Treuhänder für „Schnitzelhäuser“
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Anna Hanusch, Jutta Koller und Hep Monatzeder (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 26.2.2018
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
Ihrer Beantragung nach soll sich der Oberbürgermeister über den Bayerischen Städtetag für eine Novellierung des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Zweckentfremdungsgesetz – ZwEWG) einsetzen, mit dem Ziel, einen Treuhänder für Wohnungen einsetzen zu können, die dauerhaft zweckentfremdet werden – wie z.B. das „Schnitzelhaus“ im Westend.
Zum Treuhänder-Modell teile ich Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag vom 26.2.2018 Folgendes mit:
Das sog. „Schnitzelhaus“ (Holzapfelstraße 10) stellt einen absoluten Einzelfall dar. Dementsprechend ist die zu bewertende Situation vor Ort nicht repräsentativ für den Ablauf eines Zweckentfremdungsverfahrens. In dem Objekt waren umfangreiche Sanierungsmaßnahmen nötig, um eine Wiederbelegung der Wohnungen zu erreichen. Zwar wurde in diesem Fall erst mit Sanierungsmaßnahmen begonnen, nachdem bereits mehrere Zwangs- und Bußgelder verhängt und vollstreckt wurden, jedoch zeigten im Ergebnis die zur Verfügung stehenden Instrumente ihre Wirkung.
Ein Treuhänder-Modell ist daher aus Sicht des Sozialreferates in diesem konkreten Einzelfall sowie auch für ähnliche Fallkonstellationen nicht nötig. Ganz grundsätzlich darf zunächst für die Durchsetzung behördlicher Anordnungen nur das mildeste Zwangsmittel, hier z.B. das Zwangsgeld, angewendet werden. Dies ist dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschuldet.
Aus Sicht des Sozialreferates ist auch bei der möglichen Einsetzung eines Treuhänders keine Beschleunigung zu erwarten, da die Schwelle für einen Eingriff in das Eigentumsrecht hoch ist und damit nicht sofort die Ersatzvornahme über einen Treuhänder möglich wäre. Eine Wiederbelegung der Wohnungen muss zunächst immer über Zwangsgelder versucht werden.
Daher dürfte die Einsetzung eines Treuhänders in den meisten Fällen unnötig sein, da der vorliegende Fall zeigt, dass Zwangsmaßnahmen im Verwaltungsverfahren letztlich doch zum Erfolg führen können.Das Sozialreferat steht in engem Kontakt mit den Vollzugsbehörden anderer Großstädte, insbesondere auch mit Hamburg. In Hamburg wurde das Modell bisher nur in einem Fall angewandt. Im dort vorliegenden Fall war eine Eigentümerin mit der Hausverwaltung völlig überfordert und suchte selbst die Unterstützung durch das Bezirksamt. Dort machte man dann von der Möglichkeit des Treuhänders Gebrauch und es erfolgte im Einvernehmen eine entsprechende Beauftragung.
Im hier vorliegenden Fall geht es jedoch nicht nur um einen Leerstand wie in Hamburg, sondern um eine zusätzlich notwendige Sanierung mit sehr hohen Investitionen.
Im Übrigen wäre z.B. bei Erbauseinandersetzungen, die in derartigen Fällen häufig der Grund für Leerstände bzw. Verzögerungen sind, ein Treuhänder ebenfalls nicht zielführend.
Nach Aussage des zuständigen Bezirksamtes in Hamburg dürften Treuhänderverfahren nach den bisherigen Erfahrungen nur in wenigen Fällen ihre Wirkung entfalten und wären zudem sehr schwierig, langwierig und mit hohen Kosten verbunden.
Da aber die gängigen Zwangsmittel im Fall des „Schnitzelhauses“ letztendlich zum Tätigwerden der Verfügungsberechtigten geführt haben, ist dieser Beispielfall nicht geeignet, eine Verschärfung von Zwangsmaßnahmen durch einen Treuhänder zu begründen.
Auch für die zweckfremde Nutzung von Wohnraum durch „Medizintouristen“ ist das Treuhändermodell derzeit ungeeignet. Die betroffenen Wohnungen stehen nicht leer und sind baulich nicht verändert. Für eine Beendigung dieser illegalen Nutzung wäre in Einzelfällen eine Räumung sinnvoll.
Eine von der Landeshauptstadt München stets geforderte Rechtsgrundlage zur Räumung von betroffenen Wohnungen ist mit Beschluss des Landtages vom 30.5.2017 leider nicht in die Novellierung des Zweckentfremdungsrechts eingeflossen.
Ich halte diese Forderung jedoch weiterhin für gerechtfertigt und somit aufrecht.
Der Oberbürgermeister hatte sich bereits im Vorfeld der geplanten Verlängerung des ZwEWG an das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gewandt, um einige, für den behördlichen Vollzug hilfreiche Gesetzesänderungen im Sinne der Landeshauptstadt München durchzusetzen. Die Vorschläge wurden teilweise umgesetzt, waren aber vorwie-gend durch die aktuelle Entwicklung im Bereich Ferienwohnungen und die damit verbundene öffentliche Aufmerksamkeit veranlasst.
Das geänderte ZwEWG trat erst am 29.6.2017 in Kraft. Es zeigt sich jedoch bereits jetzt, dass weitere Anpassungen und Befugnisse nötig sind. Aktuell bereitet das Sozialreferat einen neuen Forderungskatalog an den Gesetzgeber vor.
Inhaltlich werden eine Registrierungspflicht für Ferienwohnungen und Ausweitung der Tatbestände für Ordnungswidrigkeiten als Themenschwerpunkte gesehen.
Ich hoffe, auf Ihr Anliegen hinreichend eingegangen zu sein. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.