Panne im Schlachthof
Anfrage Stadträtin Katrin Habenschaden (Fraktion Die Grünen – rosa liste) vom 17.1.19
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
In Ihrer Anfrage vom 17.1.2019 „Panne im Schlachthof“ führten Sie zunächst aus:
„Laut Bericht im Münchner Merkur vom heutigen 17.1.2019 müssen am Münchner Schlachthof die Kadaver von ca. 650 Schweinen verbrannt werden. Der Grund für diese Maßnahme ist demnach der Umstand, dass bei der Schlachtung der Tiere nicht, wie vorgeschrieben, zwei amtliche Tierärzte anwesend waren.“
Ihre in diesem Zusammenhang an Herrn Oberbürgermeister Reiter gerichteten Fragen darf ich in Abstimmung mit dem Oberbürgermeister nachfolgend beantworten:
Frage 1, 2 und 4:
Trifft es zu, dass bei der Schlachtung dieser 650 Schweine nur ein Amtstierarzt anwesend war?
Haben die städtischen Behörden nur zufällig von dem Vorfall erfahren? Ist es möglich, dass des öfteren gegen die Vorschrift verstoßen wird, wonach bei der Schlachtung zwingend zwei amtliche Tierärzte anwesend sein müssen?
Antwort:
Gemäß der EU-rechtlichen und nationalen Vorgaben muss bei der Schlachtung von Tieren eine amtliche Schlachttieruntersuchung sowie eine amtliche Fleischuntersuchung durchgeführt werden. Die amtliche Schlachttieruntersuchung erfolgt vor der eigentlichen Schlachtung bei der Anlieferung und dem Entladen der Tiere oder auch in den Warteställen und muss durch eine/n amtliche/n Tierarzt/in erfolgen.
Gemäß Anhang I Abschnitt III Kapitel II Nr. 1 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 853/2004 hat die zuständige Behörde dafür zu sorgen, dass in Schlachthöfen während der gesamten Dauer der Schlachttier- und Fleischuntersuchung mindestens ein/e amtliche/r Tierarzt/in anwesend ist. In München werden über die Vorgaben hinaus immer mindestens zwei amtliche Tierärzte/innen eingesetzt, dabei übernimmt jeweils ein/e amtliche/r Tierarzt/ in die amtliche Schlachttier
untersuchung sowie die amtliche Fleischun-tersuchung. Darüber hinaus wird die Position der amtlichen Schlachttieruntersuchung auf Beschluss des Stadtrats (Beschluss der Vollversammlung vom 26.7.2017, Sitzungsvorlage 14-20/ V 08718) nach Möglichkeit mit sogar zwei amtlichen Tierärzten/innen besetzt. Hierdurch wird eine intensive Überwachung der Bereiche des Zutriebs, der Betäubung und der Entblutung der Tiere sichergestellt.
Am 10. Januar 2019 wurde am Schlachthof München der überwiegende Anteil der Schlachtschweine ohne die vorgeschriebene Schlachttieruntersuchung geschlachtet. Für die Position der amtlichen Schlachttieruntersuchung war an diesem Tag aus Kapazitätsgründen nur eine amtliche Tierärztin eingeplant. Diese erkrankte kurzfristig und konnte deshalb nicht wie vorgesehen um 3.30 Uhr ihren Dienst antreten. Ohne durchgeführte Schlachttieruntersuchung darf nicht geschlachtet werden. Die Position
der Fleischuntersuchung war regulär besetzt. Eine Information durch die Schweineschlachtung über die nicht besetzte Position der Schlachttieruntersuchung erfolgte nicht. Die Leitung der Unterabteilung Fleischhygienekontrollen des Veterinärwesens erfuhr in einer turnusmäßigen Besprechung mit dem Geschäftsführer der Schweineschlachtung München GmbH um 7.35 Uhr von diesem, dass er gesetzeswidrig die Schweineschlachtung ohne amtliche/n Tierarzt/in begonnen hat.
Frage 3:
Auf welche Weise wird die Anwesenheit der amtlichen Tierärzte kontrolliert beziehungsweise protokolliert?
Antwort:
Da die amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte nicht der DV-Flex unterliegen, wurden bis zu diesem Vorfall keine Stempelkarten verwendet. Die Erfassung der Arbeitszeiten erfolgte per handschriftlicher Aufzeichnungen.
Frage 5:
Trifft es zu, dass die Tiere verbrannt werden müssen? Oder lässt sich aus der Aufzucht und Schlachtung so vieler Schweine noch irgendein Nutzen ziehen?
Antwort:
Gemäß Artikel 5 in Verbindung mit Anhang I Abschnitt II Kapitel V Nummer 1 Buchstabe a) der VO (EG) Nr. 854/2004 ist Fleisch für genussuntauglich zu erklären, wenn es von Tieren stammt, die keiner Schlachttieruntersuchung unterzogen wurden. Ohne erfolgte Schlachttieruntersuchung können die Schlachttierkörper und die Schlachtnebenprodukte nur als Materialder Kategorie 2 gemäß Artikel 9 der VO (EG) Nr. 1069/2009 eingestuft werden. Die Verwendungsmöglichkeiten sind dafür sehr eingeschränkt – das Material muss grundsätzlich vernichtet werden. Im Vordergrund steht dabei die Verbrennung.
Frage 6:
Welche Konsequenzen wird das Veterinäramt aus diesem Vorfall ziehen?
Antwort:
Der Schlachtbeginn darf inzwischen ausschließlich nach schriftlicher Freigabe durch eine/n amtliche/n Tierarzt/in erfolgen. Die eingeteilten amtlichen Tierärzte/innen sind außerdem verpflichtet, vor Schlachtbeginn untereinander Kontakt aufzunehmen. Ohne die gesetzlich vorgeschriebene Schlachttieruntersuchung, die eine Anwesenheit eines/r amtlichen Tierarztes/in zwingend voraussetzt, darf nicht geschlachtet werden. Das ist den Betreibern selbstverständlich bekannt. Eine Information über die nicht besetzte Position erfolgte nicht – auch nicht an den ab 5 Uhr anwesenden amtlichen Tierarzt im Reinbereich des Schlachtbetriebs, der für die amtliche Fleischuntersuchung eingeteilt war. Es wurde wie üblich um 4.30 Uhr mit dem Schlachtbetrieb begonnen. Das kam so noch nie vor. Bei einem vergleichbaren Ereignis am 23. März 2018, bei dem sich die amtliche Tierärztin verspätete, wartete der Schlachtbetrieb wie vorgeschrieben mit dem Schlachtbeginn bis zum Eintreffen der amtlichen Tierärztin.