.
Im Rahmen der dazu erforderlichen Migration der Bestandsseiten in das neue System war den städtischen Dienststellen von der Migrationsrojektleitung vorgegeben worden, diese Gelegenheit zu nützen, um die im Lauf der Jahre stark angewachsene Zahl der städtischen Webseiten wieder zu verschlanken. Deshalb waren alle städtischen Dienststellen aufgefordert, ihren Bestand auf abgeschlossene Projekte und Informationen, die älter als ein Jahr sind, zu durchforsten und – auch aus arbeitsökonomischen Gründen – nicht zu migrieren.Da das Limux-Projekt bereits im Jahr 2013 erfolgreich abgeschlossen wurde und auch die Webseiten-Informationen auf diesem Stand waren, wurde von it@M hier auf eine Migration der alten Seiten verzichtet. Mit der Diskussion über die Neuausrichtung der städtischen IT hatte diese Entscheidung nichts zu tun.
Um der Vermutung entgegenzuwirken, dass hier schon eine stadtinterne Vorabentscheidung getroffen wurde, wurde mittlerweile zusammen mit dem Presse- und Informationsamt eine Seite mit den beendeten Großprojekten live geschaltet, darunter auch insbesondere das Projekt Limux sowie MIT-KonkreT (https://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Direktorium/IT-Beauftragte/Abgeschlossene-IT-Gro-projekte.html).
Frage 2:
Nach Presseinformationen (https://www.derstandard.de/story/2000065034735/alle-infos-von-website-entfernt-muenchen-will-von-limux-nichts) kostet der Umstieg (ohne Hardwarekosten) rund 90 Mio. Euro – also in etwa so viel wie der Bau der Großmarkthalle, den sich die Stadtratsmehrheit kürzlich gespart hatte. Stimmen diese Zahlen und wann wird der Stadtrat über die groben Kosten des Umstiegs unterrichtet?
Antwort:
Die von Ihnen genannten Zahlen von rd. 90 Mio. Euro für den Umstieg auf Windows kann ich nicht bestätigen.
Wie in der öffentlichen Beschlussvorlage Nr. 14-20/V 09983 dargestellt, belaufen sich die zahlungswirksamen Gesamtkosten für sämtliche Umsetzungsprojekte – d.h. die Projekte zu Organisation, Personal und Finanzen, Architektur & Infrastruktur, einheitlicher IT-Arbeitsplatz, IT-Sicherheitsmanagement, Kompetenzen & Werkzeuge, IT-Lösungsmanagement und IT-Projektmanagement, IT-Vorhabensplanung, IT-Performance Management, IT-Strategie und IT-Card sowie ein programmweites Veränderungsmanagement – über einen sechsjährigen Betrachtungszeitraum auf insgesamt rd. 86 Mio. Euro.
Hiervon entfallen in Summe rd. 49 Mio. Euro auf die Schaffung eines einheitlichen IT-Arbeitsplatzes (Windows), und rd. 37 Mio. Euro auf die restlichen Umsetzungsprojekte.
In den Kosten von 49 Mio. Euro für den einheitlichen IT-Arbeitsplatz sind enthalten die Beschaffung und Bereitstellung der notwendigen Lizenzenfür Betriebssystem und Infrastruktur (Microsoft Windows, Softwareverteilung, Lizenz-, Druck- und Profilmanagement), Hardwarekosten, Schulungsmaßnahmen, notwendige Anpassungen der Fachanwendungen, Roll-Out Kosten sowie zusätzlich 6.000 Lizenzen für Microsoft Office.
Die Bereitstellung eines leistungsfähigen Windows-Clients ist aber nur eine Seite der Medaille. Eine zentrale Aussage und Empfehlung des Gutachtens ist, dass begleitend auch die Anwendungslandschaft sukzessive modernisiert werden sollte. Diese Empfehlung des Gutachtens wird in der Beschlussvorlage aufgegriffen. In den genehmigten Gesamtkosten sind deshalb auch umfangreiche Investitionen im Bereich Virtualisierung enthalten.
Frage 3:
Nach Presseinformationen (https://www.mobilegeeks.de/news/trauer-spiel-limux-ende-in-muenchen/) bekommt die Stadt München nun endlich eine Groupware. Ausgeschrieben worden sei ein Open Source System, an dem auch mehrere Jahre entwickelt wurde. Anscheinend ist die Wahl nun jedoch auf ein anderes System gefallen: Microsoft Exchange. Stimmen diese Presseinformationen? Falls Ja: warum und weshalb gab es keine neue Ausschreibung oder zumindest eine öffentliche Information über diese Entscheidung?
Antwort:
Der Zuschlag für die Open-Source-Groupware wurde nach Ausschreibung und Vergabe am 16.12.2013 erteilt.
In einem ersten Schritt hat das Projekt im ersten Halbjahr 2016 den ausgewählten Mail-Server eingeführt. Notwendige Anpassungen an die Benutzbarkeit des Groupware-Systems, Fehlerbehebungen und weitere im Projekt geforderte Funktionen hätten vom Hersteller des Produkts trotz geschilderter Dringlichkeit frühestens bis Ende 2018 entwickelt werden können. Nach notwendigen Tests und Integration wäre damit bei der LHM ein Produktiveinsatz frühestens ab Mitte 2019 möglich gewesen.
Da in der LHM für den bestehenden Kalender keinerlei Herstellersupport mehr besteht und eine betriebsgefährdende Situation nicht noch über diesen langen Zeitraum akzeptiert werden konnte, hat der Lenkungskreis des Projektes im Dezember 2016 entschieden, die 2018 auslaufenden Wartungsverträge nicht zu verlängern und sich schnellstmöglich um Alternativen zu bemühen.In der Folge wurde die Server-Infrastruktur Anfang 2017 auf Exchange umgestellt und anschließend die dazu passende webbasierte Client-Lösung eingeführt. Dafür nutzt it@M Rahmenverträge, die basierend auf einer vom Stadtrat erteilten Vergabeermächtigung ordnungsgemäß ausgeschrieben und vergeben wurden.
Über das Projekt wird regelmäßig in der Beschlussvollzugskontrolle berichtet.