Lieferverkehre
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Ulrike Boesser, Hans Dieter Kaplan, Renate Kürzdörfer, Haimo Liebich, Gerhard Mayer, Bettina Messinger, Christian Müller, Heide Rieke, Jens Röver und Christian Vorländer (SPD-Fraktion) vom 30.7.2018
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 30.7.2018 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Der zunehmende Online-Handel führt zu einer Mehrung an Liefervorgängen, welcher innerstädtisch zu Problemen führt. Weiter führen Sie aus, dass die „letzte Meile“ planerische Herausforderung birgt. Sie verweisen weiter auf die drei Modellquartiere City2Share, CIVITAS ECCENTRIC sowie Smarter Together und die dort laufenden Erprobungen.
Frage 1:
Gibt es weitere Akteure in diesem Bereich oder ergänzende Untersuchungen zu den Lieferverkehren (außer den genannten Projekten mit z. B. Quartiers-Concierge-Diensts, e-Lieferkonzept, Micro-Depots und Verteilstationen mit gekühlten und nicht gekühlten Fächern) in der LH München?
Antwort:
Nein, darüber hinaus werden aktuell keine weiteren Projekte mit Akteuren der Landeshauptstadt durchgeführt.
Frage 2:
An welchen Standorten gibt es in München bereits solche Projekte? An welchen Standorten sind weitere geplant und zu welchem Zeitpunkt?
Antwort:
In City2Share erfolgt die Feinverteilung von UPS mittels Lastenfahrrädern. Der Zustellungsraum wurde durch UPS teilweise auch auf den Stadtbezirk 1 Altstadt-Lehel ausgedehnt.
In CIVITAS ECCENTRIC wurde im Juli 2018 der Quartiers-Concierge-Dienst eröffnet. Weiter sind vier Verteilboxen an verschiedenen Standorten in der Stadt für RAPID eingerichtet. Diese flexiblen Mikrodepots sollen besonders die Übergabe von Paketen an Lastenrad-Kuriere erleichtern.In Smarter Together wurde Ende Juli 2018 die erste Quartiersbox am Westkreuz eröffnet. Bis Januar 2019 soll eine zweite Quartiersbox auf Privatgrund an der Freienfelsstraße/Wiesenfelser Straße 16 auf dem Gelände der Eisenbahner-Baugenossenschaft ebm errichtet werden.
Alle drei Konzepte werden auf ihre verkehrliche Wirkung hin evaluiert und es wird dann entschieden, ob auch in anderen Bereichen Boxen aufgestellt werden.
Frage 3:
Welche Konzepte gibt es um die unterschiedlichen Lieferdienste zu bündeln, z. B. White-Label-Boxen, Erdgeschosszonen oder Erdgeschossläden?
Antwort:
Eine Bündelung der Leistungen verschiedener Anbieter in geeigneten, tendenziell zentralen Lagen ist planerisch sehr sinnvoll und kann Kundenwege bzw. Anliefervorgänge minimieren. Eine Beschränkung auf Ladezonen in zentralen Lagen zur Minimierung der Ladevorgänge in zweiter Reihe erscheint nicht ausreichend, da die Herausforderungen mannigfaltig sind, welches nachfolgend an Beispielen zur zeitlichen Verfügbarkeit, der Finanzierung, bei der Flächeninanspruchnahme, den unterschiedlichen Paketdienstleistern sowie dem aktuellen Rechtsrahmen veranschaulicht werden soll:
-Ein Concierge-Dienst benötigt nebst Räumlichkeiten eine belastbare Finanzierung. In CIVITAS ECCENTRIC wird dabei mit einem „Monatsabo“ für die Nutzerinnen und Nutzer experimentiert.
-In Smarter Together steht die Quartiersbox an 24 Stunden am Tag zur Verfügung. Örtliche Geschäfte können ihre Produkte anbieten, jedoch benötigen sie hierfür einen „Shop“.
-Eine Nachrüstung von Paketboxen auf Privatgrund oder als „Laden im Erdgeschoss“ ist infolge der Bausubstanz bzw. Mietnachfrage als schwierig einzustufen. Insbesondere innerstädtisch ist auch die bauliche Anlage im öffentlichen Raum – dauerhafte Zulässigkeit vorausgesetzt – infolge der vielfältigen Ansprüche eine Herausforderung.
-Das Referat für Arbeit und Wirtschaft führt Gespräche mit verschiedenen Kurierdienstleistern. Ein Unternehmen bietet eine Bündelung der Versandgüter von unterschiedlichen Speditionen an innenstadtnahen City-Hubs. Anschließend übernimmt das Unternehmen die Zustellung der Sendungen auf der „letzten Meile“ mit Lastenrädern.
-Einzelne Paketdienstleister experimentieren mit der Ablage von Paketen in privaten Pkw, welches jedoch an bestimmte Hersteller gebunden ist und dem planerischen Ziel eines rückläufigen Pkw-Besitzes entgegensteht und Liefervorgänge nicht bündelt, sondern lediglich räumlich verlagert.
-Infolge des Postgesetzes sind Paketdienstleister bis zur Zustellung zum Empfänger verantwortlich, d.h. bei Abgabe an einer Station oder in einem Geschäft sind hierbei Rechte und Pflichten zu klären. Die Paketdienstleister unterscheiden sich in ihren Dienstleistungen und ihrem Kundenservice. Infolge der Unternehmenskonkurrenz sind sie an Kooperationen nur eingeschränkt interessiert.
-Ein weiteres Erschwernis ist die Tendenz zum „Same-Day-Delivery“ (= Zustellung am gleichen Tag bzw. binnen weniger Stunden), welche einer Bündelung von Lieferungen entgegensteht.
Frage 4:
Welche Überlegungen gibt es diesbezüglich für Neubaugebiete?
Antwort:
Infolge der zunehmenden Relevanz und des Umfangs von Lieferverkehr wird bei Neubebauungen ein verstärkter Fokus auf die Wirkung und die verträgliche Gestaltung bzw. Einbeziehung von Liefervorgängen zu setzen sein. Da sich Neubaugebiete in Größe und Ausbildung oftmals deutlich unterscheiden, erscheint eine nicht-standardisierte Behandlung zielführend. Denkbar ist dabei, dass der Lieferverkehr als wichtiger Baustein in Mobilitätskonzepten in Neubaugebieten integriert wird. Dabei kann beispielsweise ein zentraler Service eine Angebotsmöglichkeit für Bewohnerinnen und Bewohner sein. Ein derartiger Service wird aller Erwartung nach jedoch nicht den Lieferverkehr in vollem Umfang vermeiden können, da die Paketdienstleister nicht zur Nutzung verpflichtet werden können und Bewohnerinnen und Bewohner episodisch auch Lieferungen erhalten, welche infolge ihrer (Über-)Größe an die Wohnungstür geliefert werden.
Frage 5:
Wie werden die Ergebnisse dieser Projekte zusammengeführt? Soll es ein stadtweites Vorgehen zum Lieferverkehr geben? Falls ja, wann wird der Stadtrat damit befasst?
Antwort:
In den Modellquartieren werden verschiedene Herangehensweisen in verschiedenen stadträumlichen Umgebungen erprobt. Ziel ist es, die Herausforderungen zu erkennen (vgl. Antwort zu Frage 3), die Akzeptanz in der Bevölkerung zu messen und daraus Anforderungen für den künftigen Umgang mit Lieferverkehr in Neubaugebieten (vgl. Antwort zu Frage 4) und vor allem in bestehenden Quartieren zu entwickeln. Hierfür ist eineganzheitliche Bewertung mit den Vor- und Nachteilen vorgesehen. Die Erkenntnisse daraus sollen Teil des dynamischen Mobilitätsplans werden. Dabei wird auch das künftige Verfahren innerhalb der Verwaltung und im Austausch mit dem Stadtrat zu klären sein.
Die ersten Rückmeldungen von UPS in City2Share sind positiv. Einschränkend sei hier jedoch darauf hingewiesen, dass UPS tendenziell kleinvolumige Sendungen im Geschäftsverkehr bearbeitet, d.h. eine Übertragung auf andere Anbieter ist nicht ohne weiteres möglich. Zu berücksichtigen ist ferner, dass den Paketdienstleistern seitens der Landeshauptstadt München keine Methode der Auslieferung vorgegeben werden kann. Daher sind in enger Zusammenarbeit mit der Logistikwirtschaft sinnvolle und umsetzbare Maßnahmen sowohl inhaltlich wie auch räumlich zu entwickeln. Im Stadtbezirk 3 Maxvorstadt wird durch UPS ab sofort eine weitere innovative Zustellmöglichkeit ausprobiert. Die Beladung der Lastenräder erfolgt dabei durch ein anderes Ladesystem als in City2Share. Zur Förderung des sinnvollen Konzeptes wird der öffentliche Grund bis Ende 2018 befristet zur Verfügung gestellt.