Die Landeshauptstadt München vergibt alle zwei Jahre einen jeweils mit 6.000 Euro dotierten Förderpreis im Bereich Theater sowie im Bereich Tanz. Für bisherige Leistungen und ungewöhnliche künstlerische Positionen werden mit dem Förderpreis Theater der Autor und Regisseur Emre Akal und mit dem Förderpreis Tanz der freischaffende Choreograph Moritz Ostruschnjak ausgezeichnet. Über die Vergabe hat heute der Feriensenat des Stadtrats auf Empfehlung einer Jury beschlossen.
Förderpreis Theater für Emre Akal – Jurybegründung
„Emre Akal bereichert als Autor und Regisseur schon seit einigen Jahren die Münchner Theaterlandschaft. Seine Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Debütförderung der Stadt München, dem Theaterpreis der Stadt Stuttgart und dem Nachwuchspreis des Theater Drachengasse in Wien. Es folgten Stipendien in München, Wien und Westfalen. Seine Arbeiten waren am Theater Rampe in Stuttgart, dem Werk X in Wien, dem Stadttheater Bakýrköy, dem Tatavla Sahnesi in Istanbul, dem Kaltstart Theaterfestival in Hamburg, am Maxim Gorki Theater in Berlin sowie an den Kammerspielen und im Hoch X in München zu sehen. Die diversifizierte Theaterpraxis von Emre Akal ist angesiedelt inmitten aktueller gesellschaftlicher Diskurse und macht diese mit den ästhetischen Mitteln des Theaters sichtbar. Dabei arbeitet er konsequent an der Weiterentwicklung einer eigenen, theatralen Formsprache, die mit ihren überhöhten Bildmotiven zeitkritische Diagnosen stellt und das Theater als diskursiven Ort öffnet. Dies zeigte er zuletzt mit seinem Werk ‚Nur ihr wisst, ob wir es geschafft haben werden‘ und der Gründung des ‚Ayse X Staatstheaters‘ gemeinsam mit einem hochkarätig und vielfältig zusammengesetzten Team. Der Gründungsakt des inklusiven, örtlich ungebundenen Ensembles mit einer großen Konferenz über die Zukunft des Theaters unter der Ägide von Emre Akal und Antigone Akgün erregte überregional Aufmerksamkeit und brachte klare politische Impulse für das Theaterschaffen hervor. In den letzten Jahren hat ein neues Selbstbewusstsein in der Münchner Freien Szene Einzug gehalten. Die Kraft dieser Entwicklungen leitet sich aus einer Entschiedenheit her, anti-elitär und solidarisch zu handeln. Vor diesem Hintergrund eine einzelne Person auszuzeichnen ist zwiespältig, aber exemplarisch dafür, dass sich jede Bewegung aus Einzelnen zusammensetzt. Das Werk von Emre Akal zeigt, dass sich große künstlerische Vision und flache Hierarchie nicht ausschließen. Dass akribische Recherche und konzentrierte Formensprache kein Widerspruch sind. Dass es so nicht weitergehen kann am Theater, aber dass es weitergehen kann. Die Jury empfiehlt daher, den Förderpreis Theater an Emre Akal für seine künstlerische Arbeit zu verleihen.“
Der Jury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Anton Biebl gehörten in diesem Jahr an: Tilmann Broszat (SPIELART Festival), Benno Heisel (HochX), Claudia Illi (Kultur PR.ojekte), Silvia Stammen (Theaterkritikerin), Christiane Wechselberger (Theaterkritikerin) und Katharina Wolfrum (Theaterbüro München) sowie die Stadträtinnen und Stadträte Marion Lüttig und Angelika Pilz-Strasser (beide Fraktion Die Grünen – Rosa Liste), Beatrix Burkhardt (CSU-Fraktion), Julia Schönfeld-Knor (SPD/Volt−Fraktion) und Sonja Haider (Fraktion ÖDP/FW).
Förderpreis Tanz für Moritz Ostruschnjak – Jurybegründung
„Die Choreographien von Moritz Ostruschnjak sind blendende Spiegelung unserer Wirklichkeit, tagesaktuelle, bildhafte Kompositionen, die sich aus dem Jetzt in die Zukunft einschreiben.
Mit einer immer konkreter werdenden Bewegungssprache und einem sich zur Handschrift formenden Stil kreiert er stark definierte Arbeiten, die in aller Deutlichkeit sprechen, ohne dass man sie restlos begreifen kann. Die Logik seiner Stücke funktioniert anders – nicht im Sinne eines Rätsels, sondern schlicht, weil dem Choreographen die Wege und Methoden seines eigenen Schaffens oft selbst nicht vollkommen durchsichtig scheinen. Seit 2013 arbeitet Moritz Ostruschnjak als Choreograph in München und setzt sich in seinem künstlerischen Prozess mit Phänomenen auseinander, die unsere Gesellschaft betreffen, an denen sie leidet und mit denen sie sich entwickelt: Der Mensch und sein Körper im digitalen Zeitalter, die Einsamkeit in einer Welt voller Kontakte oder die Beziehung von Euphorie und Gewalt.
Mit seinen choreographischen Ansätzen und Methoden schlägt er Verbindungen in die Welten, von und mit denen er spricht: Pick & Mix, Cut & Paste, kopieren, zitieren und verlinken. Dabei schafft er es, sich sowohl kritisch und politisch zu positionieren, als auch eine sinnlich konkrete Erfahrungswelt zu bauen, die großen Spaß macht.
Als Teil der Münchner Sprayer-Szene entwickelte Moritz Ostruschnjak sein Interesse für zeitgenössischen Tanz über Breakdance, studierte zunächst bei Iwanson International in München und daraufhin bei Maurice Béjart in Lausanne. Seit 2016 ist er Mitglied der Tanztendenz München e. V. In den letzten Jahren ist er zu einem der Leuchttürme der Freien Tanzszene Münchens geworden und realisierte unter anderem Stücke wie ‚Text Neck‘, ‚Boids‘, ‚Unstern‘ und ‚Autoplay‘. Seine Arbeiten wurden bei der Tanzwerkstatt Europa und beim Rodeo-Festival gezeigt, die Produktion ‚Unstern‘ wurde für die Tanzplattform Deutschland 2020 ausgewählt. Zudem schuf er Auftragsarbeiten für Stadt- und Staatstheater.“ Der Jury unter dem Vorsitz von Kulturreferent Anton Biebl gehörten in diesem Jahr an: Thomas Betz (Journalist, Publizist), Johannes Härtl (Iwanson-Schule), Stephan Herwig (Preisträger 2018), Carmen Kovacs (Bayerisches Staatsballett), Susanne Traub (Goethe-Institut) und Rita Argauer (Süddeutsche Zeitung) sowie die Stadträtinnen und Stadträte Marion Lüttig und Thomas Niederbühl (beide Fraktion Die Grünen − Rosa Liste), Ulrike Grimm (CSU-Fraktion), Roland Hefter (SPD/Volt−Fraktion) und Nicola Holtmann (Fraktion ÖDP/FW).
Weitere Informationen zu den Förderpreisen Theater und Tanz sind abrufbar unter www.muenchen.de/kulturfoerderung.