Sozialbetrug durch Scheinadressen bei sozialen Einrichtungen?
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 8.1.2018
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 8.1.2018 führen Sie Folgendes aus:
„Dem geltenden Sozialrecht zufolge muß für Menschen ohne festen Wohnsitz lediglich eine postalische Erreichbarkeit sichergestellt sein (zum Beispiel für Obdachlose, digitale Nomaden etc). Eine postalische Adresse ist zu unterscheiden von der Meldeadresse, die Voraussetzung für den Anspruch auf Sozialleistungen, Unterbringung, Krankenversicherung, Sozialwohnung etc. ist. §17 des Bundesmeldegesetzes (BMG) schreibt darüber hinaus vor: ‚Wer aus einer Wohnung auszieht und keine neue Wohnung im Inland bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Auszug bei der Meldebehörde abzumelden.‘ (Quelle: http://www.buzer.de/gesetz/10628/a180971.htm; zuletzt aufgerufen: 8.1.2018, 1.35 Uhr, KR). Verstöße gegen diese Vorschrift können laut § 54 BMG als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe von bis zu 1.000 Euro geahndet werden. – Der Tagespresse ist nun eher beiläufig zu entnehmen, daß z.B. die Benediktinerabtei St. Bonifaz ihre Anschrift Wohnungslosen als Meldeadresse zur Verfügung stellt. Das Lokalblättchen ‚Münchner Merkur‘ läßt in einem Beitrag vom November 2017 den Sprecher der Abtei mit der Aussage zu Wort kommen: ‚Über 700 Personen nutzen unsere Adresse beim Einwohnermeldeamt und holen hier ihre Post ab.‘ (Quelle: https://www.merkur.de/lokales/muenchen/stadt-muenchen/muenchner-armutsbericht-buerger-dieser-stadtteile-sind-besonders-bedroht-9374841.hmtl; zul. aufgerufen: 8.1.2018, 1.52 Uhr; KR). Dabei dürfte die Abtei St. Bonifaz – ebenso wie vergleichbare soziale Einrichtungen – Bedürftigen nur eine postalische, aber keine Meldeadresse zur Verfügung stellen, bei der es sich ersichtlich um eine Scheinadresse handelt. Letzteres öffnet der Möglichkeit der Erschleichung von Sozialleistungen Tür und Tor. – Es stellen sich Fragen.“
Zu Ihrer Anfrage vom 8.1.2018 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie viele und welche sozialen Einrichtungen in der LHM stellen in ähnlicher Weise wie die Abtei St. Bonifaz Scheinadressen zur Verfügung? Wie viele Nutzer machen nach Kenntnis der LHM von dieser Möglichkeit Gebrauch?
Antwort:
Im Interview mit dem Münchner Merkur wurde nicht zwischen Post- und Meldeadressen unterschieden.
Wohnungslose Personen können die Adresse der Abtei St. Bonifaz lediglich als Postadresse nutzen. Die Abtei stellt – wie andere soziale Einrichtungen – keine Vermieterbestätigung aus. Somit ist es nicht möglich, sich unter der Adresse der Abtei beim Kreisverwaltungsreferat anzumelden.
Frage 2:
Inwieweit ist bei der LHM das Problembewußtsein dafür vorhanden, daß sie mit der – auch nur geduldeten – Praxis der Zurverfügungstellung von Scheinadressen Beihilfe zum Sozialbetrug leistet?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Inwieweit kontrolliert das Kreisverwaltungsreferat ggf., um wen es sich bei den unter Scheinadressen in St. Bonifaz und andernorts Gemeldeten handelt? Wenn nicht, warum nicht?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 4:
Inwieweit kontrolliert das KVR, ob sich die unter den Scheinadressen gemeldeten Wohnungslosen ordnungsgemäß bei der Meldebehörde abgemeldet haben und/oder ob es sich z.B. um aus dem Ausland zugewanderte Wohnungslose handelt? Wenn nicht, warum nicht?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 5:
In welcher Weise und mit welcher zeitlichen Zielstellung beabsichtigt die LHM ggf., die durch die Inanspruchnahme von Scheinadressen bei sozialen Einrichtungen eröffnete Möglichkeit des Sozialbetrugs künftig zu unterbinden? Wenn nicht, warum nicht?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 1.