Zeitgemäße Kindertageseinrichtungen V – Finanzielle Unterstützung bei Qualifizierung im Erziehungsbereich
Antrag Stadtrats-Mitglieder Julia Schönfeld-Knor, Birgit Volk, Haimo Liebich, Christian Müller, Verena Dietl, Kathrin Abele und Cumali Naz (SPD-Fraktion) vom 16.5.2019
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
In Ihrem Antrag baten Sie die Stadtverwaltung darum, ein zielgenaues Konzept vorzulegen, mit dem die Qualifizierung im Erziehungsbereich, insbesondere für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, aber auch für die jetzigen Beschäftigten verbessert werden kann. Es muss einen einfachen Zugang zur Qualifizierung und zum beruflichen Aufstieg geben. Dabei kann die Qualifizierung finanzielle Hilfen, aber auch unentgeltliche Kurse und Coachings umfassen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teile ich Ihnen auf diesem Wege Folgendes mit:
In den letzten Jahren kam es vor allem im Bereich der Fachakademien für Sozialpädagogik zu einem erheblichen Ausbau der Ausbildungskapazitäten. Aufgrund der Attraktivität der Berufe gibt es bisher auch genügend qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber, die sozialpädagogische Berufe ausüben wollen. Deutlich wird dies beispielsweise beim Ausbildungsmodell OptiPrax. Der Lernort Fachakademie und die Praxis sind hier eng verzahnt, die gesamte Ausbildung wird vergütet.
Trotz dieser erfreulichen Entwicklung im Bereich der Ausbildung stehen dem Arbeitsmarkt im Ballungsraum München immer noch zu wenig pädagogische Fachkräfte zur Verfügung. Die laufenden Ausbauten im Bereich der Kindertageseinrichtungen und der kommende Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz im Bereich der Grundschule machen deutlich, dass Ausbildung zwar das zentrale, aber nicht das einzige Instrument der Personalgewinnung sein darf. Zusätzlich herausfordernd wird sein, dass bereits in wenigen Jahren kleinere Abgangsjahrgänge aus den Schulen dem Ausbildungsmarkt zur Verfügung stehen werden.
Daher sind beide in Ihrem Antrag beschriebenen Ebenen der Bindung und Gewinnung von Personal wichtig. Der Geschäftsbereich KITA hat seit seiner Gründung 2011 laufend innovative Maßnahmen erarbeitet und mit Kooperationspartnerinnen und -partnern umgesetzt, sowohl für das bereits angestellte Personal, als auch für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger.Auf die Öffnung für Betriebsträger bzw. Freie Träger wurde zudem Wert gelegt. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind nicht nur in für sie konzipierten Modellen anzutreffen, sondern zunehmend auch in den klassischen Ausbildungen. Die Sinnfrage führt viele später im Lebenslauf zu den sozialpädagogischen Berufen, teilweise nach Karrieren in ganz anderen Feldern. Sie kommen auch aus Branchen, die massiv Personal abbauen oder bekommen beispielsweise als Zeitsoldat oder -soldatin die Ausbildung finanziert.
Die Erfahrung, dass die Arbeitgeberin einen höherwertigen beruflichen Abschluss unter guten Bedingungen ermöglicht, hat enorme Auswirkungen auf die Identifikation mit und die Bindung an die Landeshauptstadt München. Seit 2013 wurde daher auch die zweitgrößte Berufsgruppe, die Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger, in den Fokus genommen. Diese hatten bis dahin berufsbegleitend die Möglichkeit, einen oft am Abend angebotenen einjährigen Lehrgang an einer Fachakademie für Sozialpädagogik zu besuchen, oder auch die dreijährige Abendausbildung an der städtischen Fachakademie. Besonders Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit kleineren Kindern berichteten, dass ihnen dieser Weg nicht möglich war. Der vom Pädagogischen Institut – Zentrum für Kommunales Bildungsmanagement (PI-ZKB) seither angebotene Lehrgang findet tagsüber während der Arbeitszeit an zwei Tagen pro Woche statt. Seit 2013 haben 153 Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger die Prüfung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher auf diesem Weg bestanden. Sie sind mittlerweile nicht nur auf Fachkraftstellen eingesetzt, sondern haben sich zum Teil bereits auf Funktionsstellen, wie beispielsweise Einrichtungsleitung, weiterentwickelt. Sollte der Mittlere Bildungsabschluss zur Aufnahme der Weiterbildung fehlen, dann unterstützt das PI-ZKB die Teilnahme am Kurs der Münchner Volkshochschule (MVHS) zur Erlangung des Mittleren Bildungsabschlusses finanziell. Der Städtische Träger gewährt hierfür zehn Tage Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge. Sieben Hochschulabsolventinnen und -absolventen, deren pädagogisches Studium bisher nur eine Einstellung als pädagogische Ergänzungskraft ermöglicht hat, waren ebenso erfolgreich.
In Kooperation mit der Berufsfachschule für Kinderpflege wurde 2013 das Assistenzkraftprogramm entwickelt. Es ermöglicht innerhalb von zwei Jahren in Lehrgangsform den Abschluss zur staatlich geprüften Kinderpflegerin/zum staatlich geprüften Kinderpfleger. Hervorzuheben sind die enge Theorie- und Praxisverzahnung und die durchgehende Vergütung. In der Regel vormittags erfolgt die Praxisausbildung an einer Kindertageseinrichtung (Vertrag für eine halbe Stelle in TVöD S 2) und nachmittags derBesuch der Berufsfachschule. Hier wurden Kräfte in der Hauswirtschaft mit Potential zur Einmündung ins pädagogische Feld als eine Zielgruppe definiert. Hausbesucherinnen und Hausbesucher des HIPPY-Programms aus dem Sozialreferat nutzen diesen Weg zur weiteren beruflichen Etablierung ebenso wie Tageseltern und Mitarbeitende aus den Mittagsbetreuungen. Da keine berufliche Vorbildung erforderlich ist, ist das Assistenzkraftprogramm aufgrund seines hohen Praxisbezugs und der Vergütung auch ein klassisches Quereinstiegsprogramm.
Teilnehmende am Assistenzkraftprogramm werden auch regelmäßig vom Jobcenter München und der Arbeitsagentur vermittelt. Von dort werden außerdem Kurse zur Vorbereitung auf die Externenprüfung an Berufsfachschulen für Kinderpflege bei einer Vielzahl von Kursanbietern finanziert. Außerdem gibt es viele Kursanbieter, die zwar keinen Berufsabschluss anbieten, sondern ein Fachkraftzertifikat und somit die Möglichkeit, nach Kursende als Fachkraft in bayerischen Kindertageseinrichtungen arbeiten zu können.
München boomt und ist daher auch für Erwerbsmigrantinnen und -migranten sehr attraktiv. Personen mit entsprechenden Ausbildungen oder Studiengängen für die frühkindliche Bildung und guten Deutschkenntnissen können sofort in Kindertageseinrichtungen eingesetzt werden. Im pädagogischen Berufsfeld kommen viele Lehrkräfte aus anderen Ländern. Diese haben nach wie vor in Bayern praktisch keine Chance, in einer Schule tätig zu werden. Daher entdecken viele den Bereich Kindertageseinrichtungen für sich. Dort können sie in der Regel als pädagogische Ergänzungskräfte eingesetzt werden. Nach einer Zeit der Etablierung stellt sich für viele die Frage nach Weiterbildungsmöglichkeiten zur pädagogischen Fachkraft. Der Weg zum Beruf Erzieherin/Erzieher ist eine Option. Aufgrund vermehrter Nachfragen, ob es möglich sei, an einer Hochschule einen entsprechenden Abschluss zu erlangen, wurde in Kooperation mit der Katholischen Stiftungshochschule der Studiengang „Bildung und Erziehung im Kindesalter für Studienbewerberinnen und -bewerber mit ausländischen Hochschulabschlüssen im pädagogischen Bereich“ (BEFAS) erarbeitet. Ab 2013 finanzierte das Referat für Bildung und Sport diesen Studiengang für drei Jahre. Aktuell wird er aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS), dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und dem Sozialreferat der Landeshauptstadt München gefördert. Unter Anrechnung der Studienleistung aus dem Heimatland wird ein individueller Studienplan an der Hochschule erarbeitet. Nach durchschnittlich drei bis vier Semestern berufsbegleitendem Studium wird der Abschluss als staatlich anerkannte Kindheitspädagogin/als staatlich anerkannter Kindheitspädagoge erworben.Die vielfältigen für die Teilnehmenden kostenlosen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten am PI-ZKB für das gesamte Personal in den Kindertageseinrichtungen sind nicht nur für die professionelle Weiterentwicklung notwendig, sondern für viele auch eine Ermutigung, einen höheren beruflichen Abschluss anzustreben. Darüber hinaus gibt es für Erzieherinnen und Erzieher die Möglichkeit, berufsbegleitend den Abschluss in den Studiengängen Kindheitspädagogik oder Soziale Arbeit zu erreichen. Diese erhalten vom Städtischen Träger zehn Tage im Jahr Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Bezüge. Studiengebühren fallen für staatlich finanzierte Studiengänge inzwischen grundsätzlich nicht mehr an.
Beratung und Begleitung zu Fragen der Weiterbildung und des beruflichen Ein- und Umstiegs werden in München unter anderem von zwei städtischen Beratungsstellen angeboten: Die Bildungsberatung des PI-ZKB im Referat für Bildung und Sport hat dabei den Schwerpunkt Weiterbildungsberatung, Beratung zum beruflichen Umstieg und zu Finanzierungsmöglichkeiten. Die Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen im Sozialreferat berät über Anerkennungswege, den beruflichen Einstieg in München und über Weiterbildungsmöglichkeiten. Beide Beratungsstellen haben inzwischen einer Vielzahl von Beratungssuchenden geholfen, die anschließend in das Berufsfeld Kindertageseinrichtungen einmünden.
Der Städtische Träger selbst informiert seine Mitarbeitenden regelmäßig und umfassend über sämtliche Weiterbildungsmöglichkeiten. Besonders der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterservice (MMS) hat sich hier etabliert. Durch Impulsveranstaltungen und eine persönliche Informationsbroschüre für alle Beschäftigten wird hier ein niederschwelliger Informationszugang sichergestellt.
Das Personal in den Mittagsbetreuungen und Tageseltern hatten schon bisher die Möglichkeit, am Assistenzkraftprogramm Kinderpflege teilzunehmen. Ebenso konnten sich Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger zum Beispiel im Lehrgang an einer Fachakademie zur Erzieherin/zum Erzieher weiterbilden. Ab September 2019 kommen zwei weitere Möglichkeiten dazu: Personal in den Mittagsbetreuungen kann sich zur Ergänzungskraft in der Grundschulkindbetreuung für den Bereich der Kooperativen Ganztagsbildung weiterbilden. Anbieter ist hier der Kleinkindertagesstätten e. V. (KKT) oder auch je nach Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen die Qualifizierung zur Fachkraft für Grundschulkindbetreuung. Dieser Weg steht den Tageseltern ebenso wie sonstigen Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern offen. Um dieses Angebot durchführen zu können, haben die Städ-tische Fachakademie und die Fachakademie der Armen Schulschwestern Fachschulen gegründet.
Personen mit einer Ausbildung auf Meisterniveau oder einem Studium, das mindestens einem themenbezogenen Bildungsbereich des Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans zuzuordnen ist, haben seit 2017 die Möglichkeit, sich zur Fachkraft mit besonderer Qualifikation weiterzubilden. Kursanbieter für dieses Quereinstiegsmodell sind der Verband Katholischer Kindertageseinrichtungen und die Hans-Weinberger-Akademie der AWO.
Tageseltern sollen auch vermehrt die Möglichkeit erhalten, als pädagogische Helferinnen und Helfer in bayerischen Kindertageseinrichtungen zu arbeiten. Das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales plant eine berufsbegleitende Weiterbildung zur Kinderpflegerin/zum Kinderpfleger für diese Personen, um sie weiter zu qualifizieren und ihnen einen Berufsabschluss zu ermöglichen.
Bei Fortbildungsbedarf im Bereich der Sprache Deutsch bezuschusst der Städtische Träger seit 2015 Sprachkurse für das Personal in der Pädagogik und in der Hauswirtschaft.
Durch die Vielfalt der Möglichkeiten gibt es inzwischen für jede Person, die ins weiterhin expandierende Berufsfeld Kindertageseinrichtungen einmünden oder sich weiterentwickeln möchte, eine Bildungsmöglichkeit. Dadurch ist es im Städtischen Träger möglich, sich von der angelernten Küchenkraft bis zur Einrichtungsleitung und darüber hinaus beruflich weiter zu entwickeln.
Die Gleichstellungsstelle für Frauen weist darauf hin, dass besonders bei verkürzten Ausbildungsmodellen die Gefahr besteht, dass wichtige Querschnittsthemen wie Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung der Geschlechter nicht ausreichend behandelt werden. Der Städtische Träger kümmert sich beim Beginn der Tätigkeit und durch angebotene Fortbildungen um eine qualitativ hochwertige Information der neuen Beschäftigten. Bei der Einstellung ist eine Selbstverpflichtungserklärung zu unterzeichnen. Diese dient dem Schutz der anvertrauten Mädchen und Buben. Bei der Ausgestaltung des sexualpädagogischen Konzepts in den Hauskonzeptionen der Kitas können begleitete Teamklausurtage durchgeführt werden. Fortbildungen am PI-ZKB stärken die geschlechtergerechte Pädagogik und das Verständnis über die Vielfalt der Lebenswelten. Zum Thema Geschlechtergerechtigkeit gibt es beim Städtischen Träger spezifische Arbeitskreise, beispielsweise den Arbeitskreis für Männer in der Pädagogik.Die Durchlässigkeit zu höherwertigen Berufsabschlüssen ist im pädagogischen Bereich außergewöhnlich gut. Die Öffnung des Arbeitsfeldes und die Integrationskraft für Personen mit den unterschiedlichsten Lebensläufen zeichnet dieses Arbeitsfeld aus. Für die Kita-Teams und die Einrichtungsleitungen entstehen dadurch Chancen und Herausforderungen. Es gilt, die unterschiedlichen Kompetenzen aus anderen Berufen und der Lebenserfahrung für die Pädagogik mit den Kindern nutzbar zu machen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Ich gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.