Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme II – Unterschied SEM−
KOSMO
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller und Angelika Pilz-Strasser (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 14.5.2019
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Der o.g. Stadtratsantrag wurde dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung zur Behandlung zugeleitet. In diesem wird Folgendes beantragt:
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wird beauftragt, dem Stadtrat rechtzeitig vor einer neuen Beschlussfassung über die sog. KOSMO (Anmerkung: hierbei handelt es sich um das Kooperative Stadtentwicklungsmodell für Feldmoching-Ludwigsfeld) vergleichend darzustellen, welche Unterschiede eine Weiterplanung des Entwicklungsgebietes in Feldmoching auf Basis
a) eines kooperativen Stadtentwicklungsmodells nach §§165ff. Baugesetzbuch – BauGB (SEM)
b) einer „kooperativen Stadtentwicklung“ unter Beteiligung einer Entwicklungsgesellschaft hätte.
Hierbei ist prioritär für jedes Planungsinstrument herauszustellen:
-in welchem Umfang die erforderliche technische und soziale Infrastruktur aus Planungsgewinnen bzw. aus dem Hoheitshaushalt der LH München finanziert würde
-in welchem Umfang dauerhaft geförderter und preisgedämpfter städtischer und genossenschaftlicher Wohnraum in Form der in „Wohnen in München VI“ formulierten „Münchner Mischung“ auf städtischen Flächen entstehen könnte
-in welchem Umfang „flächensparende“ und nachhaltige städtebauliche Ziele, wie im Eckdatenbeschluss für den Wettbewerb im Münchner Nordosten beschlossen, umgesetzt werden könnten
-welche Unterschiede es in den rechtlichen Grundlagen (plus Auswirkungen für den Prozess) gäbe
-welche Unterschiede es im Kommunikations- und Beteiligungsprozess mit den Anwohnerinnen und Anwohnern bzw. GrundstückseigentümerInnen gäbe.
Zur Begründung wird ausgeführt:Der Antwort auf die Stadtratsanfrage „Vergleich Sozialgerechte Bodennutzung (SoBoN) und Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) – wer zahlt die Rechnung für die erforderliche Infrastruktur?“ vom 12.6.2018 sei zu entnehmen, dass die Landeshauptstadt München bei einer Entwicklung nach derzeitigen SoBoN-Regularien allein im Bereich Schule/KiTa ca.700Mio.Euro mehr aus dem Hoheitshaushalt zahlen müsste. Auf-
grund der kurzen Bindungsfristen entstehe auf SoBoN-Flächen kein dauerhaft leistbarer Wohnraum. Der Stadtrat müsse daher bereits frühzeitig über die Unterschiede zwischen SEM und KOSMO informiert sein, um eine dem Gemeinwohl dienende Entscheidung treffen zu können.
Zu Ihrem Antrag vom 14.5.2019 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
Sie hatten, wie von Ihnen bereits erwähnt, vor einiger Zeit eine inhaltlich ähnliche Anfrage gemäß §68GeschO (Nr. 14-20/F 01224 vom 12.6.2018) gestellt, die mit Schreiben beantwortet wurde. Wir erlauben uns, Ihren nunmehrigen Antrag ebenfalls als Brief zu beantworten. Selbstverständlich werden die angesprochenen Themen aber auch ausführlich Gegenstand der geplanten Beschlussvorlage nach Abschluss der Machbarkeitsstudie sein.
Mit Stadtratsbeschluss vom 27.6.2018 wurde das Referat für Stadtplanung und Bauordnung u.a. beauftragt, ein kooperatives Stadtentwicklungsmodell für den Bereich Feldmoching-Ludwigsfeld zu erarbeiten, „bei dem die Wertsteigerung für die Tragung von Entwicklungskosten verwendet werden kann, zugleich aber auch der Eigentümerschaft ein hinreichender Anteil an der Wertsteigerung verbleibt. Hierzu sind die bisherigen Eingangswerte aller Flächen festzustellen, mögliche Endwerte zu prognostizieren, und gerechte und transparente Verfahrensgrundsätze aufzustellen. Den Verfahrensgrundsätzen soll ein wirtschaftliches Modell zur möglichen Verteilung von zu erwartenden Bodenwertsteigerungen sowie von Kosten und Lasten der Entwicklung zugrunde gelegt werden.“
In Phase1 sollen die grundsätzliche Machbarkeit einer Entwicklung in Feldmoching-Ludwigsfeld und die entsprechenden planerischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen aufgezeigt werden. Insbesondere wird zu klären sein, wie und mit welchem Aufwand die verkehrliche Erschließung des Gebietes erfolgen könnte. Das Ergebnis der Untersuchungen soll aufzeigen, ob, wie und mit welchem Umgriff eine Stadtentwicklung durchgeführt werden kann. Die Untersuchungen werden in Form einer „Machbarkeitsstudie“ zusammengefasst, deren Aufgabe es ist, dieKriterien und Rahmenbedingungen für die Umsetzung darzulegen. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat in einer gesonderten Beschlussvorlage vorgestellt werden. Im Besonderen werden die möglichen planerischen Eckdaten, die für die Stadt zu erwartenden voraussichtlichen Kosten und ein Vorschlag für eine gerechte Lastenverteilung mit allen Eigentümerinnen und Eigentümern sowie ein effizientes, tragfähiges Gesellschaftsmodell umfasst sein.
Frage 1:
In welchem Umfang würde die erforderliche technische und soziale Infrastruktur aus Planungsgewinnen bzw. aus dem Hoheitshaushalt der LH München finanziert?
Antwort:
Im Rahmen einer SEM kann nach dem besonderen Städtebaurecht die Finanzierung von Kosten für die ursächliche soziale und technische Infrastruktur vollständig aus der Bodenwertsteigerung erfolgen, solange der festgelegte Anfangswert nicht unterschritten wird. Es obliegt der Kommune, die für die Ziele und Zwecke der Entwicklungsmaßnahme erforderlichen Kosten einzustellen. Der Gemeinde steht in diesem Rahmen ein weiter Gestaltungsspielraum innerhalb ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der geltenden Vorschriften zu, die auch die Belange der Eigentümerinnen und Eigentümer zu berücksichtigen hat.
Im Rahmen von KOSMO soll die Finanzierung von Kosten für die ursächliche soziale und technische Infrastruktur ebenfalls aus der Bodenwertsteigerung erfolgen. Im oben genannten Grundsatzbeschluss wurde aber festgelegt, dass für die Grundstückseigentümerinnen und -eigentümer ein hinreichender Anteil der Wertsteigerung verbleiben soll. Die genauen Festlegungen hierzu werden im Rahmen der Machbarkeitsstudie erarbeitet; insbesondere wären dabei die Anforderungen des allgemeinen Städtebaurechts zu beachten (§11 BauGB), die eine angemessene Beteiligung der Eigentümerinnen und Eigentümer an der Wertsteigerung voraussetzen.
Frage 2:
In welchem Umfang könnte dauerhaft geförderter und preisgedämpfter städtischer und genossenschaftlicher Wohnraum in Form der in „Wohnen in München VI“ formulierten „Münchner Mischung“ auf städtischen Flächen entstehen?
Antwort:
Bezüglich der Münchner Mischung trifft „Wohnen in München VI“ Festlegungen für städtische und für private Flächen (nach SoBoN; allgemeinesStädtebaurecht; §11BauGB), jedoch nicht für Flächen im Umgriff eines Einleitungsbeschlusses gem.§165 BauGB und auch nicht für ein Kooperatives Stadtentwicklungsmodell. Für beide Fälle sind die Anteile an gefördertem und preisgedämpftem Wohnraum noch zu ermitteln bzw. durch den Stadtrat festzulegen. Die sich aus der Festlegung ergebenden Wertentwicklungen der Grundstücke sind bei der Ermittlung der Angemessenheit der Planung zu berücksichtigen.
Bei Flächen in einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach dem besonderen Städtebaurecht bestünde aber die Möglichkeit, mehr bezahlbaren Wohnraum zu realisieren als auf privaten Flächen, die nach den Regeln des allgemeinen Städtebaurechts entwickelt werden würden (§11BauGB).
Frage 3:
In welchem Umfang könnten „flächensparende“ und nachhaltige städtebauliche Ziele, wie im Eckdatenbeschluss für den Wettbewerb im Münchner Nordosten beschlossen, umgesetzt werden?
Antwort:
Im Eckdatenbeschluss für den Münchner Nordosten vom 13.2.2019 hat der Stadtrat die Planungsziele und Eckdaten für den städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb beschlossen. Maßgabe ist unter anderem, dass das Planungsgebiet möglichst „flächensparend“ überplant wird. Um möglichst wenig Flächen in Anspruch zu nehmen, werden Flächen für den motorisierten Individualverkehr (MIV) minimiert, ein hoher Anteil an dauerhaft preiswerten, geförderten, städtischen und genossenschaftlichen Wohnungen sowie eine kompakte Bebauung angestrebt. Für den Bereich Feldmoching-Ludwigsfeld gibt es hierzu noch keine Festlegungen. Für planerische Vorgaben im o.g. Sinne spielt es jedoch keine Rolle, welches rechtliche Verfahren für die Umsetzung gewählt wird.
Frage 4:
Welche Unterschiede gibt es in den rechtlichen Grundlagen (plus Auswirkungen für den Prozess)?
Antwort:
Rechtliche Grundlage für eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme sind die §§165ff.BauGB. Dabei gliedert sich der Prozess in zwei Phasen: Zunächst werden im Rahmen von vorbereitenden Untersuchungen die planerischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Voraussetzungen und Grundlagen erarbeitet und geprüft. Insbesondere wird die Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümerinnen und Eigentümer sowie die Möglichkeit der gemeinschaftlichen Entwicklung durch städtebauliche Verträge gemäß §11BauGBausgelotet. Nur wenn die gesetzlichen Vorgaben des §165 Abs.3BauGB erfüllt sind (u.a. Ziele können nicht durch städtebauliche Verträge erreicht werden, zügige Durchführung ist gewährleistet, Wohl der Allgemeinheit erfordert die Durchführung), kann der Stadtrat die förmliche Festlegung eines Entwicklungsbereichs (sogenannter Satzungsbeschluss für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme) beschließen.
Rechtliche Grundlage für KOSMO ist §11BauGB, der der Gemeinde den Abschluss städtebaulicher Verträge ermöglicht. In diesen Verträgen kann vereinbart werden, dass die Vorbereitung und Durchführung städtebaulicher Maßnahmen auf Kosten des Vertragspartners erfolgt. Dies umfasst insbesondere Grundstücksabtretungen sowie Herstellungskosten für Verkehrsflächen, Grünflächen und soziale Infrastruktur, Planungskosten, die Durchführung des ökologischen Ausgleichs sowie Festlegungen zum geförderten Wohnungsbau.
§11BauGB umfasst im Vergleich zu den §§165ff.BauGB keine Regelungen zum Ablauf der Entwicklung. Diese sollen im Rahmen der Machbarkeitsstudie erarbeitet werden.
Frage 5:
Welche Unterschiede gibt es im Kommunikations- und Beteiligungsprozess mit den Anwohnerinnen und Anwohnern bzw. GrundstückseigentümerInnen?
Antwort:
Bei beiden Instrumenten wird die Entwicklung durch die Stadt initiiert. Grundsätzlich ist das Ziel von beiden Instrumenten deshalb die systematische Einbeziehung und Gleichbehandlung aller Eigentümerinnen und Eigentümer.
Bei einer Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme nach §§165ff.BauGB gibt es rechtliche Vorgaben zur Beteiligung und Mitwirkung der Betroffenen (vgl. §§169, 137ff.BauGB), wobei die bisherigen Beteiligungsprozesse im Nordosten weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehen.
Bei KOSMO gibt es diese gesetzlichen Vorgaben nicht. Da KOSMO jedoch auf die Kooperationsbereitschaft der Eigentümerinnen und Eigentümer angewiesen ist, ist davon auszugehen, dass auch hier der Beteiligungsprozess die gesetzlichen Mindestvorgaben deutlich überschreiten wird.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.