Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich Stipendien für herausragende künstlerische Vorhaben von Kunstschaffende am Beginn der Professionalität. Mit den Stipendien im Bereich Bildende Kunst in Höhe von jeweils 6.000 Euro werden in diesem Jahr Samuel Fischer-Glaser und Angela Stiegler, Laura Leppert, Anna M Pascó Boltà sowie Viola Relle und Raphael Weilguni ausgezeichnet. Zusätzlich wird der in diesem Jahr mit 3.000 Euro dotierte Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst zur Förderung junger Kunstschaffender an Lena Grossmann vergeben. Über die Vergabe hat die Vollversammlung des Stadtrates auf Vorschlag einer Jury am 22. Juli entschieden.
Informationen und ausführliche Jurybegründungen sind im Internet unter www.muenchen.de/kulturfoerderung unter „Preise“ abrufbar.
Auszüge aus den Jurybegründungen Stipendium für Bildende Kunst: Samuel Fischer-Glaser und Angela Stiegler
„Die ‚Schmarotzerbrücke‘ stellt ein transformatives künstlerisches Experiment dar, mit dem Anliegen Sichtbarkeit für soziale und kulturelle Vielfalt zu schaffen und gleichzeitig die kritische Auseinandersetzung mit dem Namensgeber der Hilblestraße und deren Umbenennung voran zu treiben. Die Umbenennung der Hilblestraße in München/Neuhausen und der Umgang mit belasteten Straßennamen im Allgemeinen wird derzeit stark diskutiert. Der Name ‚Schmarotzerbrücke‘ ist eine Anspielung auf den Namensgeber der Straße Friedrich Hilble. Während des NS-Regimes war er als städtischer Verwaltungsbeamter und berufsmäßiger Stadtrat, der Ideologie des Dritten Reiches folgend, wesentlich daran beteiligt sogenannte ‚Asoziale und Schmarotzer‘ deportieren und zu Zwangsarbeit verpflichten zu lassen.“
Stipendium für Bildende Kunst 2020: Laura Leppert
„Mit ihrem Projekt ‚Possession. An underground Panorama‘ widmet sich Laura Leppert der ‚Vielstimmigkeit‘ des Bodens. Die Medieninstallation setzt sich mit der in der Erde abgelagerten Geschichte auseinander sowie mit dem Abbau der dort enthaltenen Rohstoffe durch den Menschen. Indem Laura Leppert Fragen nach einem neuen Verhältnis des Menschen zum Boden jenseits von Unterwerfung und Ausbeutung aufwirft, berührt sie eine der wesentlichen unsere Zeit bestimmenden Diskussionen und bietet zugleich einen positiven Ausblick auf eine postapokalyptische Zeit.“
Stipendium für Bildende Kunst 2020: Anna M. Pascó Boltà
„Im vorliegenden Projekt ‚ZENZ(A)I‘ soll eine künstliche Intelligenz (KI) anhand von eingespeisten Wetterdaten und bekannten Bauernregeln neue Bauernregeln schaffen. Diese neuen, durch KI entwickelten Regeln sollen das aktuelle Wetter interpretieren, aber auch zukünftige Wetterlagen vor- hersagen können. Bewusst soll dabei der Faktor ‚Kreativität‘ in die Programmierung integriert werden. Eine Fähigkeit, die bislang Mensch und Maschine unterscheidet. Anna M. Pascó Boltà überzeugt durch ihre visuell zurückhaltende und gleichermaßen prägnante künstlerische Sprache.“
Stipendium für Bildende Kunst 2020: Viola Relle & Raphael Weilguni
„Das Künstlerpaar Viola Relle und Raphael Weilguni hat in den letzten Jahren seine skulpturale Praxis mit den Materialen Keramik und Porzellan kon- sequent verfolgt und die Szene mit abstrakten, organisch und gleichzeitig widerständig wirkenden Skulpturen bereichert.
Mit dem Stipendium soll der Bau eines holzbefeuerten Keramikofens (inklusive Soundelement) ermöglicht werden. Von der Realisierung sollen auch andere Künstlerinnen und Künstler profitieren. Die Auseinandersetzung mit dem jahrtausende alten Wissen und Handwerk stellt sowohl eine Recherche zur Tradition der Keramik als auch ein künstlerisches und soziales Erlebnis dar und bereichert zudem die lokalen Strukturen des Münchner Stadtraums.“
Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst: Lena Grossmann
„Lena Grossmann verbindet in ihrer künstlerischen Arbeit beide Professionen: die der Bildenden Künstlerin und der Choreographin. In ihren Projekten, in denen sie sich ebenso analytisch wie praktisch mit Bewegungsabläufen im Tanz auseinandersetzt, untersucht sie das Ver- hältnis von Körper und Raum und schafft dafür neue Körper- Form- und Bildsprachen. In unterschiedlichen Formaten und mit dem Einsatz verschiedener Medien schafft Grossman jeweils präzise künstlerische Werke und Räume, die die Prinzipien des unmittelbaren Erlebens und der situativen Erfahrung ins Zentrum stellen und Verhaltensmuster und Bewegungsab- läufe neu wahrnehmen lassen.“
Der Jury unter Sitzungsleitung des Kulturreferates gehörten an: Maresa Bucher (freie Kunsthistorikerin und Kuratorin), Andrea Huber (Kösk), Rasmus Kleine (Kallmann-Musuem), Dr. Katja Kobolt (freie Kuratorin), Nina Pettinato (BNKR), Anna Schneider (Haus der Kunst), sowie aus dem ehrenamtlichen Stadtrat Mona Fuchs und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen − Rosa Liste), Leo Agerer (CSU-Fraktion), Lars Mentrup (Fraktion SPD/Volt − Fraktion) und Rudolf Schabl (Fraktion ÖDP/FW).