Nochmals: Altersfeststellung bei „Flüchtlingen“
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 11.1.2018
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 11.1.2018 führen Sie Folgendes aus:
„Der ‚Welt‘ zufolge würde eine große Mehrheit der Deutschen obligatorische Alterstests für vorgeblich minderjährige ‚Flüchtlinge‘ befürworten. Laut dem Blatt stimmten bei einer Umfrage 78 Prozent auf die Frage, ob es Alterstests geben sollte, mit ‚Ja‘ (Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article172343769/Fluechlinge-Hildesheim-wandte-neuen-DNA-Test-zur-Altersbestimmung-an.html; zuletzt aufgerufen am 11.1.2017, 1:49 Uhr; KR). Nun wurde abseits der Diskussion über gangbare Methoden der Altersfeststellung bekannt, daß im Landkreis Hildesheim bereits vor einigen Monaten ein neues – und rechtlich unbedenkliches – Verfahren zur Altersbestimmung von ‚Flüchtlingen‘ eingesetzt wurde. Dabei wurde DNS aus der Blutprobe eines jungen ‚Flüchtlings‘ in einem kalifornischen Labor untersucht. Der Mann hatte im Rahmen eines Aufenthaltsverfahrens behauptet, minderjährig zu sein. Bei der Analyse stellte sich jedoch heraus, dass der Proband mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent zwischen 26,4 und 29 Jahren alt ist und mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,999 Prozent älter, als er angegeben hatte. Das Verfahren, bei dem nur eine Speichel- oder Blutprobe erforderlich ist, wurde von dem deutsch-amerikanischen Humangenetiker und Biostatistiker Steve Horvath von der University of California in Los Angeles entwickelt. Der Landkreis Hildesheim konnte diese Methode der Altersfeststellung zur Anwendung bringen, weil das Sozialgesetzbuch grundsätzlich ‚ärztliche Untersuchungen‘ erlaubt. – Es stellt sich die Frage, warum dieses unbedenkliche Verfahren der Altersfeststellung nicht längst auch bei der LHM zur Anwendung kommt.“
Zu Ihrer Anfrage vom 11.1.2018 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Inwieweit haben die zuständigen Behörden der LHM Kenntnis von der o.g. Methode zur Altersfeststellung, die sehr zuverlässig und nicht-invasiv, mithin zumutbar ist?
Antwort:
Den zuständigen Behörden der Landeshauptstadt München ist die Methode zur Altersfeststellung durch einen DNA-Test bekannt, in der Praxis wird diese Technik allerdings nicht angewendet.
Frage 2:
Warum kommt die genannte Methode in der LHM nicht bei der Feststel- lung des tatsächlichen Alters vermeintlich „minderjähriger“ Flüchtlinge zur Anwendung?
Antwort:
In dem von Ihnen genannten Verfahren zur Altersfeststellung werden Genbausteine untersucht, an denen sich altersbedingt chemische Veränderungen nachweisen lassen. Durch diese Veränderungen kann man Rückschlüsse auf das biologische Alter eines Menschen ziehen. Das tatsächliche rechnerische Alter lässt sich durch diese Methode nur auf 2,5 Jahre genau bestimmen. Da es bei der Altersfeststellung durch das Röntgen des Handwurzelknochens lediglich zu Abweichungen von bis zu 1,5 Jahren kommt, ist diese Vorgehensweise zuverlässiger als das von Ihnen dargestellte Verfahren.
Eine Röntgenuntersuchung in einem Altersfestsetzungsverfahren ist durch den Beschluss vom 21.9.2017 immer dann erforderlich, wenn es sich um einen Zweifelsfall im Sinne des § 42f SGB VIII handelt, ferner hat das Stadtjugendamt von Amts wegen das Alter zu ermitteln, aber nicht per Radiologie (§ 20 und § 21 SGB X).
Zudem können unbegleitete Minderjährige nach der Registrierung im YRC gem. § 42a SGB VIII nur während eines vierwöchigen Zeitraums verlegt werden. Ein DNA-Test nimmt einen Zeitraum von zwei bis zu sechs Monaten in Anspruch. Damit wäre die Frist überschritten und eine bundesweite Verlegung nicht mehr möglich.
Zudem fallen mit einer Altersfeststellung durch einen DNA-Test Kosten in Höhe von 3.000 Euro an. Damit ist dieses Verfahren teurer als das Röntgen des Handwurzelknochens, welches 1.100 Euro kostet.
Frage 3:
Inwieweit wurde ein Einsatz des genannten Verfahrens im Bereich der LHM in den zuständigen Gremien – etwa beim KVR oder dem Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) – bereits diskutiert? Mit welchem Ergebnis? Welches stichhaltige Gegenargument gab ggf. den Ausschlag?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 2.
Frage 4:
Inwieweit ist bei der LHM ein Problembewusstsein dafür vorhanden, daß durch eine konsequente Altersfeststellung bei vorgeblich „minderjährigen“ Flüchtlingen erhebliche Mittel für deren Betreuung im Wege der Jugend- hilfe eingespart werden könnten? Welche ggf. grundsätzlichen Erwägungen veranlassen die LHM, den Aspekt der Kostenersparnis zugunsten des Steuerzahlers konsequent auszublenden und eine zuverlässige Altersfeststellung bei vorgeblich „minderjährigen“ Flüchtlingen fortgesetzt zu unterbinden?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 2.