Welche Software in Zeiten von Webmeetings nutzen?
Anfrage Stadträte Manuel Pretzl und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 7.10.2020
Antwort IT-Referent Thomas Bönig:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt: „In Zeiten wie diesen, geprägt durch eine weltweite Pandemie sind Webmeetings von besonderer Bedeutung. Auch nach Abklingen der Pandemie werden sie uns erhalten bleiben, denn es ist zu erwarten, dass auch weiterhin viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landeshauptstadt regelmäßig im Homeoffice arbeiten. Um diese Arbeit von zu Hause aus effektiv und kompatibel mit Externen darzustellen, braucht es eine Softwarelösung, die akzeptiert und komfortabel ist.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Mit welcher Software für Video- und Telefonkonferenzen wird derzeit gearbeitet?
Antwort:
Die LHM arbeitet im Rahmen eines städtischen Angebots aktuell mit Cisco Webex, welches während der Corona-Krise kurzfristig aufgrund der Sondersituation in der Verwaltung der LHM flächendeckend eingeführt werden musste.
Frage 2:
Ist die derzeit verwendete Software mit externen Gesprächspartnern gut kompatibel, datenschutzrechtlich unbedenklich und störungsunanfällig?
Antwort:
Mit externen Gesprächspartnern kann ohne Einschränkungen in marktüblichen Standards und Vorgehensweisen gearbeitet werden. Diese können z.B. als Gäste in Meetings eingeladen werden oder aber auch mittels Webex Teams als Chat Teilnehmer*in eingebunden werden wie auch in bestehende Gruppen integriert werden. Gäste benötigen dazu keine Lizenz.
Zur Anfrage der Störungsanfälligkeit:
-Grundsätzlich ist der Dienst ohne Unterbrechung seit Anfang des Jahres seitens Cisco verfügbar gewesen. Ein relevanter Ausfall, der auf dem angebotenen Service basiert, ist nicht bekannt.-Vereinzelt gibt es in Videokonferenzen „Aussetzer“ bei der Übertragung des Videos oder des Tons, jedoch hat dies in den allermeisten Fällen nichts mit dem Cisco Webex Service zu tun, sondern liegt in den meisten Fällen z.B. an einer stark ausgelasteten LHM Netzwerk-Infrastruktur oder an schlechten Verbindungen der Teilnehmer*innen zu Internetzugängen (WLAN).
-Als Alternative ist es daher mit Cisco Webex möglich, dass außerhalb des städtischen Netzwerkes auf den Cisco Webex Service zugegriffen werden kann, da es sich um einen im Internet verfügbaren Cloud-Dienst handelt.
Zum Aspekt Datenschutz:
-In den Beschaffungsvorgang wurden neben den Datenschutzbeauftragten des IT-Referats und von it@M auch die behördliche Datenschutzbeauftragte der Landeshauptstadt München eingebunden. Der Vertrag wurde erst nach Freigabe durch diese unterzeichnet.
Frage 3:
Wurde eigens eine Software beschafft? Wenn ja, zu welchen Kosten? Wie lange laufen die Lizenzen?
Antwort:
Es wurden über einen bestehenden Rahmenvertrag die entsprechenden Lizenzen für einen Zeitraum bis Ende 2022 beschafft. Die Kosten bis Ende 2022 belaufen sich in Summe auf ca. 1,6 Mio. Euro netto (ca. 1,9 Mio. Euro brutto).
Frage 4:
Gibt es im Softwarepaket von Microsoft, das die Landeshauptstadt München ohnehin beschafft, keine entsprechende Videokonferenzapplikation, die mit dem Kauf des Gesamtpaketes bereits bezahlt ist? Microsoft Teams z.B.?
Antwort:
Im Softwarepaket von Microsoft, welches die Landeshauptstadt München beschafft hat, gibt es aktuell keine entsprechende Videokonferenzapplikation, die mit dem Kauf des Gesamtpaketes bereits bezahlt ist (in diesem Fall MS Teams). Lizenziert ist aktuell Microsoft Office 365 ProPlus. Um die Videokonferenzapplikation (MS Teams) nutzen zu können, müsste auf eine deutlich teurere Lizenzierungsstufe umgestellt werden (Anmerkung: Kosten liegen min. 30% höher als die aktuelle Lizenzierung).
Frage 5:
Gibt es einen Grund, weshalb Microsoft Teams nicht zum Einsatz kommt? Große Verwaltungseinheiten oder auch Schulen nutzen diese Applikation sehr erfolgreich.
Antwort:
Grundsätzlich gehören MS Teams und Cisco Webex zu den Marktführern im Bereich der Kollaborationsplattformen. Für Cisco Webex wurde im IT-Referat bereits ein Proof-of-Concept im Rahmen der anstehenden UCC-Ausschreibung durchgeführt. In diesem POC wurde geprüft, ob das Produkt im Rahmen der großen und komplexen Münchner Infrastruktur den Anforderungen an Stabilität, Verfügbarkeit usw. entspricht.
MS Teams wäre ebenfalls eine valide Option gewesen, da mit Microsoft ein weiterer bekannter Partner vorhanden war. Bei der konkreten Prüfung wurde dann für die wirtschaftlichere Option entschieden (Grobkalkulation: Webex ca. 3 Euro pro User im Monat, MS Teams 7 Euro pro User im Monat). Stand jetzt sind wir bei ca. 10.500 Usern – der preisliche Unterschied ist somit erheblich, aufgrund der Wirtschaftlichkeit wurde daher WebEx eingeführt.
Ein Einsatz von MS Teams wurde daher aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht in Erwägung gezogen. Daher erfolgte gemäß der IT-Prozesse auch kein Security-Assessment von Microsoft Teams und damit auch keine Sicherheitsbetrachtung.
Frage 6:
Ist wirklich ein Umstieg auf ein Open Source Produkt geplant?
Antwort:
Die Stadtverwaltung setzt für die IT–Unterstützung bei ihrer Aufgabenerledigung sowohl proprietär entwickelte wie auch im großen Umfang unter Open Source Lizenz stehende Software ein. Eine generelle Festlegung kann daher vorab nicht getroffen werden; vielmehr sind im Einzelfall eine Prüfung und Markterkundung erforderlich, von deren konkreten Ergebnis die Entscheidung dann abhängt.
Open Source Produkte finden aktuell bevorzugt Anwendung, sofern diese in der Qualität und Verfügbarkeit sowie technisch und wirtschaftlich den besseren Lösungsansatz für das jeweilige Einsatzszenario darstellt. Dies entspricht auch der aktuellen Ausrichtung der IT-Strategie der Landeshauptstadt München.Hinsichtlich der IT-technologischen Unterstützung von Audio-/Videoconferencing Angebote sind die betreffenden Prüfungs- und Auswahlprozesse noch nicht abgeschlossen. Deshalb kann noch nicht festgelegt werden, auf welcher ITK Lösung (proprietär oder Open Source) die künftig eingesetzte Lösung basiert.
Frage 7:
Wurden bzw. werden die Auswirkungen auf die Nutzerinnen und Nutzer genau überlegt und abgewogen?
Antwort:
Jede Software dient letztlich der IT-echnologischen Unterstützung einer Aufgabenerledigung. Aus diesem Grund ist auch die Nutzerfreundlichkeit jeder Lösung ein wesentliches Ziel der IT-Strategie und insbesondere auch der Digitalisierungsstrategie der Landeshauptstadt München. Daher wird in jedem Einzelfall eine Reihe von einschlägigen Kriterien herangezogen, an Hand derer wir die Usability der jeweiligen Software überprüfen. Im übrigen ist regelmäßig auch die Personalvertretung in die betreffenden Prozesse mit eingebunden.
Frage 8:
Nicht nur Verwaltungsmitarbeiter nutzen diese Videokonferenztools, sondern auch Schülerinnen und Schüler städtischer Schulen. Ist es da wirklich sinnvoll, diese Nutzergruppe mit Open Source Produkten lernen zu lassen, wenn sie nach der Schulzeit in der Regel auf die gängigen Produkte von Microsoft oder Cisco umschulen müssen?
Antwort Referat für Bildung und Sport:
Im pädagogischen Bereich des Referats für Bildung und Sport ist die LHM Services GmbH (LHM-S) für die IT- und Telekommunikationsdienstleistungen verantwortlich.
Der primäre Fokus der technischen Umsetzung richtet sich auf die pädagogischen Bedarfe und Anforderungen der Bildungseinrichtungen. Hierfür bedarf es im Kontext der Plattformen zur Kommunikation und Zusammenarbeit, abseits der derzeitigen Anforderungen des flächendeckenden Homeschoolings, einer detaillierteren Prüfung der technischen Umsetzungsvarianten, etwa das Sicherstellen der Integrationsfähigkeit in eine technisch homogene Gesamtlandschaft. Im Rahmen des Zukunftsprogramms der LHM-S wird den Bildungseinrichtungen entsprechend einnachhaltiges, sicheres und passgenaues Tool zur Kommunikation und Zusammenarbeit zur Verfügung gestellt.
Bis dahin hat die LHM-S den Bildungseinrichtungen in der aktuellen Covid-19-bedingten Ausnahmesituation MS Teams for Education zur Verfügung gestellt. Dabei wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um den Einsatz des Tools in der Krisensituation zu ermöglichen. U.a. beruht die Nutzung auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, zudem werden die Accounts so datensparsam wie möglich angelegt. Die Module der MS Teams Anwendung (z.B. Yammer), die für den Fernunterricht nicht essenziell, jedoch aus Datenschutzperspektive bedenklich sind, wurden deaktiviert.
Ziel der medienpädagogischen Kompetenzvermittlung ist es, die Schüler*innen Tool-unabhängig mit den Grundfunktionalitäten der digitalen Welt vertraut zu machen und sie zudem zu befähigen, sich (neue) Inhalte und damit auch IT-Produkte eigenständig zu erschließen. Die LHM-S zieht in Abstimmung mit dem RBS Open Source-Produkte immer auch in Betracht. Diese stellen grundsätzlich Alternativen – insbesondere im Bereich der anwendernahen Applikationen – dar. In Bezug auf die Kommunikations- und Austauschplattformen sind die Grundfunktionalitäten der Open Source-Produkte gegenüber denen kommerzieller Produkte überwiegend ähnlich. Insofern ist die gegebenenfalls erforderliche Umstellung auf andere Systeme vertretbar.
Frage 9:
Wäre ein Umstieg in Zeiten mehr als knapper Kassen nicht unverantwortlich?
Antwort:
Eine Neubeschaffung und Rollout der neuen Lösung muss bis Ende 2022 abgeschlossen sein, da die bisherigen Verträge zu diesem Zeitpunkt auslaufen. Das IT-Referat wird sowohl die wirtschaftlichen wie auch die qualitativen Aspekte würdigen und in die Gesamtbewertung einbringen. Weiterhin müssen auch vergaberechtliche Aspekte beachtet werden.
Frage 10:
Wer berät die Landeshauptstadt in Sachen Softwarelösungen, vor allem in Bezug auf Open Source Produkte?
Antwort:
Die grundlegende Ausrichtung der IT der Landeshauptstadt wird durch die interne IT-Architektur mit dem Ziel festgelegt, die IT der LHM langfristig optimal bei hoher Qualität nachhaltig auszugestalten. Dazu werden Weiterentwicklungen in der Technologie und auch des Marktes laufend analysiert.Bei der Einführung konkreter Software-Produkte werden bei großen Vergabeprojekten in Einzelfällen externe, hersteller*innenunabhängige Beratungsfirmen eingebunden. Ob dabei Open Source Produkte zum Einsatz kommen oder nicht, ist für die diese Vorgehensweise nicht relevant.