Artenvielfalt auch in München II Ein Jahr Volksbegehren Rettet die Bienen! - Installation von Nisthilfen an Gebäuden in München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff und Johann Sauerer (ÖDP) vom 11.2.2020
Antwort Baureferentin Rosemarie Hingerl:
In Ihrem Antrag vom 11.02.2020 fordern Sie:
„An allen städtischen Gebäuden in München, wie zum Beispiel Behörden, Schulen, Ämtern, Bibliotheken, Museen, Konzertsälen, an allen Gebäuden städtischer Wohnungsbaugesellschaften und an allen Gebäuden städtischer Betriebe, zum Beispiel Abfallwirtschaftsbetrieb, Stadtwerke, Mün- chener Verkehrsgesellschaft müssen ab sofort bei Sanierungsmaßnahmen im Außenbereich Nisthilfen für Gebäudebrüter nachgerüstet werden. Bei allen Neubauten im städtischen Einflussbereich, das heißt zusätzlich bei allen neuen Bebauungsplänen müssen ab sofort ebenfalls Nisthilfen vorgesehen werden.“
Nach Paragraf 60 Absatz 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtrats-Mitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit i. S. von Artikel 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO und Paragraf 22 GeschO, deren Erledigung dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag teilen wir Ihnen aber Folgendes mit:
Der Ökologische Kriterienkatalog der Landeshauptstadt München ist verpflichtend für alle Bauvorhaben auf städtischen Grundstücken. Die aktuelle Fassung des Ökologischen Kriterienkatalogs enthält konkrete Vorgaben zum Artenschutz an Gebäuden. So sind verpflichtend bei allen Gebäuden Quartiere für Gebäudebrüter (Mauersegler, Haussperling, Hausrotschwanz, Fledermausarten) nach einem festgelegten Schlüssel zu schaffen, und zur Vermeidung von Vogelkollisionen müssen Glaswände und Glasbauteile vogelsicher ausgeführt werden.
In Absprache mit dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V. setzt das Baureferat den Ökologischen Kriterienkatalog für stadteigene Gebäude bezüglich Nisthilfen wie folgt um:Bei Maßnahmen für Koloniebrüter (Mauersegler und Haussperling) werden, abhängig von der Gebäudegröße, mindestens 20, maximal 50 Brutmöglichkeiten pro Gebäude geschaffen.
Für Nicht-Koloniebrütern ist ein geringeres Quartierangebot ausreichend. Bei Fledermausquartieren wird das Quartierangebot abhängig von der Quartierart gewählt (Winterquartiere, Sommerquartiere, Wochenstubenquartiere).
Die Vorgaben für stadteigene Gebäude erfüllen die Standards des Ökologischen Kriterienkatalogs und werden gezielt und ggf. in einem größeren Umfang umgesetzt als dies der Ökologische Kriterienkatalog rechnerisch vorsehen würde.
Die GEWOFAG nimmt wie folgt Stellung:
„Bereits seit vielen Jahren werden im Zusammenhang mit Modernisierungsmaßnahmen neue Nistmöglichkeiten für Fassadenbrüter und Fledermäuse in den Fassaden integriert. Die GEWOFAG wird hier eng vom Landesbund für Vogelschutz beraten und unterstützt und ist bereits mehrfach für vorbildliches Engagement ausgezeichnet worden.
lm Neubau unterliegt die GEWOFAG dem ökologischen Kriterienkatalog der Landeshauptstadt München. (...)
Die GEWOFAG geht noch weiter und erforscht gerade gemeinsam mit der Technischen Universität München und der Universität Kassel eine neuartige Methode, zusätzliche großflächigere Nistmöglichkeiten durch eine neu entwickelte Attikablechausformung zu schaffen.
Darüber hinaus engagiert sich die GEWOFAG für einen ganzheitlichen Ansatz in der Freianlagengestaltung, um Angebote für die unterschiedlichsten Ansprüche von Tieren in der Stadt an den Lebensraum, aber auch Nahrungsangebote verfügbar zu machen. (...)“
Die GWG nimmt wie folgt Stellung:
„Der GWG München ist der Artenschutz schon lange ein großes Anliegen und wird bereits bei Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen berücksichtigt. So findet bei allen Neubauvorhaben der Ökologische Kriterienkatalog der LHM Anwendung. (…)
Bei Abbruch oder Modernisierung von Bestandsgebäuden wird im Vorfeld eine Untersuchung zu bereits bestehenden Nistplätzen durchgeführt und alternative Nistmöglichkeiten angeboten (…).Auch bei allen weiteren Modernisierungsmaßnahmen der GWG München wird soweit möglich der Ökologische Kriterienkatalog der LHM angewandt und damit auch die Möglichkeit der Nisthilfen geprüft und umgesetzt.“
Die SWM nehmen wie folgt Stellung:
„Bei allen Bebauungsplänen der SWM erfolgten seit mindestens 10 Jahren im Rahmen des Verfahrens intensive artenschutzrechtliche Untersuchungen. Die sich daraus ergebenden Umsetzungsmaßnahmen wurden in den städtebaulichen Verträgen verpflichtend hinterlegt. (...) Bei zahlreichen betrieblich genutzten Gebäuden wie zu Beispiel an U-Bahnhöfen und anderen Betriebsbauwerken wären Nisthilfen zwar technisch oft grundsätzlich möglich, diese erscheinen uns jedoch wegen der Betriebsabläufe, das heißt der erheblichen Fahrgastströme, Fahrzeugbewegungen, Anlieferungs- und Wartungsaktivitäten und den damit verbundenen Störungen im Vergleich etwa zu Bürogebäuden kaum geeignet.“
Der AWM nimmt wie folgt Stellung:
„(...) Der AWM wird bei kleineren Bauprojekten, in der Regel im Bereich von Instandsetzungsmaßnahmen, die durch den AWM selbst abgewickelt werden, im Einzelfall prüfen, ob Nistkästen sinnvoll angebracht werden können.“
Insofern wird Ihrem Antrag bereits entsprochen.
Zur Vorsehung von Nisthilfen in Bebauungsplänen nimmt das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt Stellung:
„Festsetzungen im Bebauungsplan erfolgen gemäß Lokalbaukommission auf der Grundlage des Paragraf 9 Abs. 1 BauGB. Dieser erfordert aus Gründen der Gesetzgebungskompetenz (der Bund hat diese nur für das Bauplanungsrecht) durchgängig, also in all seinen Ziffern, einen bodenrechtlichen Bezug. Dementsprechend hat der Bundesgesetzgeber in Paragraf 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft nur die Festsetzung von Flächen oder von auf diese Flächen bezogenen Maßnahmen zugelassen.
Die Schaffung von Nistmöglichkeiten am oder im Gebäude ist jedoch eine gebäudebezogene Regelung oder anders ausgedrückt eine Frage der Gestaltung. Für derartige gestalterische Regelungen liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Der Bundesgesetzgeber hat in Paragraf9 Abs. 4 BauGB eine Öffnungsklausel vorgesehen, die es grundsätzlich ermöglicht, entsprechende auf Landesrecht beruhende Bestimmungen in den Bebauungsplan aufzunehmen. Allerdings hat der Freistaat Bayern in Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen nur zum Zwecke der Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern ermöglicht.
Diese Zweckbindung ist hier offensichtlich nicht gegeben, da es hier ja nicht um das Ortsbild geht, sondern um den Vogelschutz. Daher ist eine Festsetzung von Nistmöglichkeiten im Bebauungsplan nicht möglich. Auch wenn es sich ganz generell um ein unterstützenswertes Anliegen handelt, ist der Bebauungsplan nicht das hierfür vorgesehene Instrument.“
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass der Antrag damit abschließend behandelt ist.