Gefährliche Unfälle mit E-Autos – Ist die Münchner Feuerwehr ausreichend geschult?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 13.2.2018
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Sie haben am 13.2.2018 folgende schriftliche Anfrage gemäß § 68 GeschO gestellt:
„Auf Münchens Straßen sind immer mehr Autos mit Batterieantrieb unterwegs. Folglich gibt es auch zunehmend Unfälle, an denen E-Autos beteiligt sind. Dies stellt Feuerwachen und Rettungskräfte vor neue Gefahren und Schwierigkeiten. Hochvolt-Stromschläge können Retter lebensgefährlich verletzen, brennende Akkus entzünden sich wieder von selbst. In ganz Deutschland schlagen Rettungskräfte Alarm und klagen über mangelnde Schulungen zu den neuen Aufgaben.“
Zu Ihren konkret gestellten Fragen nimmt das Kreisverwaltungsreferat wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wie werden die Mitarbeiter der Münchner Feuerwehr, Polizei und der Rettungsdienste auf die besonderen Gefahren bei Unfällen mit E-Autos vorbereitet?
Antwort:
Das Thema E-Mobilität ist, wie alle alternativen Antriebe in der Kfz-Technik, Inhalt der Aus- und Fortbildung bei der Feuerwehr München. Das notwendige Wissen und die etablierten Vorgehensweisen bei Unfällen mit entsprechenden Fahrzeugen werden an der Feuerwehr- und Rettungsdienstschule München sowohl für Einsatzkräfte von Berufsfeuerwehr als auch von Freiwilliger Feuerwehr theoretisch und praktisch vermittelt.
Die fachliche Betreuung für den feuerwehrtechnischen Bereich liegt hierbei überwiegend beim Fachbereich „Technik“. Der Bereich der Notfallmedizin wird durch den Fachbereich „Rettungsmedizin“ mit der „Berufsfachschule für Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter“ abgedeckt.
Die notwendigen Ausbildungsinformationen zum Thema werden jeder
Einsatzkraft sowohl im Informationssystem der Branddirektion (BDIS (Intranet)) als auch im Informationssystem des Trainings- und Ausbildungszentrums der Freiwilligen Feuerwehr München (TAZ) in digitaler Form zugänglich gemacht.
Grundlage für die Ausbildungsinhalte sind bestehende Richtlinien und Vorschriften der Feuerwehr zum Einsatz bei Verkehrsunfällen, aktuelle Leitfäden und Gefahrenhinweise der Automobilhersteller sowie Richtlinien der gesetzlichen Unfallversicherer.
Durch die Mitwirkung in Fachgremien auf Bundesebene ist es der Branddirektion München möglich, aus Sicht der Feuerwehr bereits zu einem frühen Zeitpunkt auf mögliche Gefahren, notwendige Festlegungen und Arbeitsweisen bei entsprechenden Einsätze mit alternativen Fahrzeugantrieben Einfluss zu nehmen. Im Kontext mit derartigen Arbeitsgruppen besteht ein reger Austausch mit Vertretern der Automobilindustrie zu aktuellen Themen mit Relevanz für den Feuerwehreinsatz. Dies führt in Konsequenz zu einem aktuellen und fundierten Wissen über bestehende Gefahren moderner Kfz-Technik aus erster Hand. Somit kann in der Ausbildung hierauf zielgerichtet eingegangen werden.
Darüber hinaus beteiligt sich die Branddirektion bundesweit an praktischen Übungen und Versuchen (Methodenuntersuchungen) der Fahrzeugindustrie zur Personenrettung, auch aus E-Fahrzeugen, welche entsprechend dokumentiert werden und deren Erkenntnisse unmittelbar in die Ausbildung mit einfließen.
Die Frage, wie die Mitarbeiter der Münchner Polizei bzw. den Münchner Rettungsdiensten auf Gefahren durch Unfälle mit E-Autos vorbereitet werden, kann seitens der Branddirektion bzw. der Münchner Stadtverwaltung nicht beantwortet werden. Die Themen für deren Aus- bzw. Fortbildung legen die jeweiligen Organisationen selbst fest.
Frage 2:
Welche Erfahrungen hat die Münchner Feuerwehr bereits mit brennenden E-Autos gemacht?
Antwort:
Seitens der Branddirektion liegen bisher keine eigenen Erfahrungen in Bezug auf reale Brandereignisse von E-Fahrzeugen vor. Offensichtlich greifen hier die hohen Qualitätsstandards der Fahrzeugtechnik, um Brände zu verhindern.
Sehr wohl ist auch die Branddirektion München über bundesweite Gremienarbeit an der Abschätzung der Gefahren durch brennende E-Fahr-zeuge beteiligt. Wasser gilt auch hier als Löschmittel der ersten Wahl. Besonderes Augenmerk ist darauf zu richten, bei einem brennenden Batteriespeicher einen dauerhaften Löscherfolg zu erzielen und eine Rückzündung auszuschließen.
Frage 3:
Gibt es ausreichend Schulungen und praktische Übungen an E-Fahrzeugen?
Antwort:
Der Umgang mit E-Antrieben im Zusammenhang mit der Rettung nach
Verkehrsunfällen ist fester Bestandteil der Aus- und Fortbildung an der Feuerwehr- und Rettungsdienstschule München.
Vom Feuerwehr-Berufseinsteiger bis zum langjährigen Einsatzdienstbeamten wurden und werden alle Mitarbeiter der Branddirektion für den Einsatzdienst bzgl. der besonderen Gefahren und der daraus resultierenden Vorgehensweisen im Bezug auf E-Mobilität geschult. Ebenso wird dieses Thema in den rettungsmedizinischen Kursen und Ausbildungen in mehreren Lernfeldern behandelt.
Auch wenn aus praktischen Gründen Übungs-PKW mit E-Antrieb nicht wie solche mit herkömmlichem Antrieb zur Verfügung stehen, so können mit den bestehenden Möglichkeiten (E-Fahrzeuge aus eigenem Bestand der BD, Informationen der Hersteller, eigene Lehrunterlagen, o. g. Informationen aus Gremienarbeit) die Besonderheiten bei Einsätzen an E-Fahrzeugen ausreichend geschult werden.
Frage 4:
Werden auch potentielle Ersthelfer (z.B. in Erste-Hilfe-Kursen für Fahrschüler) auf die Gefahren hingewiesen?
Antwort:
Die Inhalte der Aus- und Fortbildung für betriebliche Ersthelfer werden von der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BGAEH) verbindlich festgelegt und von der Qualitätssicherungsstelle Erste Hilfe der Verwaltungsberufsgenossenschaft (QS-EH, VBG) überwacht.
Derzeit werden keine besonderen Hinweise für Ersthelfer im Rahmen von Verkehrsunfällen im Bezug auf besondere Gefahren durch E-Autos geschult. Dies erscheint aus unserer Sicht auf Grund der hohen Eigensicherheit der Fahrzeuge auch im Rahmen eines „schweren Unfalls“ durchaus vertretbar.
Die Branddirektion bildet nur betriebliche Ersthelfer aus und fort. Eine Aussage bezüglich der Inhalte der EH-Ausbildung für Fahrschüler kann deshalb von uns nicht getroffen werden.