Wird der vollständige Quellcode von Limux der open-source-Community zur Verfügung gestellt?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 31.7.2019
Antwort IT-Refent Thomas Bönig
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „Leider hat sich die Stadt München von Limux und der Entwicklung eigener Open-Source-Anwendungen abgewandt. In der Digitalisierungsstrategie der Stadt sollen verstärkt Standardlösungen eingesetzt werden, Anpassungen dieser Standardlösungen an münchenspezifische Anforderungen sollen nur dort erfolgen, wo dies unumgänglich ist. Die Stadt München hat jedoch sehr viel Wissen und Erfahrung in die Entwicklung von Limux und die Verbesserung zahlreicher Open-Source-Anwendungen gesteckt. Es wäre sehr schade, wenn diese bereits geleistete Arbeit einfach vernichtet werden würde.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Was geschieht mit dem Quellcode von Limux, mitsamt sämtlicher Repositories? Wird dieser vollständig archiviert und der Open-Source-Community zur Verfügung gestellt?
Antwort:
Der sogenannte LiMux Basisclient besteht aus einer Vielzahl von Komponenten. Basierend auf einem Linux (ubuntu) Release werden die für den Betrieb in der Infrastruktur der LHM notwendigen Programme und Skripte eingesetzt, die in der Regel bereits Open-Source sind, aber z.T. auch von der LHM selbst entwickelt wurden. Dazu kommen Komponenten, die lizenzpflichtig sind (wie z.B. der Virenscanner) und bei denen die LHM keine Rechte am Quellcode hat.
Für die Büroarbeit werden in der Regel Open-Source-Programme eingesetzt, wie z.B. KDE, LibreOffice, scribus, gimp u.ä.
Der Quellcode und die Repositories von LiMux werden selbstverständlich stadtintern archiviert. Dies geschieht jedoch nicht, um Anderen, wie z.B. der Open-Source-Community, darauf Zugriff zu gewähren, sondern aus betrieblichen Gründen (Wiederherstellbarkeit, Nachvollziehbarkeit von Änderungen, usw.).
Frage 2:
Falls dies noch nicht erfolgt, warum nicht? Und wie wäre dies ggf. zu organisieren?
Antwort:
Den LiMux Basisclient als Gesamtheit der Open-Source-Community zur Verfügung zu stellen, ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich, da wie oben beschrieben, auch proprietäre, lizenzpflichtige Programme Bestandteil des Basisclients sind. Aber auch praktische Gründe sprechen dagegen, weil erstens nicht alle Programme und Skripte außerhalb der spezifischen Infrastruktur der LHM einsetzbar sind und zweitens die Repositories auf die bei der LHM für den Basisclient zum Einsatz kommende Softwareverteilung (FAI) und Verwaltungsprogramme (GOsa) ausgerichtet sind.
Was jedoch möglich und sinnvoll ist, ist die Freigabe von einzelnen Komponenten (Programme oder Skripte) des Basisclients. Dies ist bereits beim Vorlagenverwaltungssystem WollMux erfolgt und wird für andere Komponenten geprüft. Aus heutiger Sicht könnten Komponenten als Open-Source freigeben werden, wenn
-sie von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der LHM selbst erstellt wurden oder die LHM die vollständigen Rechte besitzt;
-die Komponenten unabhängig von der spezifischen LHM Infrastruktur sind;
-die Komponenten auch noch einige Zeit weiter durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LHM gepflegt (maintained) werden;
Die Entwicklung des letzten Basisclient-Releases ist bereits abgeschlossen, die Pflege und der Betrieb sind zeitlich begrenzt (aktuell bis Ende 2022).
-der stadtinterne Aufwand für die Freigabe vertretbar ist.
Es ist vorgesehen, in einem bereits geplanten Workshop im Oktober diesen Jahres die Komponenten des Basisclients auf die Möglichkeit zu überprüfen, sie als Open-Source freizugeben.
Bei den Komponenten, bei denen eine Freigabe möglich und sinnvoll ist, soll die Freigabe dann zeitnah erfolgen.
Frage 3:
Bleiben die Verbesserungen in den Open-Source-Anwendungen (z. B. LibreOffice) erhalten?
Antwort:
Bei den Open-Source-Programmen, die für den Betrieb oder als Bestandteil des LiMux Basisclients eingesetzt werden, werden immer wieder auch kleine Fehlerbereinigungen, Verbesserungen oder Feature-Erweiterungen (sogenannte Patches) durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LHM erstellt.
Diese Patches werden bereits seit Jahren gemäß den Prozessen der Open-Source-Community erstellt und sind von dieser schon seit langem nutzbar.
Die beiden Programme mit den umfangreichsten LHM-Patches sind LibreOffice und GOsa. Die internen Dienstkräfte arbeiten gegen den sogenannten „master“, d.h. das aktuell in der Community in Entwicklung befindliche Release, stimmen sich mit den Maintainern und der Community über deren Mechanismen (IRC, Mailinglisten, Workshops) ab und geben die Patches dann zum Review in die Community. Wenn sie angenommen werden, sind diese Patches Bestandteil des nächsten Releases dieser Programme.
Frage 4:
Gibt es im Rahmen der Digitalisierungsstrategie noch einen regelmäßigen Austausch mit der Open-Source-Community in München? Gibt es ein Format für einen regelmäßigen Wissenstransfer?
Antwort:
Im Rahmen des Themenbereichs Open-Government gibt es eine langjährig gepflegte und weiter bestehende Zusammenarbeit. So ist das Community-Projekt „muenchen-transparent“ (www.muenchen-transparent.de) ein sehr gutes Beispiel der Zusammenarbeit und bietet einen komfortablen Zugang und umfassende Recherchemöglichkeiten zu dem breiten Informationsangebot und Dokumentenbestand des Ratsinformationssystems (RIS) der Landeshauptstadt München.
Auch werden viele Open-Source-Lösungen als sogenannte Basiskomponenten im Bereich E-Government eingesetzt. Beispiele dafür sind Lime-Survey als freie Online-Umfrageplattform, Alfresco für die Kooperationsplattform oder CKAN als Basis für das OpenData-Portal der Stadt (http://www.opengov-muenchen.de/). Das Angebot an offenen Daten der Verwaltung wird sukzessive erweitert und bietet Community-Projekten Daten der Verwaltung, um eigene Lösungen zu entwickeln.
Neben diesem spezifischen Erfahrungs-/Wissensaustausch und der Arbeit in konkreten Projekten, finden regelmäßig Veranstaltungen unter Beteiligung und Zusammenarbeit des Bereichs E-/Open-Government mit z.B. dem OKLab München (www.codefor.de/muenchen/), IT-Community-Teamund Start-ups statt. Zu nennen sind dabei insbesondere der jährlich Anfang März stattfindende Hackathon anlässlich des weltweiten OpenDataDay, weitere Veranstaltungen wie dem HackaTUM der TU München, HackFest der UnternehmerTUM oder auch Veranstaltungen bei der Smart City Convention in 2018 in Berlin, um auch überregionale Kontakte zu knüpfen. Weitere Formate sind BarCamps, Treffen, die über Meetup organisiert werden und die die Stadt mit entsprechenden Räumlichkeiten und Veranstaltungsbeiträgen unterstützt oder die große Veranstaltung OpenGovernmentTag, bei der sich engagierte Bürgerinnen und Bürger, die Community und die Verwaltung einmal jährlich zum Informationsaustausch im Alten Rathaus treffen. Auch hier sind die Themen OpenData oder open-source- basierte Lösungen regelmäßig Teil des Programms.
Durch Innovationswettbewerbe mit Beteiligung des IT-Referates oder Studentenprogramme mit den Universitäten werden weitere Möglichkeiten zur Zusammenarbeit genutzt. Hier entstehen auch regelmäßig Innovationen im Bereich Open-Source und unter Einsatz der wichtigen Datenbasis über das OpenData-Portal der Stadt.
Frage 5:
Es soll ein Digitalisierungsbeirat beim IT-Referat gegründet werden. Ist dabei auch daran gedacht, IT-Spezialisten von außerhalb der Stadtverwaltung einzubeziehen?
Antwort:
Um die Digitalisierung in München von Beginn an auf eine breite gesellschaftliche Basis zu stellen, soll ein übergreifender Digital-Beirat eingerichtet werden. Der Beirat soll ein gemeinsames Gremium zur Digitalisierung aus Vertreterinnen und Vertretern der Politik, Stadtverwaltung, Personalvertretungen, Bürgerschaft und Industrie unter der Koordination des CDO der LHM werden. Dieses Gremium kann zukünftig begleitend zur Digitalisierungsstrategie über Themen mit besonderer Relevanz für München beraten sowie Kooperationen für die Digitalisierung forcieren.
Mit dem Beschluss zur Digitalisierungsstrategie (SV 14-20/V 14953) wurde das IT-Referat beauftragt, einen Vorschlag für den Digital-Beirat auszuarbeiten und dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen. Dies ist noch nicht erfolgt.