In der Dissertationsreihe „Miscellanea Bavarica Monacensia“ des Stadtarchivs München ist soeben ein neuer Band erschienen. Die Studie „Eine Sommerfrische ersten Ranges“ untersucht, welchen Einfluss der Tourismus und die Tourist*innen auf die Entwicklung der Orte Berchtesgaden, Oberstaufen und Schliersee zwischen 1890 und 1967 besaßen. Es geht dabei um wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Transformation vor dem Hintergrund der großen Krisen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Bayern ist seit über 200 Jahren beliebtes Reiseziel für Menschen aus aller Welt. Insbesondere München und das Alpenvorland vom Bodensee bis zum Königssee stehen im Fokus des weltweiten Interesses. Diese Region war lange vornehmlich von der Landwirtschaft geprägt. Die beginnende Industrialisierung führte zu grundlegenden Veränderungen im Leben und Alltag der Menschen. Aus den ländlichen Regionen zog es unzählige Menschen auf der Suche nach einem finanziellen Auskommen in die aufstrebenden Städte. In diesem Zusammenhang gewannen Natur und Landschaft einen neuen Stand in der menschlichen Wahrnehmung. Wurden bis dahin in erster Linie die von der Natur ausgehenden Gefahren gesehen, waren spätestens ab Mitte des 19. Jahrhunderts Natur und Landschaft Sehnsuchtsorte vor allem der städtischen Bevölkerung.
Dies eröffnete den agrarisch geprägten Orten des bayerischen Alpenvorlandes neue wirtschaftliche Perspektiven. Landwirte räumten ihre besten Zimmer, um sie an Gäste zu vermieten, oder verkauften ihre ertragsarmen, aber landschaftlich an herausragenden Punkten gelegenen Flächen, auf denen die Städter ihre Sommerhäuser errichteten. Sukzessive wurden aus Landwirten Gastwirte und Hoteliers, siedelten sich Dienstleistungsgewerbe aller Art in den Orten an, profitierte bestehendes Gewerbe vom neuen Wirtschaftszweig Tourismus. Beschränkte sich das Reisen bis Anfang des 20. Jahrhunderts vornehmlich auf die Sommermonate, etablierte sich mit dem aufkommenden Skilaufen auch im Winter ein lukratives Geschäft mit den Touristen. Wirtschaftlicher Aufschwung, technologischer und sozialpolitischer Fortschritt ermöglichten Mitte des 20. Jahrhunderts Urlaubsreisen für die breite Masse der Gesellschaft.
Buchinfo: Bernhard von Zech-Kleber: Eine Sommerfrische ersten Ranges. Geschichte des Tourismus in Berchtesgaden, Oberstaufen und Schliersee (1800-1970) München: utzverlag 2020 (Miscellanea Bavarica Monacensia 190), 560 S., ISBN 978-3-8316-4871-9, 49 Euro.