(10.10.2019 – teilweise voraus) In einem offenen Brief antwortet Oberbürgermeister Dieter Reiter der Stadtratsfraktion Die Grünen – rosa liste auf deren offenen Brief „Die Stadt München als sicherer Hafen“ vom 8. Oktober:
„Ich habe vollstes Verständnis, dass in Zeiten des Wahlkampfes der Kampf um Aufmerksamkeit ein unwiderstehlicher Antrieb für vielfältigste politische Äußerungen und Forderungen sein mag. Ich denke, dies gilt wohl für eine Mehrzahl der politischen Strömungen und Parteien. Ebenso bin ich überzeugt, dass eine Mehrheit der mündigen Wählerinnen und Wähler diesen oft nur allzu oberflächlichen Mechanismus längst entlarvt hat. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ich als Mensch wie als Politiker solche Manöver unwidersprochen akzeptieren muss, vor allem wenn sie inhaltsleer sind und damit jeglicher Substanz entbehren. Sollten Sie jetzt noch nicht wissen, was ich meine, helfe ich Ihrem politischen Gedächtnis gern auf die Sprünge.
Der Sozialausschuss hat mehrheitlich in seiner Sitzung am 18. Juli beschlossen, dem Bündnis der „Städte sicherer Häfen“ beizutreten. Darauf aufbauend teilte ich meinem Kollegen und Potsdamer Oberbürgermeister Herrn Schubert mit Schreiben vom 30. September mit, dass ich stellvertretend für den Münchner Stadtrat die sogenannte Potsdamer Erklärung unterzeichne und damit den Eintritt ins Bündnis vollziehe. Zeitgleich wandte ich mich am 30. September schriftlich an den Bundesaußenminister, um mich für eine Entkriminalisierung der zivilen Seenotrettung und eine sofortige Intensivierung der europäischen Seenotrettungsmission einzusetzen. Und Sie ahnen es sicher schon, ebenfalls am 30. September bot ich meinem Kollegen und Bürgermeister von Palermo die logistische und organisatorische Unterstützung der Landeshauptstadt München sowie einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch an. Jetzt kann ich natürlich nicht wissen, ob diese Maßnahmen Ihren Ansprüchen an eine öffentliche Positionierung des Stadtoberhaupts gerecht werden.
Ich werde aber nicht müde zu betonen und wiederhole es gern auch an dieser Stelle: Die Landeshauptstadt München und ich ganz persönlich haben sich immer öffentlich zu einer humanen Flüchtlingspolitik bekannt und dies auch mehr als einmal in der Vergangenheit unter Beweis gestellt. Menschlichkeit zeigen ist für die Münchnerinnen und Münchner keine hohle Phrase, sondern nach wie vor gelebte Realität.
Was die Bearbeitung Ihrer offenen Antragspunkte angeht, hat mir das zuständige Sozialreferat versichert, dass diese noch in diesem Jahr in Form einer Beschlussvorlage im Sozialausschuss eingebracht werden. Eine Behandlung war in der Kürze der Zeit, im September, nicht möglich. Die komplexen Fragen sind mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu prüfen, weil es nicht nur um politische Forderungen, sondern vor allem um eine konkrete Realisierung geht.
Zusammenfassend möchte ich festhalten, dass Polemisieren und Polarisieren nicht der richtige Weg sind, um eine sachgerechte und den Menschen dienende Politik herbeizuführen. Insofern möchte ich Ihnen anbieten, wieder in einen konstruktiven Austausch zu treten, frei von vorschnellen Urteilen und Desinformation.“