MVV-Gebiet ausweiten?
Anfrage Stadträte Manuel Pretzl und Johann Sauerer (CSU-Fraktion) vom 14.2.2019
Antwort Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 14.2. führten Sie als Begründung aus:
„München ist nach wie vor Deutschlands Pendelhauptstadt Nummer eins. In den letzten Jahren ist die Zahl derer, die zwischen den einzelnen Ballungsräumen pendeln, nochmals stark angestiegen. Erfreulich viele von ihnen nutzen den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Momentan müssen diese Pendler aber mehrere Tickets lösen, wenn sie die Verbundgrenzen der verschiedenen ÖPNV-Anbieter überqueren: Das ist kompliziert, unbequem und teuer.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen aufgrund der Stellungnahmen der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH und der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund GmbH Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Können die bestehenden Verbundgrenzen des MVVs ausgeweitet werden, um den Pendlern den Weg in die Arbeit zu erleichtern?
Antwort:
Der Verbundraum ist in den letzten Jahren bereits wiederholt durch die Integration grenzüberschreitender Linien erweitert worden. Weitere Wünsche angrenzender Landkreise liegen bereits vor bzw. sind zu erwarten. Das Referat für Arbeit und Wirtschaft ist stets in den entsprechenden Gremien vertreten und vertritt die Interessen der Landeshauptstadt. Dadurch wird auch gewährleistet, dass die Stadträte wiederum im Ausschuss oder den Arbeitskreisen informiert werden.
Frage 2:
In welche Richtungen bzw. Regionen wäre eine Erweiterung des MVV-Gebiets sinnvoll?
Antwort der MVV GmbH:
Die Analysen zeigen, dass aus allen an den MVV angrenzenden Landkreisen und kreisfreien Städten äußerst starke Pendlerbeziehungen bestehen, die vor allem in den letzten zehn Jahren zudem deutlich zugenommen haben (durchschnittlich + 20%).Die größten Pendlerverflechtungen mit dem MVV-Raum bestehen dabei aus den Räumen Augsburg, Rosenheim und Landshut (ca. 17.000 bis über 19.000 Pendler), aber auch mit den Landkreisen Landsberg a. Lech und Pfaffenhofen (je über 13.000 Pendler) sowie Miesbach und Weilheim (je rund 12.000). Generell macht eine MVV-Erweiterung daher in alle Richtungen und Landkreise absolut Sinn. Konkret existieren aktuell Initiativen der Landkreise Landsberg a. Lech und Miesbach in den MVV einzutreten sowie Bestrebungen des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, auch den südlichen, bislang nicht im MVV befindlichen Teil des Landkreises zu integrieren.
Frage 3:
Können die verschiedenen Verkehrsverbünde kooperieren, um Nutzern des ÖPNV ein attraktives, bequemes Mobilitätsangebot zu machen?
Antwort:
Verkehrsraumübergreifende Zusammenarbeit und Koordination des Fahrplan-Angebots sind im Interesse der Fahrgäste sinnvoll und üblich. MVV und MVG kooperieren auch heute schon mit dem Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV), der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft (INVG) und der DB (z.B. mit der EMM-AboPlusCard).
Frage 4:
Wäre es möglich, dass in Regionen, in denen viele Pendler in verschiedene Ballungszentren fahren, mehrere Verbünde Tickets anbieten können?
Antwort:
Die Geltung verschiedener Tarife im selben Raum bzw. auf denselben Verkehren ist grundsätzlich möglich. Hierdurch steigt allerdings die Komplexität für die Fahrgäste und für die Organisation der Zusammenarbeit zwischen den Verbünden. Mit dem bundesweiten Projekt „Mobility inside“, bei dem u.a. MVG und MVV gemeinsam mit dem Nürnberger Verbund/
Nürnberger Verkehrs AG an einem Bayern-Piloten arbeiten, soll der einfache Erwerb der Fahrkarten für verschiedene Verbünde in einem Vorgang und über jeweils die regionale Fahrplan-App heraus erprobt werden.
Frage 5:
Mit welchen Synergie-Effekten wäre zu rechnen, wenn die verschiedenen ÖPNV-Anbieter kooperieren?
Antwort:
Tarifkooperationen führen in der Regel zunächst zu Mindereinnahmen und somit zu zusätzlichem Finanzierungsbedarf (s. Antwort zu Frage 6). In Verkehrsräumen, die erstmals einen Gemeinschaftstarif einführen, sind grundsätzlich Kostensenkungen durch den Abbau von Parallelverkehren möglich.
Gleichzeitig sind Synergieeffekte bei der Ticket- und Tarifgestaltung, bei der Fahrgast- und Fahrplaninformation, aber auch bei der Angebots- und Infrastrukturplanung möglich.
Frage 6:
Mit welchen Kosten würde eine Verbunderweiterung einhergehen? Was wäre der finanzielle Vorteil für die Fahrgäste?
Antwort der MVV GmbH:
Die Kosten einer Verbunderweiterung entstehen vor allem durch die Mindereinnahmen bei der Zusammenfassung von mehreren Fahrkarten
(Harmonisierungs- und Durchtarifierungsverluste z.B. durch Wegfall eines sog. Sockelbetrags) und die in den meisten Fällen deutlich geringeren ÖPNV-Tarife im Verkehrsverbund. Diese Mindereinnahmen müssen den Verkehrsunternehmen ausgeglichen werden. Bisherige Berechnungen ergaben Kosten für die Integration eines Landkreises zwischen einer halben und mehreren Millionen Euro pro Jahr. Diese Kosten müssen allerdings bei der Konkretisierung von Erweiterungsbestrebungen noch tiefer geprüft werden. Außerdem sind Finanzierungsmodelle aufzustellen und ggfs. Abschmelzungsmechanismen zu entwickeln, um Zuschüsse neuer Landkreise oder ggf. des Freistaats mittelfristig zu reduzieren. Dazu können sicherlich die Mehreinnahmen durch neue Fahrgäste dienen, die durch eine Verbunderweiterung gewonnen werden. Zusätzlicher Aufwand kann aber sicher mittelfristig auch bei deutlich steigenden Fahrgastzahlen durch den notwendigen weiteren Ausbau des Angebots entstehen.
Sicher ist, dass sich für nahezu alle Fahrgäste Einsparungen ergeben würden. Die finanziellen Vorteile für die Fahrgäste können allerdings je nach Fahrkartenart (Einzelfahrkarte oder Monatskarte), Fahrgastgruppe, Fahrtzweck und den bisherigen ÖPNV-Tarifen in dem jeweiligen Gebiet äußerst unterschiedlich ausfallen. Grob kann mit Vergünstigungen von bis zu 20% gerechnet werden. Dabei kommen die günstigeren Fahrpreise nicht nur den Bürgern neuer MVV-Landkreise zugute, sondern auch den heutigen Fahrgästen im MVV z.B. im Freizeit- und Ausflugsverkehr.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.