17 Jahre Leerstand in Allach – Was hat die Stadt hier gemacht?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Gülseren Demirel, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 29.5.2018
Antwort Kommunalreferentin Kristina Frank:
Am 29.5.2018 haben Sie zum stadteigenen Anwesen Eversbuschstraße 155 sieben Fragen in Bezug auf den Leerstand und die weiteren Planungen des Gebäudes gestellt. Ihre Anfrage lautet wie folgt:
„Wie in der heutigen Abendzeitung zu lesen ist, lässt das Kommunalreferat ein Haus mit vier Wohnungen, einem großen Garten und direktem Zugang zur Würm seit 17 Jahren leerstehen. Dieser Vorfall klingt sehr ähnlich zu dem in der Marsstraße, zu welchem wir am 13.4.2018 eine Anfrage gestellt hatten. Es ist nur schwer nachvollziehbar, weswegen die Stadt mit ihren eigenen Immobilien derart fahrlässig umgeht, während sie immer und überall davon spricht, dass jede Form von günstigen Wohnraum dringend benötigt wird.“
Ihre Fragen beantworte ich Ihnen wie folgt:
Frage 1:
Welche Planungen zur weiteren Nutzung des Areals gab es, nachdem das Haus im Jahre 2002 ein Negativattest erhalten hatte? Wieso geschah dann jedoch so viele Jahre nichts?
Antwort:
a) Sanierung des Hauses erfordert unwirtschaftlich hohen Aufwand
Das 1890 erbaute Gebäude wurde nach mehreren Nutzungsänderungen von 1951 bis 2001 zu Wohnzwecken genutzt. Im Fokus war seit 2001 der Abbruch des Gebäudes, da eine Sanierung aufgrund des desolaten baulichen Zustandes besonders aufgrund umfangreicher Setzungen im Fundamentbereich mit Rissbildungen in der Fassade, bezüglich notwendiger neuer Sanitär- und Elektroinstallationen, einer Gebäudetrockenlegung, der Neueindeckung des Daches samt neuem Kamin unwirtschaftlich ist.
Eine Instandsetzung und Modernisierung war und ist, nur mit einem unverhältnismäßig großem Aufwand zu bewerkstelligen, zumal auch keine zeitgemäßen Wohnungsgrundrisse geschaffen werden können.Aufgrund dieser Umstände wurde für die Wohnungen bzw. für das Anwesen seitens des Sozialreferates im Jahr 2002 das Negativattest erteilt.
b) Aufgrund des vollkommen desolaten Gebäudezustandes war der Abbruch des Gebäudes vorgesehen:
Der wirtschaftlich sinnvolle Abbruch scheiterte infolge der Einordnung des Anwesens in den Ensembleschutz durch das Bayerische Landesamt für Denkmalschutz. Das Grundstück mit Anlage wurde damit Bestandteil des Ensembles „ehemaliger Ortskern Allach“ und prägt dieses Ensemble mit. Denkmalfachlich handelt es sich daher beim Gebäude Eversbuschstraße 155 um einen wesentlichen Bestandteil des Ensembles.
Auf Grund der o.g. Mängel und Schäden, die durch externe Gutachten im Jahr 2013 und 2017 nochmals bestätigt wurden, hat das Kommunalreferat im Mai 2017 nochmals einen Antrag auf Erlaubnis des Abbruchs eingereicht. Nachdem allerdings in der Heimat- und Denkmalpflegersitzung vom 12.7.2017 festgestellt wurde, dass der Antrag nicht genehmigungsfähig ist, musste dieser zurückgezogen werden.
c) Auch eine Verwertung des unwirtschaftlichen Anwesens ist gescheitert:
Mit Beschlüssen vom 11.2.2003 und vom 15.7.2004 hat sich der Kommunalausschuss für das Konzept für die Verwertung besonders unwirtschaftlicher Objekte ausgesprochen. Das seit 2001 leer stehende Anwesen in der Eversbuschstraße 155 im Stadtteil Allach-Untermenzing ist eines dieser besonders unwirtschaftlichen Objekte.
Ein Verkauf des Anwesens bzw. des Grundstücks scheiterte dennoch bislang aus mehreren Gründen:
- Das Gebäude ist sehr marode, ein Antrag auf Abbruch dieses Gebäudes wurde, s.o., aufgrund des Ensembleschutzes negativ beurteilt.
- Die örtliche Bevölkerung und Politik aus Bezirksausschuss und Stadtrat sprachen sich immer wieder gegen einen Verkauf aus. Das Anwesen und die Nachbargrundstücke, die auch der Stadt gehören, sollten nach dem Wunsch des 23. Bezirksausschusses Allach – Untermenzing sozio-kulturell genutzt werden.
- Nach einem sehr langwierigen Abstimmungs- und Diskussionsprozess sollte, auch mit Blick auf die Leerstandsdebatte der letzten Jahre, einentsprechender Ermächtigungsbeschluss für den Verkauf die Entscheidung bringen, die Vorlage wurde zurückgestellt.
d) Einbeziehung in die Überlegungen und den Planungsumgriff für ein Stadtteilkulturzentrum Allach – Untermenzing:
Mit dem Nutzerbedarfsbeschluss des Kulturreferats vom 04.02.2016 „Neubau eines Stadtteilkulturzentrums und Ertüchtigung des bestehenden Vereinsheims im 23. Stadtbezirk Allach-Untermenzing“ wurde der Verwertungsvorgang ad acta gelegt.
Die rückwärtigen Gartenflächen mit Zugang zur Würm werden im Rahmen des Hochwasserschutzes als Ausgleichsflächen benötigt und dürfen nicht bebaut werden.
e) Alternative Nutzungsmöglichkeiten
Seit Anfang 2017 zeichnet sich ab, dass das Haus Eversbuschstraße 155 nicht mehr im Umgriff der Planungen für das Stadtteilkulturzentrum ist und daher wieder für andere Planungen zur Verfügung steht.
Seit dieser Zeit bemüht sich das Kommunalreferat um eine wirtschaftlich tragbare alternative Sanierung des Anwesens, welche dem Umstand des künftigen direkt benachbarten Kulturzentrums Rechnung tragen soll. Das Kommunalreferat bereitet dazu aktuell eine Mindestsanierung für Zwecke der Kinderbetreuung vor. Siehe hierzu auch Antwort auf Frage 5.
Frage 2:
Aus welchem Grund hat die Stadt kein Gegengutachten, wie im Artikel erwähnt, zu den Denkmalschutzplänen erstellt?
Antwort:
Die Neustrukturierung des Denkmalschutzatlas wurde als Chance gesehen, den Abbruch des Anwesens realisieren zu können. Diese hat sich nicht erfüllt. Die fachkundige Bewertung des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, der Unteren Denkmalschutzbehörde und des Stadtheimatpflegers werden vom Kommunalreferat selbstverständlich anerkannt.
Frage 3:
Warum hat in all diesen Jahren das Baureferat niemals eine Untersuchung der Bausubstanz vorgenommen?
Antwort:
Das Kommunalreferat besitzt für Immobilien des allgemeinen Grundvermögens eine eigene technische Abteilung, die viele städtische Gebäude erfolgreich saniert hat und über große Erfahrung in der Altbausanierung verfügt.
Frage 4:
Bis wann kann mit einer Untersuchung der Bausubstanz gerechnet werden?
Antwort:
Das Anwesen wurde bereits eingehend untersucht. Fazit der beauftragten Ingenieurbüros für Bauwesen war stets, dass ein Abriss mit Neubau gegenüber einer Bestandssanierung wirtschaftlicher ist und deutlich bessere Nutzungsmöglichkeiten bietet.
Frage 5:
Bis wann kann mit einer Sanierung des Hauses und einer anschließenden neuen Nutzung gerechnet werden?
Antwort:
Im Hinblick auf die endgültige Ablehnung des Abbruchantrages sowie der denkmalfachlichen Beurteilung, dass es sich bei dem Objekt Eversbuschstraße 155 um einen wesentlichen Bestandteil des Ensembles Allach handelt, muss das Anwesen zum Erhalt und vor einer anschließenden neuen Nutzung gründlich saniert werden. Auf Grund des Bedarfs an Kinderbetreuungsfläche haben sich die SPD-Fraktion in einem Stadtratsantrag und die Vorsitzende des BA 23, Frau Kainz, dafür ausgesprochen, das Anwesen für die Nutzung durch einen privaten Kindergarten umzugestalten.
Das Kommunalreferat hat nun zusammen mit dem Referat für Bildung und Sport geprüft, ob das Anwesen geeignet ist, einen privaten Kindergarten zu beherbergen. Eine erste Kostenschätzung (in siebenstelliger Höhe) für die entsprechende Mindestsanierung liegt dem Kommunalreferat vor. Die Sanierungsmaßnahmen sind bereits mit dem Referat für Bildung und Sport, der Branddirektion und dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vorabgestimmt.
Im nächsten Schritt wird nun parallel zur Klärung der Finanzierung der Baumaßnahme zeitnah der Bauantrag für die Nutzung des Hauses als private Kinderbetreuungseinrichtung erarbeitet und bei der Lokalbaukommission zur Genehmigung eingereicht. Der Zeitpunkt des Baubeginns und nachfolgender Nutzungsaufnahme kann nach Abschluss der notwendigen Planun-gen und Vorliegen der haushaltsrechtlichen Genehmigungen insbesondere auch Klärung der Finanzierung angegeben werden.
Frage 6:
Für welche Art von Nutzung wird das Haus nun hergerichtet?
Antwort:
Hierzu darf auf die Ausführungen zu Frage 5 verwiesen werden.
Frage 7:
Wie verhindert die Stadt zukünftig, dass eigene Immobilien über einen derart langen Zeitraum leerstehen?
Antwort:
Das Haus Eversbuschstraße 155 ist wirtschaftlich ein Abrissobjekt.
Wie aus den regelmäßigen Berichten zu längerfristig leerstehendem Wohnraum an den Stadtrat, zuletzt vom 6.6.2018 (Vorlagen-Nr. 14-20/V 11523), hervorgeht, ist temporärer Leerstand aufgrund notwendiger und meist aufwändiger Sanierungs- bzw. Modernisierungsarbeiten unvermeidbar. Soweit dies vertretbar ist, werden Immobilien aber zwischengenutzt.
Die außergewöhnlich lange Dauer des Leerstands ist den komplexen Randbedingungen des Areals geschuldet. Zu keinem Zeitpunkt stand Wohnraum im Sinne der Zweckentfremdungssatzung leer.
Nachdem sowohl Abbruch als auch Verkauf des Anwesens nicht mehr zur Disposition stehen, erhält das Haus Eversbuschstraße 155 mit einer Nutzung als Kindergarten mit attraktivem Garten am Würmgrünzug und zur städtebaulich erwünschten Arrondierung des geplanten Stadtteilkulturzentrums nun eine neue und nachhaltige Perspektive.