AWM sucht Alternativen für Knotenbeutel
Antrag Stadträtin Kristina Frank (CSU-Fraktion) vom 3.1.2018
Antwort Kommunalreferent Axel Markwardt:
In Ihrem Antrag Nr. 14-20 / A 03716 vom 03.01.2018 fordern Sie:
„Der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) unterstützt den Münchner Einzelhandel beim Umstieg von Plastik-Knotenbeutel auf umweltverträgliche Alternativen. Dazu soll der AWM Kontakt zu Supermärkten und großen Lebensmittelanbietern aufnehmen.“
Sie begründen Ihren Antrag wie folgt:
„Ein erfreulicher Wandel: Seit Einkaufstüten etwas kosten, bringen viel mehr Menschen ihre eigenen, wiederverwertbaren Taschen mit in die Geschäfte. Doch in der Frischwarenabteilung gibt es weiterhin kostenfrei Plastiktüten, die sog. Knotenbeutel. In den kleinen Säckchen verpacken wir Obst und Gemüse.
Medienberichten zufolge testet REWE gerade in ausgewählten Filialen, ob die Kundschaft weniger Kontenbeutel verwendet, wenn sie auf Plakaten dazu aufgefordert wird. Obstsorten mit Schale, wie Bananen oder Orangen, brauchen z.B. keinen Beutel. Andere Sorten können in wiederverwendbaren Netzen transportiert werden, die man im Supermarkt kaufen kann.
Doch welche Alternativen gäbe es außerdem auf dem Markt, die ähnlich produkt- und hygieneschützend sind und darüber hinaus umweltfreundlich? Der AWM setzt sich in allen Bereichen für höhere Recyclingquoten ein. Ein Brainstorming mit dem Einzelhandel zu alternativen Verpackungen könnte im Ergebnis diese Zielsetzung unterstützen.“
Nach § 60 Abs. 9 Geschäftsordnung (GeschO) dürfen sich Anträge ehren- amtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft ein laufendes Geschäft des Eigenbetriebs, dessen Besorgung nach Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) in Verbindung mit der Betriebssatzung des AWM der Werkleitung obliegt, weshalb eine Behandlung auf die- sem Wege erfolgt. Für die Bearbeitung solcher Anträge hat sich beim AWM das Instrument des sog. „Runden Tisches“ bewährt. Bevor der AWM dazu einladen konnte, erfolgte eine umfangreiche Recherche zur Situation in Deutschland und München.
1. Situation in Deutschland
2016 wurden in Deutschland 3,0 Mrd. Kunststofftragetaschen dünner 15 Mikrometer (Knoten- oder Hemdchenbeutel) in den Selbstbedienungszonen des Handels ausgegeben. Sie hatten ein Gesamtgewicht von 7.193 t.
Die Knotenbeutel entsprechen 13,71% des Gewichts von Beuteln in der Kassenzone (52.449 t). Die Anzahl dieser Beutel ist um 34% durch die freiwillige Selbstverpflichtung zwischen BMUB und dem Handel zurückgegangen.
Die Knotenbeutel werden weder von der EU-Richtlinie erfasst noch von der freiwilligen Selbstverpflichtung zwischen BMUB und dem Handel. Die Menge hat im Vergleich zu 2015 um 0,4% zugenommen.
Einige Kunden benutzen Knoten- oder Hemdchenbeutel jetzt als Ersatz für die kostenpflichtigen Beutel in der Kassenzone. Nach der Nutzung werden sie oft als Müllbeutel wiederverwendet.
Die großen deutschen Lebensmittelhändler wie Aldi, Lidl, Edeka und REWE bemühen sich zunehmend, den Verpackungsmüll aus Kunststoff zu reduzieren, wie sie auf Anfrage der Presse mitteilten. Aldi Nord betonte, generelles Ziel sei es, „den Anteil unverpackter Obst und Gemüseartikel sukzessive zu erhöhen, um einen Beitrag zur Reduktion von Verpackungsmaterial zu leisten“. Aldi Süd wies darauf hin, dass das Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren die Gesamtmenge an Verkaufsverpackungen insgesamt um acht Prozent reduziert habe - und das bei steigenden Umsatzzahlen.
Aktuell werde getestet, ob weitere Obst- und Gemüsesorten offen angeboten werden könnten. Ab dem zweiten Quartal dieses Jahres will der Discounter außerdem bei Bio-Tomaten Graspapier- und Zuckerrohrschalen als Verpackungsalternativen testen.
Auch Lidl betonte: „Wir suchen ständig nach neuen Möglichkeiten, den Einsatz von Verpackungsmaterial zu reduzieren.“ So biete das Unternehmen immer mehr unverpacktes Obst und Gemüse an. Außerdem teste Lidl seitüber einem halben Jahr Zellulosenetze aus zertifiziertem Buchenholz für Bio-Kartoffeln und Bio-Zwiebeln, sowie eine „gartenkompostierbare“ Folie auf Zellulose-Basis für Bio-Tomaten und Bio-Paprika.
Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka betonte auf Anfrage, die Reduzierung von Verpackungen sei ein Schwerpunktthema bei den Nachhaltigkeitsbemühungen des Unternehmens. Der Anteil ökologisch vorteilhafterer Verpackungen werde „kontinuierlich erhöht“.
Im Jahr 2017 testete die Firma REWE verschiedenen Alternativen zum Knotenbeutel. Allerdings liegen die Ergebnisse des Versuchs noch nicht vor. (Antwort vom April 2018)
Zu diesem Zweck führte Deutschlands zweitgrößter Lebensmittelhändler einen siebenwöchigen Test durch. Dabei wurden in bundesweit rund 120 REWE-Märkten zwei alternative Ansätze verfolgt: In 19 Filialen werden aktuell die Kunden über verschiedene Kommunikationswege dazu animiert, mit Bedacht zum Knotenbeutel zu greifen. Denn so manches Obst und Gemüse hat von Natur aus eine robuste „Schutzhülle“. Diese Produkte können Kunden ohne Probleme im Einkaufswagen oder in mitgebrachten Behältnissen zum Abwiegen bis zur Kasse transportieren und anschließend auch darin wieder verstauen.
Darüber hinaus werden in über 100 REWE- Märkten spezielle Mehrweg- Frischenetze angeboten. Diese können Kunden im Zweierpack für 1,49 Euro kaufen und dann immer wieder zum Obst- und Gemüse-Einkauf in alle REWE-Märkte mitbringen und verwenden. Beim Abwiegen an der Kasse wird die entsprechende Tara des Netzes automatisch vom Warengewicht abgezogen. Ob nun mittels Mehrweg-Alternative oder kommunikativem Appell: Beide Test-Varianten sollen den Verbrauch an Knotenbeuteln senken helfen.
Bis zum 27. November 2017 wurde die Resonanz und Akzeptanz der Maßnahmen bei den Kunden ermittelt und dann ausgewertet. Allerdings liegen die Ergebnisse des Versuchs noch nicht vor (Mail vom April 2018).
2. Situation in München
Für München gibt es keine konkreten Zahlen über den Knotenbeutelverbrauch. Aus den Ergebnissen der GVM- Studie vom April 2017 lässt sich die Menge schätzen. Die rund 3,0 Mrd. Beutel entsprechen rund 37 Beutel pro Bundesbürgerin und Bürger. Bei rund 1,5 Mio. Münchnerinnen undMünchnern sind das 55,5 Mio. Knotenbeutel pro Jahr. Sie haben ein geschätztes Gewicht von 133 t und entsprechen damit 0,02% des gesamten Münchner Hausmülls (641.277 t Wertstoffe und Restmüll).
3. Ergebnisse des Runden Tisches
Am 17.04.2018 folgten Vertreterinnen und Vertreter der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, der Handwerkskammer für München und Oberbayern sowie der Markthallen München der Einladung des AWM. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer tauschten ihre Erfahrungen und Ideen zum Thema Vermeidung von Knotenbeuteln aus.
Sie stellten fest, dass es bereits einige Betriebe gibt, die mit Eigeninitiative Alternativen zu den Knotenbeuteln suchen. Darüber hinaus planen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eigene Veranstaltungen und Informationskampagnen.
Die IHK plant beispielsweise eine Kampagne zur Vermeidung von Kunststoffabfällen im Laufe des Jahres. Auch der AWM plant eine Vermeidungskampagne für Plastikabfälle. Dabei stehen die Knotenbeutel nicht unmittelbar im Fokus, werden aber mit behandelt. Die Markthallen München beteiligen sich an einer Aufklärungskampagne des AWM zur Reduzierung der Plastikabfälle und würden Hinweisschilder und Informationsmaterialien auf den Märkten in München auslegen.
Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer prüfen darüber hinaus, inwieweit eine Zusammenarbeit und Abstimmung der Kampagnen möglich und sinnvoll ist. Sie waren sich einig darüber, dass die Ergebnisse des Versuchs bei REWE ausgewertet werden sollen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sammeln weitere Informationen, Ökobilanzen, Testergebnisse und Statistiken, um ein umfassendes Bild der Entwicklung zu bekommen. Bei Bedarf wird der AWM zu einem weiteren Runden Tisch einladen.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.